Irrtümliche Todesstrafe in den USA: Nach 30 Jahren frei
Ein Afroamerikaner saß drei Jahrzehnte unschuldig in einer Todeszelle. Er wurde für unschuldig erklärt und entlassen, weil es keine Beweise gegen ihn gab.
WASHINGTON afp | Nach fast 30 Jahren in der Todeszelle ist ein wegen Mordes verurteilter Mann im US-Bundesstaat Alabama von den Vorwürfen entlastet worden. Anthony Ray Hinton werde am Freitag aus dem Gefängnis entlassen, teilten seine Anwälte mit. Ein Gericht im Bezirk Jefferson hatte zuvor entschieden, dass die Beweise gegen Hinton nicht ausreichen. Der 58-jährige Afroamerikaner hatte stets seine Unschuld beteuert, im vergangenen Jahr wurde das Verfahren neu aufgerollt.
Hinton war wegen zwei Raubüberfällen auf Fast-Food-Restaurants verurteilt worden, bei denen 1985 zwei Männer ermordet worden waren. In beiden Fällen fand die Polizei weder Zeugen noch Fingerabdrücke. Als später ein drittes Restaurant überfallen wurde, identifizierte der Inhaber Hinton als Verdächtigen - obwohl dieser erklärte, er sei 24 Kilometer entfernt bei seiner Arbeit gewesen.
Die Polizei stellte bei Hintons Mutter eine Schusswaffe sicher und erklärte, dass diese bei allen drei Überfällen benutzt worden sei. Kriminaltechniker der US-Bundespolizei FBI kamen nun allerdings zu dem Schluss, dass die Waffe nicht mit den Verbrechen in Verbindung steht.
Hintons Anwalt Bryan Stevenson geht davon aus, dass sein Mandant auch wegen seiner Hautfarbe zu Unrecht verurteilt worden sei. „Rassismus, Armut, unzureichender anwaltlicher Beistand und die Gleichgültigkeit der Staatsanwaltschaft machen dies zu einem typischen Beispiel für einen Justizirrtum“, erklärte Stevenson.
Nach Zählung des Informationszentrums zur Todesstrafe wurden seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1973 insgesamt 152 Gefangene in den USA aus der Todeszelle entlassen, nachdem ihre Unschuld anerkannt worden war. Im März wurde im Bundesstaat Arizona das Verfahren gegen die gebürtige Berlinerin Debra Milke endgültig eingestellt. Milke hatte mehr als 25 Jahre im Todestrakt gesessen, weil sie am Mord an ihrem vierjährigen Sohn beteiligt gewesen sein soll. Das Urteil stützte sich damals aber auf ein zweifelhaftes Geständnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“