Israels Koalition steht vor dem Aus: Netanjahu will Neuwahlen

Premier Benjamin Netanjahu entlässt kritische Minister. Seit Wochen gab es Streit über den Verteidigungsetat. Im März wird neu gewählt.

„Ich werde keine Opposition mehr innerhalb der Regierung dulden“, sagt Netanjahu. Bild: dpa

JERUSALEM taz/dpa | Israels Regierungskoalition nähert sich ihrem Ende. Kaum zwei Jahre gelang es Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, seine heterogenen Partner bei der Stange zu halten. Am Dienstag platzte die Koalition: Netanjahu entließ Finanzminister Jair Lapid und Justizministerin Zipi Livni. Mit beiden war eine Übereinkunft über den künftigen Regierungskurs nicht mehr möglich.

Die beiden Politiker hätten in den vergangenen Wochen immer wieder die Regierungspolitik kritisiert, hieß es in Netanjahus Mitteilung. „Ich werde keine Opposition mehr innerhalb der Regierung dulden“, sagte Netanjahu demnach.

Lapid von der Partei Jesch Atid und Livni von der Hatnua-Bewegung stritten mit Netanjahu seit Wochen über den Verteidigungsetat. Zudem lehnte Lapid einen Gesetzentwurf ab, nach dem Israel als jüdischer Nationalstaat definiert werden soll. Dazu soll Arabisch als Amtssprache abgeschafft werden. Dies diskriminiere die arabischen Israelis, hatte Lapid kritisiert. Nun wird am 17. März ein neues Parlament gewählt. Darauf einigten sich die verschiedenen Fraktionschefs am Mittwoch mit dem Parlamentspräsidenten Juli Edelstein, wie der Rundfunk berichtete.

Lapid ist besorgt, dass der Unmut des Westens, vor allem Europas, über den Stillstand des Friedensprozesses und den Bau neuer Siedlungen die Wirtschaft teuer zu stehen kommen wird. Umgekehrt preschte der nationalreligiöse Parteichef Naftali Bennett mit seinem Parteifreund, Bauminister Uri Ariel, mit dem Siedlungsbau weiter voran. Aus den Reihen seiner Partei stammt auch die Gesetzesinitiative zum jüdischen Nationalstaat.

Weder für Netanjahu noch für Lapid sind vorgezogene Neuwahlen derzeit günstig. Lapid zog als Blitzstarter vor zwei Jahren mit 19 Mandaten ins Parlament. Umfragen geben ihm gerade noch 11. Auch Netanjahus Partei sackt auf der Popularitätsskala ab. Zwar steht der Likud nach Umfragen der Wirtschaftszeitung Globes mit 23 Mandaten im Vergleich zu den gegenwärtig 18 Sitzen noch recht gut da, nicht mehr jedoch im Vergleich zu den 31 Sitzen, die er im Juli hätte erreichen können. Aufsteigende Sympathiequoten kann derzeit nur das rechtsreligiöse Lager liefern, das in Zeiten von Gewalt und Terror immer zulegt.

Der jüngste Gesetzentwurf, an dem die Koalition zu zerbrechen droht, wird von mehreren Analysten in Israel schon als wahlpolitisches Manöver Netanjahus interpretiert, mit dem er versucht, die Hardliner hinter sich zu versammeln. Im Falle vorgezogener Neuwahlen liegt der Entwurf auf Eis. Viele vermuten, dass er nie wieder aufgetaut werden wird, nicht nur, weil er so umstritten ist, sondern schlicht überflüssig, wie Staatspräsident Reuven Rivlin feststellte. Er sorgt sich um die Koexistenz von Juden und Arabern im Land.

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