Islamischer Staat in Syrien: Gefährlich nah am Welterbe Palmyra
Bereits ein Drittel der Weltkulturerbe-Stadt hat die Terrormiliz eingenommen. Sie steht jetzt kurz vor der Eroberung der wertvollen Bauten.
DAMASKUS/PALMYRA dpa | Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) steht nach Geländegewinnen in der syrischen Wüstenstadt Palmyra kurz vor der Eroberung des berühmten Unesco-Weltkulturerbes. Die Dschihadisten nahmen am Mittwoch nach heftigen Kämpfen mit Regierungstruppen des Assad-Regimes Teile der Oasenstadt ein. Die Extremisten hätten im Norden ein Drittel Palmyras unter Kontrolle gebracht, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch.
Der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, sagte, die Dschihadisten hätten ein Gebäude der Sicherheitskräfte nur „wenige hundert Meter entfernt“ von der Unesco-Weltkulturerbestätte erobert. Die historisch wertvollen Bauten liegen im Südwesten der Stadt.
Ein ehemaliger General der syrischen Armee mit Kontakten zu den Streitkräften sagte, das Assad-Regime wolle weitere Kämpfer nach Palmyra schicken, um die demoralisierten Truppen vor Ort gegen den heftigen Ansturm des IS zu verstärken. Die Regierungskämpfer hätten Probleme, ihre Stellungen in der Stadt zu halten. Mit einer möglichen Eroberung Palmyras wäre für die IS-Kämpfer auch der Weg in die größtenteils vom Regime gehaltene Stadt Homs frei.
Der IS-Vormarsch bringt die gut erhaltenen Ruinen aus den ersten Jahrhunderten nach Christus in Gefahr. Die ehemalige Handelsmetropole gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten. Im Nordirak hatten IS-Anhänger im Frühjahr schon einmalige Kulturstätten zerstört, darunter die Ruinen der Jahrtausende alten Stadt Nimrud und die Grabungsstätte Ninive.
Mehr als 70 Tote
Falls Palmyra vom IS zerstört werden sollte, wäre dies „ein unersetzlicher Verlust für die Menschheitsgeschichte“ und auch für das syrische Volk, sagte der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert. Schließlich sei die Oasenstadt nicht nur „Identitätsort“ für die Bevölkerung, sondern potenziell auch ein zentrales touristisches Ziel in dem Land.
Nach Berichten der Beobachtungsstelle starben bei den anhaltenden und erbitterten Gefechten zahlreiche Kämpfer auf beiden Seiten. Die syrische Luftwaffe fliege Angriffe auf IS-Stellungen. Bereits vor einer Woche hatte der IS östlich von Palmyra den Ort Al-Suchna eingenommen.
Auch in Nordsyrien verlor das Regime in Kämpfen gegen Islamisten an Boden. In der Provinz Idlib rückte das Rebellen-Bündnis Dschaisch al-Fatah nach Berichten von Oppositionsmedien auf die Stadt Aricha vor. Die radikale Al-Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und ihre Verbündeten hatten am Dienstag den letzten großen Militärstützpunkt des Regimes in der Region, eingenommen. Bei Luftangriffen der Regierung starben in Idlib mehr als 70 Menschen, darunter 22 Zivilisten.
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