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Israelisch-palästinensischer KonfliktTruppen an der Grenze zu Gaza

Ein israelischer Armeesprecher streitet Vorbereitungen für einen Angriff ab. Die Polizei befürchtet indes neue Gewalt in Jerusalem.

Nach einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt am 3. Juli. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Nach einer unruhigen Nacht herrschte in Jerusalem und im Gazastreifen am Donnerstag eine gespannte Ruhe. Am Abend sollte die Beerdigung des ermordeten 16-jährigen Palästinensers Mohammed Abu Khbeir im Ostjerusalemer Stadtteil Schuafat stattfinden. Beobachter befürchten neue Auseinandersetzungen.

Bis zum Nachmittag dauerte die Obduktion des Leichnams noch an. Israelische Polizeieinheiten waren seit den frühen Morgenstunden an vielen Stellen um das mehrheitlich arabische Ostjerusalem im Einsatz. Die Ermittlungen in dem Fall sind noch nicht abgeschlossen. Die Angehörigen des Jugendlichen gehen von einem Racheakt israelischer Extremisten aus.

Gleichzeitig wurden zusätzliche israelische Truppen an die Grenze zum Gazastreifen verlegt. Dies diene aber primär dem Schutz der Bevölkerung im Süden Israels und nicht der Vorbereitung eines Angriffs, sagte ein Armeesprecher. Alles, was geschehe, diene dazu, die Lage zu deeskalieren, fügte er hinzu. Man sei aber auch zum Gegenteil bereit. Die Suche nach den Tätern im Fall der drei ermordeten israelischen Jugendlichen gehe weiter.

Nach dem Mord an dem palästinensischen Jugendlichen hatte sich die angespannte Situation nochmals verschärft. Die verbrannte Leiche von Mohammed Abu Khdeir war am Mittwoch früh in Westjerusalem gefunden worden. Der Teenager war zuvor nahe seinem Elternhaus in Schuafat verschwunden. Augenzeugen berichteten, dass er von Fremden in ein Auto gezerrt wurde. Nach Bekanntwerden des Todes hatte es heftige Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Sicherheitsbeamten in Ostjerusalem gegeben.

Spirale der Gewalt

Auch an der Grenze zum Gazastreifen im Süden Israels hatte sich daraufhin die Lage weiter verschärft. Innerhalb 24 Stunden wurden nach Medienberichten Dutzende Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. In der Stadt Sderot wurde dabei ein Haus getroffen. Die Bewohner blieben unverletzt.

Schon in der Nacht zum Donnerstag flog Israels Luftwaffe ebenfalls Dutzende Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte wurden dabei mindestens zehn Palästinenser verletzt. Am späten Mittwochabend hatte die Hamas zu einer Demonstration in Gaza-Stadt aufgerufen. „Israel wird für den Tod des Jungen einen Preis zahlen“, so die Botschaft aus Gaza.

Ähnliche Worte an die Adresse von Hamas hatte man auch nach der Entführung der drei ermordeten israelischen Teenager Nafatali Frenkel, Eyal Ifrach und Gilad Shaar gehört. Die Morde auf beiden Seiten wurden international auf Schärfste verurteilt. Auch in Israel haben die Taten tiefe Spuren hinterlassen: Am Mittwochabend hatten rund tausend Israelis im Zentrum von Jerusalem gegen Gewalt und Rassismus demonstriert. Extremisten beider Seiten würden versuchen, das Land in eine Spirale der Gewalt zu ziehen, warnte Isaak Herzog, Fraktionschef der oppositionellen Arbeitspartei.

Doch nur wenige Kilometer entfernt, auf einem anderen Platz, hatten sich auch wieder extremistische junge Israelis versammelt und forderten Rache für den Tod der drei israelischen Teenager.

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14 Kommentare

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  • @ Katastrophenulli

    „Wieso akzeptiert Israel nciht den palästinensischen Staat?“

     

    Äh, weil niemand den palästinensischen Staat will, am allerwenigsten die Palästinenserführer selber. Die haben alle immer wieder betont, dass „Palästina“ letztlich nur Teil des arabischen Homelands ist, ein „integraler Teil der arabischen Nation“ (PLO-Charta). Der Slogan vom palästinensischen Staat ist nur die Leimfalle für die gutgläubige westliche Öffentlichkeit.

    • @Senckbley:

      apropos "Homelands"

      paßt zu Ihrem kommentar http://colorlines.com/archives/2014/06/video_if_black_people_said_the_stuff_white_people_say.html ausnehmend gut.

      die guts-+kolonialherrenart hat nämlich mit pigmentierung nur am rande zu tun, heutigentags.

