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Interview über Rauswürfe beim "Freitag""Nur noch ein Störfaktor"

Daniela Dahn musste als eine von vier HerausgeberInnen der Wochenzeitung "Freitag" gehen. Ein Gespräch über Jakob Augstein, Beliebigkeit und dem Kampf gegen den Mainstream.

Hält Herausgeber für überflüssig: "Freitag"-Verleger Jakob Augstein. Bild: dpa

taz: Frau Dahn, der Verleger des Freitag, Jakob Augstein, hat die vier Herausgeber, neben Ihnen Friedrich Schorlemmer, György Dalos und Frithjof Schmidt, faktisch vor die Tür gesetzt. Mit welcher Begründung?

Daniela Dahn: Im November fand ein Verleger-Herausgeber-Treffen statt, bei dem wir darüber sprachen, welche Rolle den Herausgebern inzwischen zugebilligt wird. Dabei ging es teilweise recht kontrovers zu, Friedrich Schorlemmer fragte, ob wir überhaupt noch gebraucht würden, und ich fand, dass eine weitere Zusammenarbeit nur Sinn macht, wenn wir wieder stärker als Scharnier zwischen Verleger und Redaktion wirksam sein können, wenn wir mehr in die Kommunikation inhaltlicher und redaktioneller Fragen einbezogen werden.

Zehn Tage später bekamen alle Herausgeber von Jakob Augstein einen Brief, in dem er uns für unsere hilfreiche Begleitung in der Zeit des Überganges dankt. Diese Phase sei nun abgeschlossen, der Freitag habe den Charakter eines "Projekts" gegen den einer "normalen Zeitung" eingetauscht, woraus folge, "dass das Institut der Herausgeber sich für den Freitag überlebt hat".

Hat Augsteins Schritt politische Hintergründe?

Da bin ich nicht auf Vermutungen angewiesen. Es gibt seit zwei Jahren eine relativ umfangreiche Mail-Korrespondenz zwischen Jakob Augstein und mir, in der ich immer wieder angemahnt habe, bei der zweifellos notwendigen Verjüngung und Modernisierung das tradierte Freitag-Profil nicht einer sich einschleichenden Beliebigkeit zu opfern.

Bild: dpa
Im Interview: Daniela Dahn

wurde 1949 in Berlin geboren. Nach Volontariaten bei DEFA und Fernsehen studierte sie in Leipzig Journalistik und arbeitete bis 1981 als Fernsehjournalistin. Seit 1982 ist sie freie Schriftstellerin in Berlin. Dahn gehörte 1989 zu den Gründungsmitgliedern des "Demokratischen Aufbruchs", ist Mitglied der Schriftstellervereinigung P.E.N. und im Beirat der Humanistischen Union. Zudem war sie Mitherausgeberin der Wochenzeitung Freitag.

Was bedeutet Beliebigkeit?

Ich wollte den Anspruch, Gegeninformationen zu liefern, nicht aufgeben und die analytische und intellektuelle Substanz bewahren. Auch wollte ich den neuen Alltagsteil nicht auf Zerstreuung, Lifestyle, Prominente der Kulturindustrie oder gar Boulevard-Stories beschränkt sehen. Die sollten zum Beispiel durch mehr Geschichten aus der akademischen und produzierenden Arbeitswelt ergänzt werden, Geschichten vom Überleben, die erzählen, wie die Wirtschaft in den Alltag ganz normaler Leute funkt. Ich hielt es für verfrüht, dass der Freitag den Brückenbau zwischen West und Ost(-Europa) aufgegeben hat. Kurzum, im Laufe der Zeit haben sich unsere Vorstellungen von der Identität der Zeitung zu meinem Bedauern entfernt.

Augstein finanziert den Freitag - ist es da nicht verständlich, dass er das Sagen haben will?

Ja klar, das ist nur konsequent. Er ist ja auch wirklich mit großem Elan und persönlichem finanziellen Risiko eingestiegen, das habe ich immer bewundert.

Dass die Herausgeber nicht mehr nötig sind, weil der Freitag nun eine normale Zeitung ist - überzeugt Sie das?

