Israelische Luftangriff auf Syrien: Furcht vor Eskalation
Israel bleibt in Alarmbereitschaft, rechnet aber nicht mit einem syrischen Gegenschlag. Der UN-Generalsekretär ruft zur Anerkennung nationaler Souveränität auf.
BERLIN afp/dpa | Nach den israelischen Luftschlägen auf Ziele in Syrien wächst die Angst vor einer Eskalation des Konflikts mit unkalkulierbaren Folgen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief am Sonntag alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung auf, nachdem die syrische Regierung Israel gewarnt hatte, durch die Bombardements die Tür „zu allen Möglichkeiten weit geöffnet“ zu haben. Das Außenministerium in Damaskus schickte zudem einen Brandbrief an den UN-Sicherheitsrat.
Das syrische Kabinett erklärte nach einer Sondersitzung am Sonntag, Syrien habe das Recht und die Pflicht, sein Land und Volk „mit allen Mitteln“ vor Angriffen zu schützen.
In dem Brief an den Weltsicherheitsrat beschuldigte das syrische Außenministerium Israel zudem, mit „terroristischen Gruppen“ in Syrien wie der islamistischen Al-Nusra-Front zusammenzuarbeiten. Bei den Luftangriffen auf drei militärische Einrichtungen in der Nacht zum Sonntag habe es Tote und Verletzte gegeben.
Aus libanesischen Diplomatenkreisen hieß es, die drei Ziele seien der nordwestlich von Damaskus gelegene Forschungskomplex Dschamraja, ein nahe gelegenes Waffendepot sowie eine Luftabwehrstellung im westlich der Hauptstadt gelegenen Sabura gewesen. Das syrische Oppositionsbündnis Nationale Koalition verurteilte Israels Angriffe.
Sperrung des Luftraums
Ein hochrangiger israelischer Verantwortlicher sagte, bei den beiden Attacken binnen 48 Stunden seien Waffenarsenale bombardiert worden, die für die israelfeindliche Hisbollah-Miliz im Libanon bestimmt waren. Israel ordnete daraufhin eine Sperrung des Luftraums im Norden des Landes bis Donnerstag an, sodass Flüge zwischen Haifa und Eilat gestrichen wurden.
Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, fürchtet nun dramatische Folgen: Niemand könne voraussagen, ob die Regierung in Damaskus solche Angriffe unbeantwortet lasse oder die Hisbollah ihr Waffenarsenal jetzt mithilfe des Irans weiter aufstocke und auch einsetze, sagte er dem Tagesspiegel.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Beteiligten zur „Anerkennung der nationalen Souveränität und territorialen Integrität aller Länder in der Region“ auf. Am Sonntag habe Ban zudem mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi telefoniert, sagte ein UN-Sprecher. Die Arabische Liga forderte ihrerseits den UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf.
Appell an Obama
In den USA appellierten derweil mehrere Abgeordnete an Präsident Barack Obama, die syrischen Rebellen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad mit Geheimdienstinformationen und speziellem Training zu unterstützen.
In Kooperation mit den Staaten der Arabischen Liga könne dies „sehr dabei helfen, das Regime schneller zu stürzen“, sagte der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Mike Rogers, im TV-Kanal CBS.
Auch der Demokrat Dutch Ruppersberger sprach sich für eine enge Abstimmung mit der Arabischen Liga und anderen Staaten der Region aus.
Die israelische Regierung hingegen scheint nicht davon auszugehen, dass Syrien einen Gegenschlag ausführen wird. Der Luftraum im Norden Israels bleibt aber weiterhin für zivile Flugzeuge gesperrt.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist am Sonntag zu einem fünftägigen Staatsbesuch nach China geflogen, was darauf hindeutet, dass er keine Eskalation erwartet. In Peking wird Netanjahu sich am Montag auch zu Gesprächen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas treffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert