Interview: "Schädlich für den Forschungsstandort"

Die Verhaftung des Soziologen Andrej H. ist für den SPD-Abgeordneten Frank Zimmermann nicht nachvollziehbar. Zum forschungsfreudigen Klima gehöre auch eine Wissenschaft, die Themen wie Gentrification nicht tabuisieren dürfe.

taz: Herr Zimmermann, seit drei Wochen sitzt der Berliner Soziologe Andrej H. in Untersuchungshaft. Aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit zur Sanierungspolitik wird ihm vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein.

Frank Zimmermann: Es kann nicht richtig sein, stadtsoziologische Forschung plötzlich unter Terrorismusverdacht zu stellen. Ich habe den Eindruck, dass der Begriff des Terrors hier etwas zu weit ausgelegt wird.

Inzwischen haben 2.000 Stadtforscher und Studenten einen offenen Brief unterschrieben, den der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann initiiert hat. Ist die Festnahme von Andrej H. auch ein Angriff auf die kritische Wissenschaft?

Berlin ist auch als Wissenschaftsstandort eine offene Stadt. Wir können uns das Klima einer forschungsfreudigen Wissenschaftslandschaft nicht durch solche Maßnahmen verderben lassen. Das wäre schädlich für den Forschungsstandort Berlin.

Gehört zu einer forschungsfreudigen Wissenschaftslandschaft auch, solche Themen wie Gentrification und Mieterverdrängung zu bearbeiten?

Aber ja. Es ist nicht erkennbar, was das mit terroristischen Vereinigungen zu tun haben soll.

Ist es nicht Zeit, dass sich Innensenator Körting zu diesem Fall äußert?

Der Innensenator kann hier nicht eingreifen, weil das Verfahren vom Bund geführt wird. Wäre das Land Berlin zuständig, würde sicher nicht so hysterisch reagiert wie in Karlsruhe. Mich überzeugt die Begründung für die Untersuchungshaft nicht.

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