Israelischer Hardliner Gilad Erdan: Vom UN-Kritiker zum UN-Botschafter

Gilad Erdan vertritt Israel ab jetzt bei den Vereinten Nationen. Die Nachricht kam überraschend, denn der rechte Hardliner ist kein Freund der UN.

Gilad Erdan

Wird er die Nachfolge Netanjahus antreten? Dafür sitzt Gilad Erdan jetzt auf dem falschen Kontinent Foto: imago

TEL AVIV taz | Gilad Erdans Meinung von den Vereinten Nationen ist nicht besonders hoch. Als das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte im Februar eine Liste von Unternehmen veröffentlichte, die im besetzten Westjordanland aktiv sind, sah E­rdan das als „konsequenten Antisemitismus“ und „Israel-Hass der UNO“ und bezeichnete das Kommissariat als „miese Institution, die wahnhafte Entscheidungen trifft“. Nun wurde der 49-Jährige von Netanjahu am Montag nicht nur zum israelischen Botschafter in den USA, sondern auch zum UN-Botschafter ernannt.

Die Ernennung kam überraschend, denn der 49-Jährige war bisher vor allem in der israelischen Innenpolitik aktiv. Doch Netanjahu hat nicht genügend Ministerämter zu verteilen, und um Erdans bisherigen Posten als Minister für öffentliche Sicherheit streiten sich nun Miri Regev und Amir Ohana.

Die einzige Erfahrung in diplomatischen Beziehungen machte Erdan in seiner Zweitfunktion als Minister für strategische Angelegenheiten mit einer Anti-BDS-Kampagne in Europa und den USA. BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Die disparate Bewegung verlangt den umfassenden Boykott Israels, ein Ende der Besatzung des Westjordanlands, der Golanhöhen und Ostjerusalems, die Gleichberechtigung der arabischen Israelis und ein Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen nach Israel.

Ein rechter Hardliner ist der Rechtsanwalt bereits seit Uni-Zeiten. In den neunziger Jahren führte er als Student die Proteste gegen die Oslo-Verträge an und wurde Berater von Ariel Scharon, dessen einseitigen Rückzug aus dem Gazastreifen er zehn Jahre später kritisierte. Nach sechs Jahren als Vorsitzender der Likud-Jugend legte er innerhalb seiner Partei einen steilen Aufstieg hin. 2003 schaffte er es in den parteiinternen Vorwahlen auf den 28. Listenplatz und gelangte so als Abgeordneter in die Knesset, drei Jahre später, 2006, stand er auf Position zwei.

Netanjahu-Nachfolger?

Zahlreiche Gesetze brachte er seitdem als Abgeordneter und auf verschiedenen Ministerämtern erfolgreich durch, unter anderem eines, das Einreisebeschränkungen für Israel-Kritiker*innen verhängt. Als Umweltminister von 2009 bis 2013 tat er allerdings auch viel für die Nachhaltigkeit des Landes. 2011 verliehen ihm israelische Umwelt-NGOs den Green Globe für seinen erfolgreichen Kampf gegen das Bebauen von Stränden.

Der unter Likud-Mitgliedern beliebte Politiker gilt als Anwärter auf die Nachfolge von Netanjahu. Als Netanjahu ihm bereits 2011 den Posten des UN-Botschafters anbot, lehnte er mit der Begründung ab, dass ihm sein damaliges Amt als Umweltminister zu wichtig sei.

Andere vermuten, dass er in Israel sein wollte, wenn Netanjahu abdankt. Er ahnte damals wohl nicht, dass dieser sein Amt noch lange nicht räumen würde. Dieses Mal hat er das Angebot angenommen. Zwei für Israel zentrale diplomatische Jobs liegen nun in seinen Händen.

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