Iran-Flagge statt Eingabeschlitz: Chinesische Suchmaschine gehackt
Nach ihrem Angriff auf Twitter hat die so genannte "Iranian Cyber Army" den Datenverkehr der größten chinesischen Suchmaschine umgeleitet. Die Ziele der Aktionen sind unklar.
Kurz vor Weihnachten wunderten sich Twitter-Nutzer nicht schlecht: Da zeigte die Homepage des Kurznachrichtendienstes mehrere Stunden lang eine Botschaft der so genannten "Iranian Cyber Army" (ICA), die sich zu einem Hackanschlag auf das Portal bekannte - grüne Fahne inklusive. Das Portal war Opfer eines so genannten DNS-Redirects geworden: Die Angreifer hatten den Domain Name Service-Eintrag von Twitter.com auf ihre eigene Internet-Adresse umgebogen, weil Twitter diesen offenbar nicht ausreichend geschützt hatte. Was die ICA damit bezweckte, wurde nicht ganz klar. Da Twitter jedoch von iranischen Regierungsgegnern zur Vernetzung eingesetzt wird, vermutete man hinter dem Hackanschlag Unterstützer des umstrittenen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, dem Wahlfälschung vorgeworfen wird.
Am Dienstag traf es nun die größte chinesische Suchmaschine Baidu: vier Stunden lang blendete die ICA dort ihr Logo ein, diesmal sogar mit der iranischen Staatsflagge hinterlegt. Auch hier handelte es sich offenbar um einen DNS-Angriff. "An diesem Morgen wurde Baidus Domain-Registrierung in den USA verändert, was zu Einschränkungen bei der Erreichbarkeit führte", schrieb das Portal. Baidu hat in China mehr Nutzer als Google, was bedeutet, dass der Hack von Millionen Menschen wahrgenommen wurde, wie Sicherheitsexperten sagten. Da Baidus Server selbst offenbar nicht angegriffen wurden, handele es sich um "politische Graffiti". Allerdings besteht die Gefahr, dass sich Nutzer auf derart manipulierten Seiten Datenschädlinge einfangen.
Warum ausgerechnet Baidu Opfer der ICA wurde, ist bislang unklar. Allerdings scheint man in China über den Angriff sehr erregt zu sein: In mehreren Foren schlossen sich Hacker offenbar zu einem "Gegenschlag" zusammen. So soll es in den letzten Tagen iranische Websites gegeben haben, die plötzlich chinesische Flaggen zeigten. Auf einem der Internet-Angebote hieß es, China sei für die Intervention der US-Regierung in die Angelegenheiten des Iran nicht verantwortlich. "Das ist eine Warnung", schrieb die so genannte "Honker Union for China", die für solche Aktionen auch bei anderen ausländischen Internet-Angeboten bekannt ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt