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Interview"Gegenprotest ist immer wichtig"

Die jahrelange Arbeit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus zahlt sich aus, sagt MBR-Mitarbeiterin Annicka Eckel. Beim diesjährigen Aufmarsch profitierten die Lichtenberger vom Erfahrungsschatz des Nachbarbezirks.

taz: Frau Eckel, wie jedes Jahr am ersten Dezemberwochenende wollen Neonazis auch an diesem Samstag marschieren . Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus unterstützt die Gegenmobilisierung. Läuft sich dieses Ritual langsam nicht tot?

Annika Eckel: Ganz und gar nicht. Es ist immer wichtig zu zeigen, dass diese menschenverachtenden Inhalte der Rechtsextremisten nicht hinzunehmen sind. In diesem Jahr kommt hinzu, dass der Aufmarsch nicht wie in den vergangenen Jahren in Treptow-Köpenick oder in Rudow stattfindet, sondern in Lichtenberg. Dort befindet sich der Weitlingkiez - ein Schwer- punkt rechtsextremer Aktivitäten. Umso wichtiger, dass auch Lichtenberger sich zur Wehr setzen.

Ganz ehrlich: Wäre es nach sechs Jahren nicht mal eine Möglichkeit, den Rechtsextremisten keine Aufmerksamkeit zu schenken?

Für mich wäre das eine Art Akzeptanz, wenn man den Aufmarsch einfach ignorieren würde. Denn damit würde man die Deutungshoheit allein den Rechtsextremisten überlassen. Zudem hat so ein Gegenprotest immer eine lokale Bedeutung. Es gibt nicht wenige, die sich gegen rechts engagieren wollen, und diesen Menschen sollte man an diesem Tag auch die Möglichkeit dazu geben.

Womit ist zu rechnen?

In den ersten Jahren waren es zwischen 100 oder 200 Rechtsextremisten. Letztes Jahr beim Aufmarsch in Rudow waren es 700. Das hat uns schon entsetzt. In diesem Jahr hat die Mobilisierung auf rechtsextremer Seite noch früher begonnen, und sie ist mit Infoständen und Plakataktionen viel breiter angelegt. Keine Frage: Der Dezemberaufmarsch hat inzwischen eine große Bedeutung für die rechtsextreme Szene in Berlin.

Und wie läuft die Gegenmobilisierung?

Zwiegespalten. Einerseits gibt es sehr viele Leute, die sich in dem Bündnis sehr aktiv einbringen. Andererseits gibt es sehr viel Empörung. Die Polizei will keinerlei Proteste in Hör- und Sichtweite der Rechtsextremen zulassen. Das ist natürlich sehr ärgerlich, wenn ein gesamtes Gebiet für demokratischen Protest zur Tabuzone erklärt wird.

Diese Haltung der Polizei ist insofern verwunderlich, weil die Zusammenarbeit zwischen Bezirk, Polizei und den zivilgesellschaftlichen Kräften in den vergangenen Jahren doch sehr gut funktioniert hat.

Die Treptow-Köpenicker waren dieses Jahr sehr gut vorbereitet. Aufgrund der zahlreichen dort geplanten zivilgesellschaftlichen Proteste konnten die Rechtsextremisten weder durch Treptow-Köpenick noch Neukölln marschieren. Nun ist die Entscheidung aus unerklärlichen Gründen auf Lichtenberg gefallen. Die genaue Polizeitaktik kenne ich nicht. Aber sie sollte dringend dafür sorgen, dass die Menschen ihren Protest in Hör- und Sehweite der Rechtsextremisten kundtun dürfen.

Seit sechs Jahren ist die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Südosten von Berlin aktiv und unterstützt das Engagement der Bürger vor Ort. Was hat Ihre Arbeit gebracht?

Wir merken, dass die Engagierten in Lichtenberg sehr froh darüber sind, dass es bereits einen gewissen Erfahrungsschatz gibt. Wir leisten unseren Beitrag, aber vor allem der Austausch mit Treptow-Köpenick ist sehr intensiv. Sie haben in den letzten Jahren viel wichtige Erfahrung im Umgang mit rechtsextremen Aufmärschen gesammelt. Davon profitieren die Lichtenberger nun. Ich finde es auch ein tolles Signal, dass die Zusammenarbeit bezirksübergreifend funktioniert und gemeinsam Verantwortung getragen wird - egal wo dieser rechtsextreme Aufmarsch stattfindet.

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