piwik no script img

Islamischer Staat in LibyenEin neues Video

Wieder haben die Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat Andersgläubige umgebracht. Der IS weitet seine Präsenz in Libyen beständig aus.

Ein Standbild aus dem Video, das am Sonntag veröffentlicht wurde Bild: ap

KAIRO ap | Die Terrormiliz Islamischer Staat hat in Libyen offenbar entführte Christen aus Äthiopien getötet. Das legt ein Video des IS nahe, das am Sonntag auf den von den Extremisten gewöhnlich genutzten Internetseiten veröffentlich wurde. Die 29 Minuten lange Aufnahme trägt das offizielle Logo von Al-Furkan, der Medienorganisation des IS. Wie viele Menschen mutmaßlich getötet wurden und um wen es sich genau handelte, war zunächst unklar.

In dem Video waren zwei Gruppen von Menschen zu sehen, die jeweils von IS-Verbündeten im Osten und Süden des Landes gefangen gehalten wurden. Ein vermummter Extremist hält zunächst eine lange Rede, bevor Bilder zeigen, wie die Gefangenen im Süden erschossen und die im Osten an einem Strand geköpft werden.

Bereits im Februar hatten Anhänger des IS in Libyen mindestens 21 koptische Christen aus Ägypten enthauptet, die zuvor ebenfalls entführt worden waren. Zudem veröffentlichte die Terrormiliz bereits mehrere Videos mit der Enthauptung westlicher Geiseln, die sich zum weltweiten Entsetzen immer als echt herausstellten. Dazu kommen immer wieder Berichte über Gräueltaten an verschleppten Andersgläubigen in eroberten Gebieten, etwa den Jesiden.

Zu den getöteten westlichen Geiseln gehörten unter anderem die Amerikaner James Foley, Steven Sotloff und Peter Kassig, die Briten und Alan Henning und der jordanische Kampfpiloten Mu'ath al-Kasseasbeh, der im Rahmen der internationalen Allianz gegen den IS einen Einsatz in Syrien geflogen und nach einem Absturz gefangen genommen worden war.

Vormarsch im Irak

Auch Japan sah sich erstmals im Januar von diesem IS-Terror getroffen: Mit dem Kriegsreporter Kenji Goto und Haruna Yukawa wurden zwei Landsleute enthauptet - offenbar die Antwort des IS auf die von Japan zuvor versprochene finanzielle Hilfe im Kampf gegen die Terrormiliz.

Der IS nahm im Sommer 2014 in einem schnellen Vormarsch Gebiete im Irak ein und drang bis kurz vor die Hauptstadt Bagdad vor. Die von ihm seitdem kontrollierte Stadt Tikrit konnte das irakische Militär mit verbündeten Milizen und US-Luftangriffen zurück erobern, die Wiedereinahme der zweitgrößten irakischen Stadt Mossul im Norden des Landes soll demnächst erfolgen.

In der westlich von Bagdad gelegenen Provinz Anbar, wo der IS bereits Anfang 2014 die Stadt Falludscha einnahm und einzelne Stadtteile von Ramadi unter seine Kontrolle brachte, brachen zuletzt wieder heftigere Kämpfe zwischen den Extremisten und irakischen Sicherheitskräften aus. Auch die größte Ölraffinerie Beidschi bleibt umkämpft. Irakische Kräfte konnten sie zwar vor geraumer Zeit zurückerobern, doch IS-Extremisten versuchten vergangene Woche einen neuen Angriff.

In Syrien kontrolliert der IS etwas ein Drittel des Gebiets, dort befindet sich auch die „Hauptstadt“ des von der Terrormiliz ausgerufenen Kalifats, Rakka. In Libyen eroberten die Miliz und ihr nahe stende Kämpfer mehrere Orte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Der IS seine Präsenz dort beständig aus."

    Dieser Satz kein Verb.

  • Die ISIS-Katastrophe in Libyen und anderswo sollte denjenigen zu denken geben, die für mmilitärische Interventionen eintreten, um Menschenrechte zu schützen. Heute hat ein Drittel der Bevölkerung Libyens das Land verlassen - für Deutschland wären das ca. 27 Millionen Menschen. Menschenrechtsverletzungen sind stark eskaliert. Das Drama des Islamischen Staates und anderer Milizen in Libyen zeigt gleichzeitig, wie menschenverachtend es ist, für Flüchtlinge die Flucht über das Mittelmeer zu erschweren. Es besteht die reale Gefahr, dass wir Menschen so letztlich dem islamischen Staat ausliefern.

  • "Warum hassen sie uns so?" War eine der ersten Fragen nach 9/11 in den USA. Wer den IS als Mörderbande quasi "Außerirdischer" jenseits jeder Zivilisation beschreibt, hat nicht gründlich genug nachgedacht. Es gibt eine jahrhundertelange Vorgeschichte westlicher Unterdrückung, Ausbeutung und Dominanz gegenüber der orientalischen Welt. Sie setzt sich bis heute fort in Hunderttausenden Opfern der westlichen Kriege in dieser Region, in Tausenden zivilen Opfern des Drohnenterrors. Es ist deshalb bigott und heuchlerisch, nur auf die "Barbaren des IS" zu verweisen. Deren Grausamkeit ist bloß das Echo. - Um nicht falsch verstanden zu werden: Klar wünschte ich mir eine linke Gegenbewegung gegen den Westen und nicht diese klerikalfaschistische, die wir gerade erleben. Und als Pazifist halte ich friedlichen Massenprotest immer noch für das Mittel der Wahl, um Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu begegnen. - Aber das Wünschen allein hilft nicht und es ist heilsam, die Welt so zu sehen, wie sie ist. Die aggressive Kriegspolitik des Westens ist in keinem Fall das geeignete Mittel gegen IS e tutti quanti, wir müssen diese Politik bekämpfen, wenn überhaupt Hoffnung auf Besserung bestehen soll.

    • @Albrecht Pohlmann:

      Herr Pohlmann,

      Sie sagen "Aber das Wünschen allein hilft nicht und es ist heilsam, die Welt so zu sehen, wie sie ist." Dann müssten Sie sich jedoch (statt Ihrer Erklärung) fragen, warum die Mörder des Islamischen Staats (ebso. z.B. zuvor auch AlQaida) stets wortgetreu die Tötungsaufrufe aus dem Koran zitieren. "Wie die Welt ist": Man sollte die Bekundungen der Täter ernst nehmen, nämlich dass es ihnen um die Tötung Andersgläubiger geht.