Israelis diskutieren Rückgabe der Golanhöhen: Alles wieder offen

Israelische Bürger protestieren gegen einen Truppenabzug auf den Golanhöhen. Militärs fürchten syrischen Vergeltungsschlag für den Angriff auf eine Atomanlage im letzten September

Ärger mit Syrien: Israelische Soldaten bei einer Truppenübung auf den Golanhöhen Bild: dpa

JERUSALEM taz An der israelisch-syrischen Grenze sind wieder alle Entwicklungen offen. Während sich die jüdischen Bürger auf den Golanhöhen im Protest gegen einen Abzug formieren, der für einen Friedensvertrag zwischen den beiden Nachbarländern nötig wäre, fürchten israelische Militärs einen Vergeltungsschlag der Syrer. Die israelische Luftwaffe hatte im September letzten Jahres eine syrische Atomanlage zerstört. Sollte nachrichtendienstliches Material, das offenbar von einem Mossad-Agenten aufgenommen wurde und auf eine Zusammenarbeit zwischen Syrien und Nordkorea deutet, veröffentlicht werden, so warnt Israels Verteidigungsminister Ehud Barak, könnte sich die syrische Regierung "in die Ecke gedrängt" fühlen und die Anspannung erneut eskalieren. Das Material ist bereits im US-Kongress vorgeführt worden und führte am Donnerstag zu entsprechenden US-Vorwürfen an Pjöngjang.

Die Regierung in Jerusalem bewahrt sowohl über den Angriff als auch über die mögliche Neuaufnahme von Friedensverhandlungen Stillschweigen. Premierminister Ehud Olmert signalisierte zwar in jüngsten Interviews den grundsätzlichen Friedenswillen Israels. Außerdem bedeute die Tatsache, dass man nichts von Kontakten höre, "mitnichten, dass diese nicht stattfinden". Beiden Seiten sei klar, was man voneinander wolle. Dass es hingegen von Olmert ein konkretes Angebot gab, komplett von den Golanhöhen abzuziehen, wie es Syriens Präsident Baschar Assad behauptet, will in Jerusalem niemand bestätigen.

Die israelische Botschaft sei von dem türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan vermittelt worden, der am Samstag nach Damaskus besuchen will. Israel hatte mit Rücksicht auf den US-amerikanischen Verbündeten Verhandlungen zu Syrien lange abgelehnt und war schon während des Libanonkrieges im Sommer 2006 nicht auf Assads Angebot eingegangen, zur Hisbollah zu vermitteln. Zwar gibt es inzwischen grünes Licht aus dem Weißen Haus. Doch das reicht Syrien nicht. Assad fordert das aktive Zutun der Amerikaner und räumt selbst ein, dass es dazu erst nach den Präsidentschaftswahlen kommen werde.

So lange will das "Komitee der Golanhöhen", das erklärtermaßen die 20.000 jüdischen Bewohner repräsentiert, mit dem Protest gegen einen Abzug nicht warten. "Der Golan gehört dem jüdischen Volk, das ihn niemals aufgeben wird", heißt es in ihrer Erklärung. Der Abgeordnete David Tal (Kadima) will ein Referendum zur Vorbedingung eines Abzugs machen. Eine Volksabstimmung über die Golanhöhen war schon Mitte der 90er-Jahre im Gespräch. Das erübrigte sich dann Anfang 2000, als die Verhandlungen eingestellt wurden.

"Olmerts Bereitschaft, den Golan zu verlassen, ist Ausdruck von präzedenzloser sicherheitspolitischer Anarchie", kommentierte Juval Steinitz vom Likud. Auch ehemalige Militärs glauben nicht an eine Dividende des Friedens. "Es gibt schon Frieden", schreibt Guy Bechor vom "Interdisziplinären Institut in Herzlia" in der Tageszeitung Yediot Achronot und bezieht sich auf die seit Jahrzehnten "ruhige und stabile Grenze zu Syrien". Israel habe wenig zu gewinnen, meint der Sicherheitsexperte und fragt: "Was würde geschehen, wenn das Minderheitsregime in Syrien fällt und ein radikaler islamistischer Staat entsteht, der mitten in Galiläa sitzt?"

Umgekehrt hoffen die Befürworter von Friedensverhandlungen auf ein Aufbrechen der "Achse des Bösen", die Israel und USA vom Iran über die libanesische Hisbollah bis zur Hamas im Gazastreifen ziehen. Gleichzeitig spiele im Zeitalter von Kriegen, die mit Raketen geführt werden, der geografische Aspekt der Golanhöhen kaum noch eine Rolle. "Nichts ist von größerer Bedeutung für Israels Sicherheit als ein Friedensvertrag", schreibt die liberale Zeitung Haaretz und führt an, dass ein Frieden mit Syrien "die Möglichkeiten eines regionalen Friedens" vorantreiben könnte. Dabei geht es auch um Khaled Mashal, den Politbürochef der Hamas, der im syrischen Exil lebt. Israel lehnte gestern ein in Kairo entworfenes Waffenstillstandsabkommen ab. Es sah eine Feuerpause von zunächst sechs Monaten vor und die Öffnung der Grenze nach Ägypten.

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