       

      wie schon im KingCrane-report zu lesen, hätten die leutz vor ort - ausgenommen die WZO/JA - lieber keine keimzellen künftiger ethnisch/religiös homogenisierter nationalstaaten gehabt. sondern ein mandat/einen staat für alle.

      die PLO hat das in ihrer charta wiederaufgegriffen. im kontext eines sich theoretisch wie praktisch weiterentwickelt-habenden panarabismus.

      dem im nationalstaatsdenken des 19.jhdt verhafteten kommt das natürlich spanisch vor. also sucht er es zu diskreditieren.

      • @christine rölke-sommer:

        Hanebüchen. Es geht in der PLO-Charta und in den Aussagen maßgeblicher Palästinenser nur um die arabische (!) Einheit. Von jüdischer Mitbestimmung, Parität oder ähnlichem ist in diesem Machwerk nirgendwo die Rede. Ein imaginäres Großarabien, Kalifat (oder wie immer Sie ein solches Gebilde bezeichnen wollen) würde geradewegs in der Barbarei enden. Denken Sie nur mal an die Schiiten in diesen Ländern. Der intermuslimische Konflikt hätte ein solches Gebilde vom Mittelmeer bis an den Schatt al-Arab schon vor 80 Jahren zerfetzt. Der konventionelle Nahost-Konflikt wäre dagegen nur ein Sturm im Wasserglas, so tragisch das alles für sich schon ist.

        Aber romantisieren Sie King/Crane gerne weiter. Die hatten übrigens einen Vertreter von Standard Oil in ihrer Entourage, als honest broker des aufstrebenden US-Imperiums wahrscheinlich.

        • @Senckbley:

          funktionaler analphabetismus?

          was gewesen wär wenn, steht bei mir nicht zu lesen. sondern nur etwas über den ideengeschichtlichen kontext der PLO-charta. den Sie, wenn er sich denn nicht unterdrücken läßt, gern+zwanghaft muslimisieren.

          es wäre ein leichtes, mit WZO/JA genauso zu verfahren.... zumal die chowewei-zion in Basel ja nicht gerade in der minderheit waren. um dann ein expansionsstreben ab Basel (mindestens, versteht sich) von mittelmeer bis euphrat zu konstruieren, weil... irgendwie werden juden so geboren, seit sinai-bund mindestens, aber wenn man's genau betrachtet, hatte schon Abraham sich spätestens mit dem kauf der grabstätte für seine verstorbene fürstin als zionist geoutet....

          hab ich jetzt mal so hingeschrieben um zu verdeutlichen, was für einen blödsinn Sie da verbraten.

          ja, die usa hätten die leutz gern als mandatar gehabt. bekamen sie aber nicht. stattdessen das bis heute sich auswirkende elend von sykes-picot.

          und später dann usa als nicht besonders honest broker von medinat-israel. die region allein von den öl-quellen her aufzurollen hätte nämlich nicht geklappt.

          • @christine rölke-sommer:

            Auch wieder Unsinn. Die PLO-Charta ist zwar vorgeblich säkulär, spricht jedoch jüdischen Einwohnern, die ab 1882 ins Land kamen, sowie ihren Nachfahren das Aufenthaltsrecht (und in der Praxis auch das Daseinsrecht) ab. Laut Charta sollen damit nur Araber in den Genuss der Staatsbürgerschaft kommen.

            Article 6: The Jews who had normally resided in Palestine until the beginning of the Zionist invasion will be considered Palestinians.

            Egal, wen interessiert dieser alte Müll schon noch. Die Aspiranten für einen Palästinenserstaat stehen sich seit Jahren, wenn nicht von Anfang an selber im Weg. Viel wichtiger und interessanter sind Leute wie Hamad Amar von Libermans Partei Yisrael Beitenu, ein drusischer Knesset-Abgeordneter übrigens http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2014/07/hamad-amar-druze-liberman-israeli-arabs-leadership-kidnapp.html ,

            Mohammad Zoabi http://www.youtube.com/watch?v=1vv4Qq81Yew

            oder Elinor Joseph http://en.wikipedia.org/wiki/Elinor_Joseph

            • @Senckbley:

              ja ja, der libermann.... der besticht immer wieder mit zündenden ideen

              https://www.facebook.com/AvigdorLiberman/posts/823730704306546

              noch nicht mal "vorgeblich säkular"

               

              interssant, dass Sie die zionistisch motivierte einwanderung ab 1882 datieren. die bilu, die da kamen (sehr vereinzelte, nachzulesen in sefer ha aliya ha rishona) wechselten gern von väterchen zar zum sultan, staatsbürgerschaftsmäßig gesehen.

              und wie das mit der PLO-charta geworden wäre... mi jodea?

