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Islam in DeutschlandStimmenfang im Ramadan

Noch nie wurde den Muslimen zum Ramadan-Ende von so vielen Politikern gratuliert. Aus unterschiedlichen Motiven: Gelebte Integration einerseits – und Wahlkampf.

Fastenbrechen: Außenminister Westerwelle mit hochrangigen Vertretern muslimischer Organisationen im Garten der Villa Borsig. Bild: dpa

BERLIN taz | Auch für Bundespräsident Joachim Gauck gehört der Ramadan inzwischen zu Deutschland. Das dreitägige Fest des Fastenbrechens, mit dem Muslime weltweit das Ende des muslimischen Fastenmonats feiern, sei „ein sichtbarer Ausdruck von Religionsfreiheit und kultureller Vielfalt in unserem Land geworden“, schrieb Gauck in einer Grußbotschaft.

Seit gestern begehen Muslime in Deutschland das Ende des Ramadans – meist im Kreis der Familie, mit Verwandtenbesuch und üppigem Essen, manchmal auch öffentlich. Im Türkischen heißt das Fest auch „Zuckerfest“, weil Kinder dabei reichlich Süßigkeiten bekommen. Der Fastenmonat fällt jedes Jahr in eine andere Jahreszeit, diesmal begann er schon Anfang Juli. Das Fasten tagsüber dürfte vielen diesmal besonders schwer gefallen sein, sind die Tage im Sommer doch besonders lang.

Doch noch etwas war anders als sonst: Noch nie haben so viele deutsche Politiker den Muslimen zum Ende des Ramadans gratuliert oder an einem abendlichen Iftar (Fastenbrechen) teilgenommen wie in den letzten Wochen. Der Grund dafür dürfte der Wahlkampf sein, bei dem es auf jede Stimme ankommt, auch auf die muslimischer Wähler.

Selbst die Piraten wollen da nicht abseitsstehen. Heiko Schulze etwa, der in Schleswig-Holstein für die Piraten jetzt für den Bundestag kandidiert, war jüngst in Kiel einer Einladung zu einem abendlichen Iftar-Fest gefolgt: „Es war beeindruckend, an einem dieser Fastenbrechen zusammen mit Freunden, Familien und Anwohnern in Kiel teilzunehmen und ein Stück gelebte Integration zu erfahren“, ließ er anschließend verlauten. „Ich habe großen Respekt davor, wie muslimische Gläubige trotz dieser erschwerten Bedingungen ihre religiösen Gebote befolgten“, fügte er noch hinzu.

Grünen-Chefin Renate Künast nutzte ihre Teilnahme an einem Iftar-Abendessen türkischer Vereine in Berlin in dieser Woche, um den Islamgipfel der Regierung zu kritisieren. Und zum Iftar-Dinner des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) kamen in diesem Jahr neben Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) auch der Chef der NRW-CDU Armin Laschet.

Fastenbrechen im Auswärtigen Amt

Die türkische Zeitung Zaman nannte das Iftar-Dinner einem „inoffiziellen Islamgipfel“. Zum ersten Mal lud auch das Auswärtige Amt zum Fastenbrechen. Mit den Botschaftern verschiedener muslimischer Länder traf sich Außenminister Westerwelle am 30. Juli in der Villa Borsig in Berlin zum Abendmahl.

Der Grünen-Politiker Volker Beck verweist zum Ende des Ramandans auf einen Aspekt: „Zumindest beim Zuckerfest und beim Opferfest sollten Kinder aus islamischen Familien generell schulfrei bekommen“, erklärte er. Das sei im Prinzip zwar jetzt schon möglich. Doch aus seinen Gesprächen mit Muslimen wisse er, dass manche Lehrer an diesen Tagen sogar Klassenarbeiten ansetzen würden. Die Schulen sollten mehr Rücksicht auf solche Feiertage nehmen, so Beck.

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13 Kommentare

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  • AB
    ali baba

    Hammer wie viel rechtes Gedankengut sich in der Leser und Kommentatorschaft befindet. Zum Glück habe ich genug Deutsche Freunde, sodass ich genau weiß, dass nur ein Bruchteil der Gesellschaft so tickt wie die assimilation fordernden Vorkommentatoren.

     

     

     

    Nach dem Fastenmonat Ramadan, sind die dreitägigen Feiertage namens "Ramazan Fest" oder auch Zuckerfest genannt und diese sind sogesehen die drei wichtigsten Feiertage in der islamischen Community. Man besucht die Älteren aus der Familie küsst deren Hände aus Zeichen des Respektes und soll so selbst mit seinem größten Feind an diesen Tagen sich wenn möglich vertragen oder vorübergehend das Kriegsbeil legen.

     

     

     

    Aus diesen Gründen ist auch der "Ramadan Fest" türkisch "Ramazan Bayram" in islamischen Ländern als Feiertag äquivalent zu Weihnachten. Man erhält z.B. einen Bonus auf den Lohn usw. damit man seinen Kindern Geschenke kaufen kann.