Herr Augstein ist Verleger, Geschäftsführer, Autor und agiert nicht selten wie ein Chefredakteur - in diesem Sinne ist der Freitag in der Tat eine normale, hierarchisch geführte Zeitung geworden. Da sind Herausgeber, die meinen, ihren Senf auch noch dazugeben zu müssen, ein Störfaktor. Die Frage ist nur, ob es auf die Dauer hilfreich ist, sich des kritischen Korrektivs zu entledigen.

Also sehen Sie die Schuld nur auf Augsteins Seite - und gar nicht aufseiten der früheren Herausgeber?

Meinungsverschiedenheiten sind ja keine Schuldfrage, im Gegenteil, gut, wenn man dazu steht. Wären die Herausgeber aktiver gewesen, wäre es vielleicht schon eher zum Bruch gekommen, hätten sie stillgehalten, vielleicht nie.

Die Auflage des Freitag ist noch immer weit davon entfernt, die Zeitung zu finanzieren …

In seinem Abschiedsbrief an uns hat der Verleger noch einmal betont, dass der nun linksliberale Freitag den Platz besetzen soll, "den Zeit und Spiegel vor langer Zeit freigemacht haben", dass er "zum Konzert der Meinungsstimmen im Lande gehören möchte". Der einstige Spiegel-Chefredakteur Günter Gaus war als Herausgeber zum Freitag gegangen, weil er sich nicht mehr an die von ihm mit Missfallen beobachtete Regel halten wollte, wonach es im Journalismus üblich ist, bei der Mehrheit der Gruppe zu bleiben.

Auch ich neige dazu, Zeitungen, Autoren, und Bücher interessant zu finden, die den Mut haben, sich von der Truppe zu entfernen. Ob sich so etwas aber bei den Abhängigkeitsverhältnissen und PR-Strukturen hierzulande verkaufen lässt, ist eine andere, durchaus ernste Frage.

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23 Kommentare

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  • FW
    Free World

    die internas sind mir unbekannt und wieviel schutzige gewaschen wird oder zu waschen wäre ist mir in der tat egal.

     

    was ich mit erstaunen zur kenntnis nehme ist, dass aus einem "irgendwie linken" sprachrohr nun ein "links-liberales" werden soll, das sowohl dem spiegel als auch der zeit angst machen will. ich halte das ehrlich gesagt für einen witz mit hohem anspruch.

     

    dabei habe ich zur zeit noch keine genauen vorstellung davon, was j.a. heute für links-liberal hält. kommt vielleicht noch. ein blick in die parteienlandschaft in d in 2011/2012 verrät mir gähnende leere vergleiche ich die begrifflichkeit mit der zeit, der sozial-liberalen regierung in d. ins heute wäre dies ein konglomerat aus wenigen cdulern, mehr spdlern, einzelnen piraten, ein paar linken und eher seltenen grünen. bei fdp selber? achelzucken - keine bekannten neueren gesichter seit baum zu sehen. muss die zielgruppe vielleicht noch geboren werden?

     

    wie auch immer. ich behalte die online variante nach längerer abstinenz wieder im auge. vielleicht bemerke ich ja sowohl einen qualitätsschub in sachen journalisitscher eigenbeiträge bis hin zum investigativen journalismus. unabhängig, überpartlich, sachlich, links-liberal. also kritisch (auch selbstkritisch) aufgeklärt ohne schmusekurs an die mächtigen und schönen oder bild.

     

    ich schreibs gleich. ich kann es mir nicht vorstellen - aber die hoffnung gebe ich nicht auf, dass es in d doch noch solchen journalismus gibt oder wieder geben wird.

  • HK
    Hans-Jürgen Kapust

    Als "Freitag"-Community-Mitglied stiess ich heute beim e-blättern auf einen mir schon seit Juli 2011 bekannten Artikel von Daniela Dahn in den "Blättern für d.und i. Politik", Titel "Störfaktor Gaddafi".

