Interview zu Bayern München: „Dieses Motzen ist zum Kotzen“
Karl-Heinz Rummenigge über respektvollen Umgang mit dem FC Bayern und aus welch niedriger gesellschaftlicher Schicht Kritik kommt.
taz: Herr Rummenigge, schön, dass Sie mit uns sprechen, obwohl wir den FC Bayern nicht unbedingt nach Ihren Vorstellungen behandelt haben. Ihre jüngste Medienschelte hat Ihnen allerdings viel Spott eingebracht. Zu Unrecht?
Karl-Heinz Rummenigge: Sport ist ideal, um jegliche Gefühlsregung, sei es Wut oder Glück, loszuwerden.
Gefühlt steht der FC Bayern jetzt aber mehr denn je unter Beschuss.
Ich würde nicht ausschließen, dass da jetzt ein Halali stattfindet.
Welchen Umgang wünschen Sie sich denn mit dem FC Bayern?
Wir verlangen nicht, dass uns der Papst einen besonderen Segen gibt, dass wir in der Zukunft unbesiegbar sind. Das wäre vermessen.
Fürsprecher haben Sie nach Ihrer Pressekonferenz kaum noch.
Dieses permanente Loben gefällt mir auch nicht. Ich muss mich wohl oder übel damit abfinden, dass man sich als Individualist heute schwerer tut, als es früher der Fall war.
Dabei war es ja nicht das erste Mal, dass Sie sich die Presse vorgeknüpft haben. Wir erinnern uns an eine Geschichte mit Oliver Kahn …
Wenn eine Person des öffentlichen Interesses eine Woche lang so behandelt wird wie Oliver Kahn – ist das gesetzlich noch erlaubt?
Vermutlich schon.
Das Ende der Fahnenstange ist im Boulevard offensichtlich erst erreicht, wenn das Thema ausgesaugt ist bis zum letzten Tropfen. Hin und wieder muss man nicht nur kleinere Brötchen backen, sondern auch essen.
Mitunter profitieren Sie aber auch von wohlgefälliger Berichterstattung.
In gewissem Sinn hat zwar jeder seine Haus- und Hofschreiber. Ich habe auch Journalisten, die mir sympathisch sind, aber …
Entschuldigen Sie die Unterbrechung, aber Sie wollten vor allem die Spieler schützen. Hat gerade jungen Bayern-Profis die Kritik zu sehr zugesetzt.
Für junge Spieler ist es wichtig, dass sie auch mal Licht am Ende des Tunnels schnuppern. Ich finde dieses Motzen zum Kotzen.
Es soll allerdings auch Bayern-Spieler geben, die mit Ihrer Medienkritik Probleme haben.
Mich ärgert es maßlos, wenn ich sehe, dass Leute, nur um beim nächsten Spiel eine bessere Kritik zu bekommen, an die Presse Informationen geben, die dort nicht hingehören.
Sie sind schon wieder sauer?
Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, wenn ein Spieler meint, er müsse etwas Kritisches über Uli Hoeneß oder mich sagen. Ich muss sagen, der FC Bayern ist sehr demokratisch, vielleicht der demokratischste Verein in Europa.
Herr Hoeneß sagt ja selbst, er sei ein großer Demokrat.
Uli ist der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbener Straße und die Mutter aller Manager.
Also nicht die Mutter aller Probleme, wie manch einer mutmaßt?
Das ist schon eine Gerüchteküche, die der Küchenschabe relativ nahe kommt. Uli war stets ein großer Treiber und Visionär und auch wichtiger Spiritus Rector unseres Vereins.
Sie selbst haben leichte Kritik an Uli Hoeneß geübt. War Ihnen der gemeinsame Auftritt mit Uli im Nachhinein dann doch etwas unangenehm?
Das schadet meinem Image als Saubermann. Er ist gestern Morgen zu mir ins Büro gekommen. Das waren Schritte, die nicht nur den Respekt des Klubs verdienen, sondern aller Fußballfans. Er hat damit sehr verantwortlich gehandelt.
Sie wollen sich also auch selbst künftig respektvoller verhalten?
Disziplin wird künftig großgeschrieben. Ich habe fünf Kinder. Ich weiß, was Disziplin ist.
Die Geschichte wird Ihnen noch eine Weile anhängen.
Man muss berücksichtigen, dass die Leute, die da schimpfen, finanziell und gesellschaftlich gesehen, einer niedrig stehenden Schicht entstammen.
Sie sehen das also gelassen?
Wir können aus der Position der Stärke die Dinge von oben anschauen.
(In diesem Text haben ausschließlich Originalaussagen von Karl-Heinz Rummenigge Verwendung gefunden)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?