Irak von Olympiade ausgeschlossen: Sieben müssen büßen

Wenn irakische Sportler laut dem IOC aus politischen Gründen nicht zu Olympia dürfen - was haben dann die Chinesen in Peking verloren?

Olympia - ohne den Irak. Bild: dpa

Mit 639 Athleten wird die Volksrepublik China bei Olympia an den Start gehen - schon heute, zwei Wochen vor dem Beginn der Spiele, ein erster Rekord. In Disziplinen vom Trampolinspringen bis zum Tischtennis werden sie um Medaillen kämpfen und versuchen, den Ruhm ihres Landes zu mehren.

Kaum auszudenken, was wäre, wenn sich das Internationale Olympischer Komitee (IOC) bei ihnen an seine olympische Charta halten würde: In der dortigen Regel 10.2 wird versichert, sich jedem "Missbrauch des Sports" zu widersetzen - ein Unterfangen, das nicht immer ernst genommen wird. Ein Ausschluss Chinas? Unvorstellbar. Das IOC steht offensichtlich nicht allzu konsequent hinter seinen eigenen Grundsätzen. Schließlich ist wohl kaum abzustreiten, dass China und die Sponsoren die Olympischen Spiele "zu politischen oder kommerziellen Zwecken" benutzen, wie es die Charta eigentlich verbietet.

Auf protibetische Demonstrationen aber muss die olympische Bewegung verzichten. Und nun auch auf sieben irakischen Sportler, die nicht in Peking antreten dürfen, weil das IOC den Irak suspendiert hat.

Sportlich werden irakische Bogenschützen, Judoka, Ruderer, Leichtathleten und Gewichtheber kaum vermisst werden. Aber die hehre olympische Idee von der Jugend der Welt, die sich in Frieden trifft, bekommt ohne den Irak Schlagseite. Dies wirft - ausgerechnet - politische Fragen auf: Weshalb finden die Spiele in einem eindeutig nicht demokratischen Land statt? Und weshalb wird einer Nation die Teilnahme verwehrt, die doch angeblich Demokratie erlernen soll?

Die Antwort des IOC klingt einfach. Zu einfach: Die "politische Einflussnahme" der Regierung widerspreche der Charta. Die irakische Regierung hatte im Mai ihr Nationales Olympisches Komitee unter Vorsitz des Sportministers Jassim Jaffer neu gegründet. Der vorherige NOK-Präsident Ahmed al-Samarrai war 2006 entführt worden, mit der damit verbundenen Handlungsunfähigkeit hatte der Irak sein Eingreifen begründet. Am 4. Juni schloss das IOC den Irak aus, und dabei ist es bis heute geblieben.

Die endgültige Suspendierung so kurz vor den Spielen zeugt von, gelinde gesagt, wenig Fingerspitzengefühl. Und beweist mal wieder, dass die ominöse IOC-Charta geduldiger ist als das Papier, auf dem sie geschrieben ist. Arg schwammig und variabel auslegbar sind viele Passagen formuliert. Selbst Holger Niese, Justiziar des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sah sich auf taz-Anfrage nicht in der Lage, eine Einschätzung abzugeben: Der oberste Rechtsanwalt des deutschen Sports ließ ausrichten, er halte sich in dieser Frage "für nicht kompetent genug".

So erscheint die Entscheidung des IOC eher als Zeichen für Zweizüngigkeit, denn als Ausdruck von Stärke. Die Symbolik, die diese Verweigerung in die Welt sendet, ist verheerend: Der Irak wird isoliert, und sieben Individuen büßen für das Fehlverhalten einiger Politiker. Selbst die Möglichkeit, diese Sportler unter IOC-Flagge starten zu lassen, will das Komitee verhindern: In einer Mitteilung des IOC heißt es, dass entsprechende Quotenplätze ursprünglich für den Irak freigehalten, inzwischen aber anderweitig vergeben worden seien. Was nicht dabei steht: wieso deren Zahl begrenzt ist.

Den Traum von Olympia weiter träumen dürfen indes noch zwei irakische Leichtathleten: Deren Meldefrist endet erst nächsten Donnerstag. Einigen sich die Funktionäre, könnten sie vielleicht starten. Doch: "Es ist eine sehr kleine Hoffnung", sagt die IOC-Sprecherin Emmanuelle Moreau.

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