     

    Dazu aber jetzt mit diesen einleitenden Zeilen:

     

    "Die Wochenzeitung "Der Freitag" hat sich von ihren langjährigen Herausgebern getrennt. Im Mittelpunkt der Diskussion um die zukünftige Ausrichtung der Zeitung stand dabei auch der folgende Artikel der ehemaligen Mitherausgeberin Daniela Dahn. Nachdem "Der Freitag" den Abdruck dieses Textes abgelehnt hatte, erschien er im vergangenen Juli in den "Blättern für deutsche und internationale Politik".

     

    Hintergrundinformation? Freitag? Fehlanzeige, auch wenn, was mir nach wie vor gefällt, das Livestream-Fenster zu dtcp.tv herausragend in der online-Zeitungslandschaft ist.

  • YL
    Yo La Tengo

    Jeder der mal mit Herrn J.A. zu tun hatte wird sich über dieses Vorgehen kaum wundern. Haltung, Mut und Persönlichkeiten wie Daniela Dahn störten nur in dieser kleinen One-Man-Show.

     

    Traurig.

  • C
    CHY

    @ Ressortleiter Kultur des FREITAG:

    "...hat G. Gaus nicht auch das gelernt, sich mit wirklich keinem gemein zu machen?", schreiben Sie.

    Wen interresiert (hier), was Gaus gelernt hat?

    Oder meinten Sie "gelehrt"?

    Und war dies nicht H.-J. Friedrichs?

    Abgesehen davon, halte ich diese These für diskussionswürdig: Im Deutschen gibt es aus gutem Grunde neben "unparteiisch" auch "unparteilich".

    Niemand, auch kein Ressortleiter Kultur, schreibt voraussetzungslos, hat im Kopf eine "tabula rasa"; mit irgendetwas macht er sich immer gemein, und sei es der journalistische Mainstream.

    Wer das Gegenteil behauptet, macht seinen Lesern - und wahrscheinlich auch sich selbst - etwas vor.

  • AB
    Anja Baumhoff

    Bei den LeserInnen-Kommentaren hier in der taz fällt mir auf, dass sich eine ganze Reihe von Leuten gegen Augstein persönlich wenden. U.a. findet man ihn zu exponiert. Mich erinnert das an Götz Alys Thesen, dass die Deutschen "Gemeinschaft" wollen. Keiner soll einen Kopf größer sein als der Nachbar, keiner herausragen aus der Gemeinschaft, sonst könnte er ja einen Schatten werfen. Bescheidenheit, Understatement werden dagegen bevorzugut - und, natürlich, Tiefsinn.

     

    Augstein dagegen ragt raus, macht sich bemerkbar. Er verleiht dem Freitag einen "Anker" - man kennt hier den Herausgeber, wie man bei der FAZ vielleicht an Schirrmacher denkt. Ich kann darin nichts negatives sehen. Das Freitag Team ist eine bunte Mischung aus Leuten deren Arbeit man abwertet, wenn man Augsteins Rolle überbetont.

     

    Ich mag den Freitag - und meinem Geschmack nach könnte er noch bunter sein und noch stärker einen Kontrapunkt zur hiesigen Medienlandschaft setzten und alles noch mehr aufmischen. Aber gerade auch mit der Kooperation mit dem Guardian ist man auf einem guten Weg!

  • BO
    B. Oehler

    Weil ich eine linke deutschsprachige Wochenzeitung lesen will, habe ich die woz (www.woz.ch) abonniert. Der Freitag ist eine deutschsprachige Wochenzeitung.

  • AW
    Al Wiss

    Seit rund 15 Jahren lese ich den Freitag, und vielleicht werde ich auch noch ein Weilchen dabei bleiben. Die Zeitung entwickelt sich, und das begrüße ich. Der Freitag lässt mittlerweile mehr Heterogenität in der LeserInnenschaft zu (eine an sich erfreuliche Entwicklung, wenngleich für mich der Kulturteil auf der Suche nach einem Platz in dieser Entwicklung bislang noch nicht den roten Faden gefunden hat, den ich als Qualitätsgewinn anerkennen könnte, und es mir immer häufiger passiert, dass ich den FREITAG nicht mehr als Alternative denn als Interpretation der ZEIT wahrnehme).

