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Iran-Proteste in BerlinGroßes Kräftezeigen der Exilanten

Im Protestcamp von feminista.berlin laufen Vorbereitungen für die Demo am Samstag: 50.000 Ira­ne­r*in­nen werden zur „Freedom Rally“ erwartet.

Say their names auf Persisch: Jede Menge Schilder nennen die Namen von getöteten Ira­ne­r*in­nen Foto: Susanne Memarnia

Berlin taz | Drei junge Menschen liegen wie tot unter dem Kastanienbaum, ihre weißen T-Shirts sehen aus wie blutverschmiert. „Blutige“ T-Shirts hängen auch im Baum und liegen im Laub ringsum. Ein Mann und eine Frau stehen stumm daneben, schauen den Pas­san­t*in­nen auf der Invalidenstraße traurig-finster hinterher. „Your silence is Violence“, steht auf dem Schild zwischen ihnen. Aus einem Lautsprecher tönt „Beyade to“, der Song der iranischen Revolution, in einer adaptierten deutschen Version.

Vor zehn Tagen hat eine Gruppe von iranischen Studierenden namens feminista.berlin ein Zeltlager vor der Parteizentrale der Grünen am Platz vor dem neuen Tor aufgeschlagen. Seither protestieren sie mit Kunst-Performances, Plakaten, Reden und Musik gegen die aus ihrer Sicht zu zaghafte Politik Deutschlands gegenüber dem Mullah-Regime.

„Die Grünen reden immer von Menschenrechten, Außenministerin Annalena Baerbock hat explizit eine ‚feministische Außenpolitik‘ angekündigt. Aber sie machen fast nichts“, sagt Setayesh Hadizadeh.

Freedom Rally for Iran in Berlin

Für Samstag, 22. Oktober, ruft das transnationale feministische Kollektiv „Women*Life Freedom“ zusammen mit dem Aktivisten Hamed Esmaeilion und seiner Gruppe „Iranians for Justice and Human Rights“ zur Demo nach Berlin. Zahlreiche Gruppen unterstützen den Aufruf, auch die feminista.berlin – und sogar die Grünen. Da das neu gegründete Kollektiv mit rund 100 Ak­ti­vis­t*in­nen binnen weniger Wochen die dritte Groß-Demo organisiert, bittet es auf Twitter um finanzielle Unterstützung. Hier der Link zum Betterplace-Fundraising.

Los geht's um 15 Uhr am Großen Stern. (sum)

Die 28-jährige Studentin hat feminista.berlin kurz nach Beginn der Proteste im Iran zusammen mit anderen Ak­ti­vis­t*in­nen gegründet. Der Name verweise auf die feministische Seite der Revolution und auf den Femizid an Mahsa Zhina Amini, mit dem sie begann, erklärt sie. „Es war uns zu wenig, nur auf Solidaritätsdemos zu gehen. Wir wollten mehr Aufmerksamkeit für das Thema generieren und auch einen künstlerischen Ausdruck finden für das, was uns bewegt.“ Angst um Angehörige und Freund*innen, Wut auf das Regime, das gerade jeden Tag Menschen verletzt, entführt, tötet. Rund 30 bis 40 Ak­ti­vis­t*in­nen sind sie inzwischen, zu ihren Performances kommen teilweise mehrere Hundert Besucher*innen. Die Videos auf Instagram schneiden feminista-Aktionen mit Bildern aus Iran zusammen.

Aufklärung über die Revolution als Performance Foto: S. Memarnia

Am Mittwochnachmittag sind ein paar junge Leute auf der Wiese vor dem Grünen-Haus damit beschäftigt, Transparente zu bemalen: Vorbereitung für die Demo am Samstag. Das werde eine „ganz große Sache“, glaubt Hadizadeh – und steht damit nicht allein. Alle Iraner*innen, mit denen die taz in den vergangenen Tagen gesprochen hat, berichten, dass Familienangehörige und Freunde von überall aus Deutschand, teils sogar aus West-Europa ihren Besuch angekündigt haben.

Das liegt zum einen am prominenten Initiator der „Freedom rally for Iran“: Der iranisch-kanadische Aktivist Hamed Esmaeilion, Sprecher der Vereinigung der Angehörigen von Flug PS752, ist unter Exil-Iraner*innen weltweit bekannt. Was er auf Social Media mitteilt, wird zigtausendfach geteilt. So hatte die von ihm mit initiierte Petition an die G7-Führer mit der Forderung, iranische Diplomaten auszuweisen, nach vier Tagen mehr als 500.000 Unterschriften und ist damit eine der erfolgreichsten von Chance.org überhaupt.

Politische Differenzen spielen derzeit keine Rolle

Die Berliner Demo, zu der Esmaeilion selbst wohl auch kommen wird, hat das ebenfalls neu gegründete Kollektiv „Women* Life Freedom“ daher mit 50.000 Teilnehmenden angemeldet. „Wir wollen nicht nur zeigen, wie viele Iraner wir in Europa sind, sondern auch, wie einig wir uns dieses Mal sind“, sagt Hadizadeh. Anders als bei früheren Protesten spielten politische Differenzen im Moment keine Rolle. „Alle sagen, dass die Diktatur weg muss.“

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