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Islamische Heilsfront bietet Waffenstillstand an

■ In Algerien richten sich jetzt alle Kräfte gegen die Bewaffneten Islamischen Gruppen

Madrid (taz) – Madani Mezerag, Chef der Armee des Islamischen Heils (AIS), hat dem algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika in einem Brief eine „ernsthafte Zusammenarbeit angeboten, um die Krise endgültig zu beenden“. Der bewaffnete Arm der 1992 verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS) erklärt sich bereit, „die Waffen niederzulegen“, allerdings nur unter der Bedingung, daß Präsident Bouteflika dafür sorgt, „daß der mit der Militärführung vereinbarte Plan umgesetzt wird“, heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag abend von der staatlichen Nachrichtenagentur und dem algerischen Fernsehen veröffentlicht wurde.

Die AIS hält seit 1. Oktober 1997 einen einseitigen Waffenstillstand ein, um die „kriminellen Elemente“ der radikaleren Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA), die für die blutigen Massaker an der Zivilbevölkerung verantwortlich zeichnen, zu isolieren. Mezerag und die FIS-Auslandsleitung in Bonn bestehen seither auf der Rückführung ihrer Kämpfer ins zivile Leben oder deren Überführung in die Reihen der Armee.

Bouteflikas Vorgänger Liamine Zeroual leugnete jedwede offiziellen Kontakte zu der AIS, auch wenn die Tatsachen eine andere Sprache sprechen. Die AIS-Truppen leben seit der Verkündung des Waffenstillstandes unbehelligt in mehreren von der Armee bewachten Gebieten. Einzelne Einheiten sollen sogar an Militäraktionen gegen die weiterhin aktive GIA teilgenommen haben. Alleine in den letzten drei Monaten fielen den Anschlägen der GIA 600 Menschen zum Opfer. Selbst in der Hauptstadt Algier haben sich die Fanatiker mit ihren Bomben zurückgemeldet.

Anders als sein Vorgänger scheint Bouteflika durchaus gewillt, die AIS mit einer Amnestie für ihre Kooperationsbereitschaft zu entlohnen. Bereits während des Wahlkampfes versprach er eine „juristische Absicherung des Waffenstillstandes“ und schloß Gespräche mit der FIS nicht aus. In seiner Antrittsrede vor neun Tagen streckte der Präsident, der mit Unterstützung der Armee regiert, den verbotenen Islamisten abermals die versöhnende Hand entgegen. Die arabische Presse wird seit Wochen nicht müde, über Kontakte zwischen Bouteflika und dem unter Hausarrest stehenden FIS-Führer Abassi Madani zu reden. Aus Algier kam bisher weder eine Bestätigung noch ein Dementi.

Ein Sprecher des Präsidialamtes bewertete den Brief der AIS positiv. „Der Präsident wird die Erwartungen aller Algerier und Algerierinnen erfüllen und dieser mutigen Initiative eine rechtliche Grundlage geben.“

Reiner Wandler

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