piwik no script img

Israel und die UNEntzweite Nationen

Israel und die UN blicken auf eine komplizierte Beziehung zurück. Die jüngste Eskalation setzt dieses Verhältnis fort.

Israels UN-Botschafter Gilad Erdan in der UN-Generalversammlung Foto: Mike Segar/reuters

JERUSALEM taz | Die Beziehungen zwischen Israel und den Vereinten Nationen waren nie einfach. Doch selbst nach diesen Maßstäben verlief die Auseinandersetzung zwischen UN-Generalsekretär António Guterres und Israels UN-Botschafter Gilad Erdan am Dienstag ungewöhnlich scharf. „Ich sehe in seiner Rede keine Relativierung des Terrors“, sagt Steffen Hagemann, Politikwissenschaftler und ehemals Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv.

Guterres habe die Terroranschläge der Hamas scharf verurteilt. Der Verweis auf die 56 Jahre dauernde Besatzung erkläre allerdings auch die Anschläge der Hamas allein nicht. Dennoch sei es „die Funktion des UN-Generalsekretärs, die Einhaltung des Völkerrechts einzufordern“.

Doch tatsächlich fand die Auseinandersetzung im UN-Sicherheitsrat nicht im luftleeren Raum statt. Israels Verhältnis zur Weltorganisation ist seit vielen Jahren schwierig. „Es gibt in der UN-Generalversammlung eine automatische Mehrheit gegen Israel“, sagte Yuval Shany, Professor für internationales Recht an der Hebräischen Universität Jerusalem. Wegen des traditionellen Widerstands muslimischer Staaten und vieler Entwicklungsländer hätten die Rechte der Palästinenser seit Langem auf der Agenda der Vereinten Nationen starkes Gewicht.

Israels ehemaliger UN-Botschafter Ron Prosor hatte dieses Verhältnis einmal mit den Worten beschrieben: „Die Generalversammlung würde zustimmen, dass die Erde flach ist, wenn die Palästinenser es vorgeschlagen hätten.“

Fortschritte in den vergangenen Jahren

Ein polemisches Bild, denn oft sind die Themen auch durchaus umstritten: So verurteilte der UN-Menschenrechtsrat etwa mehrmals den fortgesetzten israelischen Siedlungsbau in besetzten palästinensischen Gebieten. Auch Deutschland stimmte entsprechenden Resolutionen zu.

Zuletzt gab es vereinzelt Fortschritte bei der Einbindung Israels in die Vereinten Nationen: 2012 stellte das Land erstmals einen Vizepräsidenten der Generalversammlung sowie 2016 den Vorsitzenden des Rechtsausschusses. „Auch die abnehmende Isolation durch die Abraham-Abkommen haben diesen Prozess unterstützt“, konstatiert Shany. Diesen kleinen Schritten der Normalisierung standen jedoch immer wieder erbitterte Auseinandersetzungen über die israelische Politik im Konflikt mit den Palästinensern entgegen. Der Streit zwischen dem UN-Generalsekretär und der israelischen Führung setzt diese Tradition nun fort.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • "Israels ehemaliger UN-Botschafter Ron Prosor hatte dieses Verhältnis einmal mit den Worten beschrieben: „Die Generalversammlung würde zustimmen, dass die Erde flach ist, wenn die Palästinenser es vorgeschlagen hätten.“"

    Entlarvend dämlich. Und falsch. Findet Israel keine fähigeren Leute für so einen wichtigen Job? Auch der israelische Botschafter in Deutschland ist ja eher nicht die beste Wahl.

    • @Jalella:

      Das ist ein und dieselbe Person. Ron Prosor ist seit 1922 Israels Botschafter in Deutschland.

  • Ich denke auch, gemessen am Verhalten anderer Schurkenstaaten wie Russland und China der UN gegenüber, ist das Verhalten diesmal außergewöhnlich heftig.

  • Antonio Guterres Worte an Staat Israel sind als Person angemessen aber nicht in der Funktion UNO Generalsekretärs zu diesem Zeitpunkt als höchster Vertreter der Völkergemeinschaft von 193 UN- Mitgliedsstaaten, da wirken diese Worte, wie eine Philippika Rede, so als könne die UNO, könne er sich als UN Generalsekretär wie Pontius Pilatus seine Hände in Unschuld waschen. Nein jetzt ist die historische Stunde für den UNO Generalsekretär stellvertretend das Versagen der UNO Völkergemeinschaft zu bekennen, das seit Gründung Völkerbundes 1920 in einer langen zur Tradition gewordenen Geschichten zu beklagen, zu betrauern, zu beweinen ist. Beginnend mit Epoche der Protektorats Mandatspolitik Völkerbundes nach 1. Weltkrieg Versailler Vertrag 1919, fortgesetzt durch die UNO seit ihrer Gründung 1945 nach Ende Zweiten Weltkrieges im arabischen Raum, in Palästina, Mandatsmächten England, Frankreich weitgehende Vollmachten einzuräumen, als bestünden deren Kolonialmächte im arabischen Raum fort, zu gegenwärtig politisch eigenen Zwecken Schalten und Walten zu können zulasten dort lebender Zivilgesellschaft, Ansiedlungspolitik jüdischer Bevölkerungsteile im Sinne Theodor Herzls (1860-1904) Narrativ der Gründung zionistischer Autonomie in Abgrenzung von Palästinensern duldete. Herzl gewann Kaiser Wilhelm II für Idee Protektorats für Juden unter deutschem Mandat bereits bei dessen Reise nach Jerusalem 1898. Wilhelm II trug Sultan Osmanischen Reiches Herzls als seine Idee vergeblich vor. Dieser Hintergrund zeigt, welcher Herausforderung sich UNO 2023 stellen muss, statt über Generationen traumatisierter Juden durch Pogrome in gnz Europa, Holocaust im NS Terrorregime, Palästinenser durch Vertreibung seit 1967, Ausbleiben eigenen souveränen Staates gleichermaßen mit Tunnelblick, sich allein in Konfrontation zu überlassen, statt Hebamme zu sein für arabischen Raum, in dem Juden, Palästinenser in eigenen Staaten gemeinsam mit Anrainern friedliche Entwicklung organisiert erleben zu können

  • Gilt die UN Resolution 181 II eigentlich noch?

    • @Stoffel:

      Da sind die Meinungen geteilt.

  • Es macht Sinn, dass die UNO einen Staat darauf hinweist , dass das Völkerrecht eingehalten wird, dass Zivile nicht durch eine Armee getötet werden.