Israel vs. Palästinenser: Eskalation in Gaza
Nach Luftangriffen und der Tötung von zwei Palästinensern wurden über 100 Raketen auf Israel abgeschossen. Schulen in Süd-Israel bleiben geschlossen.
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JERUSALEM taz | Die schwersten Gewaltakte zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen seit drei Jahren haben am Wochenende 17 Tote gefordert. Bei den meisten Opfern handelt es sich um Kämpfer des Islamischen Dschihad. Am Sonntag früh wurde außerdem ein zwölfjähriger Junge getötet. In Israel blieben infolge des massiven Raketenbeschusses die Schulen im gesamten Süden geschlossen.
Auslöser der neuen Gewaltakte war ein gezielter Luftangriff auf Suheir al-Kaissi, den Generalsekretär des palästinensischen Volkswiderstandskomitees, und seinen Helfer Mahmud Hanani. Die Exekution der beiden Männer ereignete sich bereits am Freitag.
Al-Kaissi gehörte zu den Drahtziehern eines Anschlags in Eilat, bei dem im vergangenen Sommer acht Menschen starben. Er war, so begründete Regierungschef Benjamin Netanjahu, „mitten in der Planung eines weiteren Terroranschlags an unserer südlichen Grenze mit Ägypten“.
Der Islamische Dschihad reagierte auf die Hinrichtungen mit dem Abschuss von über hundert Raketen auf Israel. Es sei klar gewesen, so Netanjahu, dass „dies zu einer neuen Runde mit dem Volkswiderstandskomitee, dem Islamischen Dschihad oder anderen Gruppen führen werde“. Die israelische Luftwaffe griff Waffenproduktionsstätten und Kommandozentralen an.
Die schlimmste Eskalation seit drei Jahren
Von einer „Generalprobe für den Krieg gegen Iran“ sprach der israelische Friedensblock Gusch Schalom, der die die Gewalteskalation verurteilte. Demgegenüber bejubelte die Zeitung Maariw die Initiative und die „Genauigkeit“ der militärischen Operation. Der Kommentator bedauerte lediglich, dass die Hamas während des Krieges vor drei Jahren nicht vollständig zerschlagen worden sei.
Die Eskalation ist die schlimmste seit 2008/2009. Monatelang war es im Umfeld des Gazastreifens ruhig geblieben. Die Hamas, die seit 2007 dort regiert, signalisierte nicht nur eine grundsätzliche Abkehr vom gewaltsamen Widerstand, sondern hält sich schon geraume Zeit daran.
Es sei im Sinne des Volkes, schnell wieder Ruhe einkehren zu lassen, meinte Mohammed Awad, Hamas-Außenminister in Gaza. Er stehe deshalb in engem Kontakt zu UN-Vertretern in der Region sowie zur ägyptischen und zur türkischen Führung. Die Hamas schießt selbst keine Raketen ab, doch sie unternimmt auch nichts, um dem Beschuss Einhalt zu gebieten. „Wir wollen wirklich, dass die israelische Aggression im Gazastreifen aufhört“, kommentierte Hamas-Sprecher Taher Nunu. Die Hamas sei zu einem gegenseitigen Waffenstillstand bereit.
Arabische Liga nennt Angriffe „Massaker"
Hauptvermittler ist Ägypten, das Israel für die Eskalation verantwortlich macht. Der Führungswechsel in Kairo begrenzt Israels Operationsmöglichkeiten. Ein Eindringen von Bodentruppen in den Gazastreifen würde die Beziehungen zusätzlich belasten. Wer weiß, wie lange Bevölkerung und Führung im Nachbarland tatenlos zusehen würden, sollte sich das Blutvergießen der Offensive „Gegossenes Blei“ wiederholen.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas appellierte an die ägyptische Führung und an das Nahostquartett (UN, EU, USA und Russland), die militärischen Aktionen Israels im Gazastreifen zu beenden. Die Arabische Liga bezeichnete die Luftangriffe als „Massaker“. In den USA konzentrierten sich die Stellungnahmen auf eine Verurteilung der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Die UNO und die EU zeigten sich lediglich beunruhigt über die Lage.
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