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Isohaft statt Schlafsaal

■ Umtriebiger Knacki hält die Leitung von Anstalt I in Atem / Nachwahlen gefordert

Die Vorwürfe gegen Andreas Caulier, umtriebiger Insasse der Fuhlsbütteler Anstalt I, sind vom Tisch – und trotzdem soll er seinen alten Status nicht wiedererlangen.

Im Mai wurde der ehemalige Insassenvertreter und Gründer einer Gefängnis-Kulturinitiative wegen des Verdachts auf Drogenhandel in Isolationshaft gesteckt. Er war mit der für Knast-Verhältnisse lächerlichen Menge von fünf Gramm Haschisch erwischt worden. In dem Krankenhaus-Raum, wo er auf das Haschisch-Päckchen hin gefilzt worden war, wurde nach einer Woche angeblich noch ein weiteres Portiönchen Drogen gefunden. Folge und von Caulier der Knastleitung unterstellte Absicht: Er konnte nicht an den Wahlen zur Insassenvertretung teilnehmen. Wegen Drogenhandels wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Bestätigt werden konnten die Dealerei-Vorwürfe allerdings nicht, und somit könnte Andreas Caulier seit der vergangenen Woche aus der Isolierstation im Keller zurück ins „Haus“, wie er sagt. Er will aber nicht: „Ich soll statt in meine Einzelzelle in einen Acht-Mann-Schlafsaal.“ Seinen Job als Leiter der Knastbücherei soll er auch nicht zurückbekommen, „weil ich nicht mehr vertrauenswürdig sei“.

Reine Schikane, meint GALierin Wiebke Schuleit, die wegen des Falls Caulier auch den Senat mit Anfragen beschäftigt. „Die haben ihn auf dem Kieker.“ Um Caulier vor der Sammelzelle zu bewahren, habe ein anderer Insasse sogar angeboten, seine Einzelzelle mit ihm zu teilen. Und die Bücherei „hat Caulier erst zu dem gemacht, was sie jetzt ist“, sagt Schuleit.

Sabine Westphalen, Sprecherin der Justizbehörde, weiß zu berichten, daß das Gericht die Disziplinarmaßnahmen gegen Caulier abgesegnet habe. „Und nun kommt er wie alle anderen wieder auf die Liste derer, die in eine Einzelzelle verlegt werde wollen.“ Und der Posten des Bibliothekskalfaktors sei halt auch schon vergeben.

Nun will Caulier aus Protest so lange in Iso-Haft – 23 Stunden Einzelhaft, ein Telefonat pro Woche, kein Einkauf – bleiben, bis die Anstaltsleitung ihn in seinen alten Posten zurückläßt. Überdies will er eine Nachwahl zur Insassenvertretung erwirken – mit ihm auf der Kandidatenliste. Sabine Westphalen winkt jedoch ab: „Für eine Nachwahl besteht keine Möglichkeit.“ Ulrike Winkelmann

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