Energiekrise in Gaza: Unmut über die Hamas nimmt zu

Die anhaltende Energiekrise verärgert die palästinensische Bevölkerung. Die politische Führung der islamischen Organisation stellt Sicherheitsleute an Tankstellen auf.

Stundenlang Schlangestehen für ein paar Liter Benzin. Bild: reuters

GAZA-STADT taz | In Gaza gibt es seit Wochen nur noch ein Thema: kein Sprit, kein Strom, kein Gas. Sechs Stunden gehen die Lichter an, danach herrscht für zwölf Stunden Dunkelheit. Immer mehr Tankstellen müssen schließen, und die wenigen, deren Zapfsäulen noch nicht ausgetrocknet sind, geben nur begrenzte Mengen heraus.

Dafür müssen die Leute stundenlang anstehen. Zwei Monate dauert die Energiekrise nun. Der Unmut macht sich immer lauter Luft.

„Die Regierung in Gaza ist schuld“, schimpft Scharif Hadsch Ahmad, der mit seinem Lastwagen vor einer Tankstelle Schlange steht. Das meiste Benzin ginge an die Sicherheitsdienste der Hamas, meint der 40-jährige Vater von sechs Kindern, außerdem „gibt uns Ägypten keine Treibstoffe mehr“. Warum das so sei, wisse er nicht. „Es muss an den Politikern liegen.“

So offen zu reden wie Scharif Hadsch Ahmad traut sich nicht jeder. Gerade an den Tankstellen sind die schwarzuniformierten Sicherheitsleute postiert, um den Unmut unter Kontrolle zu halten.

Schon gab es unter dem Vorwurf der „Verbreitung falscher Gerüchte“ erste Verhaftungen. Wer öffentlich Kritik an der Führung übt, muss mit Bußgeld und Haftstrafen rechnen.

Viele Palästinenser verstecken ihren Zorn hinter schwarzem Humor. Er habe sich so an die Stromsperren gewöhnt, dass er, wenn die Lichter wieder angehen sollten, sofort dagegen demonstrieren werde, schreibt ein junger Mann im Internet sarkastisch, und eine Palästinenserin witzelt über die „romantischen Nächte bei Kerzenlicht“.

Machtkämpfe zwischen Fatah und Hamas

Für Ahmad Yussuf, ehemals Berater der Regierung in Gaza, ist die Energiekrise ein „taktisches Mittel, um Druck auf die Hamas zu üben“. Hintergrund seien die Schwierigkeiten bei den Versöhnungsverhandlungen mit der Fatah. So stelle sich das Problem in den Führungskreisen dar.

„Es sieht so aus, als versuche die Fatah, die Hamas in die Ecke zu zwingen“, meint Yussuf. „Die Führung in Ramallah hofft darauf, dass sich die Bevölkerung gegen die Hamas auflehnen wird.“

Doch die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah weist jede Verantwortung für die Energiekrise von sich. Obwohl die Hamas die Abrechnungen für die privaten Haushalte nicht nach Ramallah weiterleite, übernehme man die Kosten von monatlich 50 Millionen US-Dollar, die das israelische Elektrizitätswerk für die Stromlieferungen nach Gaza in Rechnung stellt.

Treibstoff aus Israel

Seit Beginn der Krise kaufte die Autonomiebehörde zudem zweimal jeweils knapp 500.000 Liter Treibstoff zur Lieferung von Israel nach Gaza.

Die Führung im Gazastreifen lehnt Importe via Keren Schalom, den israelischen Übergang, ab. Man wolle sich, so die offizielle Version, nicht von der israelischen Willkür abhängig machen.

Ginge es nach der Hamas, würde man nur noch ägyptischen Treibstoff beziehen, der nur einen Bruchteil kostet. Das israelische Benzin ist im Gegensatz zum ägyptischen nicht subventioniert. Dazu kommen die Steuern, die von der Autonomiebehörde erhoben werden.

Nur auf legalem Weg

Es geht um Geld. Die Steuern würde die Hamas lieber selbst kassieren, was wiederum die Ägypter nicht wollen. Kairo ist zwar grundsätzlich zur Lieferung des billigeren Treibstoffs bereit, allerdings nur, wenn das per Lastwagen auf dem offiziellen Weg, also Keren Schalom, geschieht.

Bei Lieferungen durch die Tunnel der Schmuggler, so haderte der ägyptische Energieminister Hassan Younis, kassiere die Hamas „auf Kosten der ägyptischen Steuerzahler“ selbst hohe Steuern.

Rund 20 Cent pro Liter sind es umgerechnet. Verständlich, dass sich die Islamisten ein solches Geschäft ungern nehmen lassen.

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