     

     

     

    Das andere Fest ist der "Kurban Bayram" auf Deutsch "Opferfest" in welchem man, wenn finanziell Möglich ein Tier schlachten bzw. schlachten lassen soll und das Fleisch dann selber verzehren und den Nachbarn usw. verteilen soll.

     

     

     

    So viel zur Frage, was da zu gratulieren ist. Es sind die wichtigsten Tage im Islam. Ich gratuliere meinen deutschen Arbeitskollegen und Freunden doch auch zu Weihnachten.

  • S
    Sabine

    Warum gratuliert man denn zu einem Brauch? Gratuliert man denn Christen zum Fasten am Karfreitag?

     

    Das ist alles politische Stimmungsmache vor den Wahlen, leicht zu durchschauen. Und mit Integration hat das nu überhaupt nichts zu tun.

    • P
      Pudel
      @Sabine:

      Der Ramadan bezeugt in keinster Weise eine Intagrationsbereitschaft.

       

      Der Ramadan ist ein Teil der Parallelgesellschaft.

       

      Warum muss man da gratulieren?

  • R
    ridicule

    Ich hoffe, daß das feine Konterfei auf der Titelseite

     

    der taz - des Herrn mit dem erigierten Finger neben dem gut gelegten Herrn Botschafter im Innern;

     

    ja daß das Vorne-Bild das offizielle des

     

    Außenministers ' schland ist!?

     

     

     

    Endlich Klartext - dagegen wirken entsprechende Konterfeis von Tricky Dicky ja geradezu

     

    gefällig retouchiert .

     

    Herr-lich.

  • S
    süss

    Ja, er bemüht sich sehr unser Außenminister.

     

    Solange nicht der Innenminister zum Fasten-brechen mit Behelmten anstürmt...

  • D
    D.J.

    @Euroenergy,

     

     

     

    Religionskritik ist heute nötiger denn je. Aber bitte mit Anspruch. Die Erlaubnis zum Essen nach Sonnenuntergang (andernfalls wäre das Fasten ja nicht nur gesundheitsschädlich, sondern tödlich) wird nach meiner Kenntnis der islamischen Quellen nie so begründet wie Sie es behaupten.

    • @D.J.:

      Euroenergy hat zumindest hier Recht: Fasten bedeutet ursprünglich, während der Fastenzeit,

       

      z.B. zwischen Aschermittwoch und Ostern (ca. 6 Wochen) keine feste Nahrung zu verspeisen.

       

      Diverse Flüssigkeiten sind erlaubt.

       

      Dies ist mitnichten tödlich, sondern in höchstem Maße gesundheitsfördernd.

       

      Sollten Sie mal probieren.

       

       

       

      Insofern ist Ramadan tatsächlich kein „echtes“ Fasten. Die Entbehrung entsteht dadurch,

       

      daß im Ramadan tagsüber weder gegessen, noch getrunken werden darf.

  • D
    D.J.

    Gegen diese Form des Respekts habe ich nichts. Übrigens gratulieren zuweilen auch muslimische Amtsträger in isl. Ländern mit hohem Christenanteil zu christl. Festen (und ziehen sich dadurch den Hass der Radikalislamisten zu). Ich habe nur etwas gegen eine in den Spitzen verkommene SPD, die aufklärerische Errungenschaften aufgeben möchte (Gabriel, der sich eine bekopftuchte Tagesschausprecherin wünscht; Steinbrück, der getrennten Schwimmunterricht O.K. findet). Und ich habe etwas gegen Märchenunterricht an unseren Schulen. Und Leute wie den Beck und viele andere, die das toll finden.

  • Was gibt’s denn da zum Ende des Ramadan zu gratulieren?

     

     

     

    Zutreffender wäre, daß Muslime hofiert werden.

     

     

     

    Deutsche Politiker, die sich gegenseitig auf der Schleimspur überholen,

     

     

     

    hoffen wohl, daß die Muslime dermaßen hinterewäldlerisch sind, daß sie

     

     

     

    von der Muslim-Partei BIG noch nichts gehört haben.

  • MC
    Ömür Cömür von Kölün

    Wie sagten doch schon die alten Griechen?

     

    "Hüte Dich vor Germanen, die Dich vollschleimen!"

  • E
    Euroenergy

    Lese ich falsch? Ramadan ist doch kein Fasten im urspruenglichen Sinne.

     

    Man unterliegt dem Glauben, dass ein hoeheres Wesen abends das Essen

     

    der Anhaenger der Religion nicht saehe. Wer sich abends das vermehrt

     

    zufuehrt, was er tags unterlaesst ist kein Fastender. Von irgendeiner Entbehrung kann man also auch nicht reden.

     

    Aber alle Politiker faseln gerne am Thema vorbei.

     

     

     

    Euroenergy

    • B
      Besserwisser
      @Euroenergy:

      Wer behauptet, "dass ein hoeheres Wesen abends das Essen

       

      der Anhaenger der Religion nicht saehe" hat eigentlich keine Antwort verdient. Sie sollten sich mal die minimalen Informationen über das Thema verschaffen, bevor Sie so einen Schwachsinn schreiben.

  • TW
    Thomas W.

    Wahlkampfzeit - Arschkriechzeit