              • @christine rölke-sommer:

                Sie meinen, die Bewohner von, sagen wir Zichron Ya'akov wären von den Rassegesetzen der PLO gedanklich ausgenommen, nur weil sie mit der ersten Aliya und damit vor dem Baseler Kongress ins Land gekommen sind? Papier – insbesondere Plopapier – ist geduldig.

                Die sind übrigens auch nicht freiwillig gekommen, sondern mussten vor dem Väterchen Zar flüchten.

                • @Senckbley:

                  ach ne! papier ist ja sowas von geduldig.... siehe die unabhängigkeitserklärung mitten in ethnic cleansing hinein. im übrigen nehme ich mal an, dass Sie über rassegesetze lieber nicht weiter diskutieren möchten, denn in Israel gibts davon einige.

                   

                  ansonsten: die PLO hat Israel anerkannt und ihre charta geändert. dummerweise hat sie vor der anerkennung nicht verlangt, dass Israel seine grenzen definiert.

                  vielleicht hätte sie Rabin dazu bewegen können, aber ... der war ja 1998 schon gemeuchelt, von einem dieser armen verirrt-verwirrten extremisten.

      • @christine rölke-sommer:

        Was hat das bitte damit zu tun?

  • es ist schon erstaunlich was für eine absolute Mitleidlosigkeit die hiesigen Linken gegenüber den Israelis an den Tag legen.

    Außerdem ist es sowieso fraglich, ob vielleicht nicht anderen Kräfte einer zwei Staaten Lösung entgegen wirken ....

  • Mein weiss schon lange nicht mehr was man zu diesem Konflikt sagen soll. Bleibt nur noch die Erkenntnis dass in dieser Welt sich der starke immer durchsetzt, militärisch wie medial. Da bleibt kein Platz für Gerechtigkeit. Das wird sich wohl nie ändern.

    • @KatastrophenUlli:

      Was meinst du damit: "dass in dieser Welt sich der starke immer durchsetzt, militärisch wie medial"?

      Würde es dich zufriedenstellen, wenn die Israelis sich einfach ergeben würden und die Hamas ihre Gründungscharta realisieren kann?

      Vergleich mal die beiden Ideologien die hinter den Kampfhandlungen stecken. Zwei Sachen mit denen du begingen kannst: lies die Gründungscharta der Hamas und danach google nach "Dachklopfen". Natürlich leiden die Menschen durch die Handlungen, die Israel zum Schutz seiner Bürger vollzieht. Aber welche Reaktion würdest du dir von der Regierung erhoffen, wenn plötzlich Raketen aus einem Nachbarland auf deine Stadt geschossen werden?

      • @Lisa Fuchs:

        Also bitte, Israel hätte schon längst die Sache lösen können. Wieso akzeptiert Israel nciht den palästinensischen Staat? Sie tun es nciht weil sie gerade "gewinnen". Das heißt sie gewinnen mehr Land. Und das ist anscheinend sehr wichtig für die Religiösen.

        Israel ist sehr "clever", sie behalten den Status-Quo, da sie ja dann immer argumentieren können wie es ihnen passt. Kommen Sie mir da nicht mit Hamas.

        Dieser ganze Blödsinn: "oh, Israel verteidigt sich doch nur". Das kommt mir so vor wie wenn ein Nachbarskind ein Stein auf mein Haus wirft, weil ich seine ganze Familie wie im Gefängnis halte, und ich jetzt mit Drohnen auf dessen Haus antworte.

        Über die schwache Reaktion der Medien müssen wir doch nicht reden, obwohl unsere Printmedien im Gegensatz zu den Fernsehmedien sich noch passabel verhalten.

        • @KatastrophenUlli:

          Wie hätte der Konflikt denn beendet werden können? Und wann wäre das gewesen?

          Es ist absurd der israelischen Regierung eine solch perfide Vorgehensweise zu unterstellen. Wie willst du das mit konkreten Fakten beweisen?

          P.S.

          Dein Vergleich hinkt gewaltig. Ich halte es für keinen guten Vergleich Terroristen mit Kindern zu vergleichen. Es ist auch absurd Raketen mit Steinen zu vergleichen. Ich lebe zur Zeit in Israel und habe gestern einen Raketenbeschuss miterlebt. Das hat nichts mit Kindern zu tun, die Steine werfen, wenn du plötzlich um dein Leben rennen musst, um in den nächsten Bunker zu gelangen und dann bangst, dass die Rakete niemanden von deinen Freunden erwischt, die es nicht in den Bunker geschafft haben.