     

    Ich habe mich darüber gefreut, dass nach dem Relaunch der Freitag zu einem Medium wurde, das sich an einem Modell probiert, wie eine moderne Zeitung aussehen und überleben kann. Die Kopplung eines klassischen Zeitungsformats mit anderen, interaktiven Formaten finde ich gelungen, hoffe aber auch auf weiteren Ausbau. Freitag-LeserInnen zu Freitag-MacherInnen werden zu lassen, ist für mich jedenfalls erstmal eine gute Idee.

    Aber wie korrespondiert das mit dieser Augstein-Figur? Ich habe nichts dagegen, wenn sich ein reicher Erbe seine Spielwiese schafft. Aber was hat das mit dem basisdemokratischen Anstrich zu tun, den sich der Freitag im Auftritt zu geben versucht? Und muss ich wirklich die streckenweise unerträglichen Auslassungen des Herausgebers, die in ihrer Qualität in nichts mit den Hochkarätern im Heftinneren korrespondieren, auf der ersten Seite lesen?

     

    Ich habe zu wenig Einsicht in die Strukturen des Freitags, bekomme jedoch zunehmend das Gefühl, dass Hr. Augstein strukturell eine Linie reinbringt, die nicht zu dem Projekt passt und es damit unglaubwürdig macht.

  • EP
    Emil Peisker

    Jakob Augstein hat wahrscheinlich mit seiner Kolumne im Spiegel mehr Leser, als mit Beiträgen im Freitag.

     

    Eine Wochenzeitung kann natürlich nie so aktuell berichten, wie eine Tageszeitung, daher ist die Kunst, das Relevante einer abgelaufenen Woche zu erkennen und zu beleuchten, ganz entscheidend.

     

    Da liegt der Freitag oft gut im Rennen, aber wenn nicht, sind die restlichen Beiträge oft nur Feuilletonverschnitt.

     

    Auch ich sehe es als wichtig an, dass mehr auf generelle politische und wirtschaftliche Kernfragen eingegangen wird, und dazu gehört natürlich auch die kritische Reflektion.

     

    Die taz hat ähnliche Probleme. Als linke Postille von den Konservativen verschrien, und von den "wahren" Linken als zu liberal eingestuft, ist auch bei der taz die Frage der Auflage und der Anzeigenerlöse ein Knackpunkt der Existenzfrage.

     

    Hier dem Freitag Vorhaltungen zu machen, ist wirklich mit Felsbrocken aus dem Glashaus werfen.

     

    Das Ziel, die Zeit und den Spiegel als Sprachrohr der Linksliberalen abzulösen, ist eines, das Jakob Augstein mit dem jetzigen Konzept nicht erreichen kann. Die taz allerdings ebenso nicht.

     

    Wer nur nach den hehren Idealen des Gesinnungsjournalismus strebt, muss sich zwangsläufig nach der Decke seiner Zielgruppe strecken. Und das endet dann immer bei dem Schema einer Parteizeitung.

     

    Hier sollte Augstein die Farben der Gesellschaft als Herausforderung sehen und auch bewusst Meinungen außerhalb seines eigenen politischen Spektrums einbinden.

     

    Das schafft Aufruhr und Bewegung, und das ist das, was eine lebendige Zeitung ausstrahlen sollte.

  • H
    Heine

    3 Fragen an Frau Dahn

     

     

    1) Waren Sie so etwas wie eine Frühstückeditorin?

     

    2) Sie setzen voraus, "der freitag" war ein Qualitätswochenblatt. Können Sie das belegen? Oder soll´s beim Mythos bleiben?

     

    3) Wie bewerten Sie nach nochmaliger (selbst)kritischer Lektüre Ihre hätte, würde etc. politisch?

     

     

    Mit freundlichem Gruß

     

    Heine

  • AB
    Anja Baumhoff

    Daniela Dahn schreibt: "Geschichten aus der akademischen und produzierenden Arbeitswelt" möchte sie im Freitag lesen. "Geschichten vom Überleben, die erzählen, wie die Wirtschaft in den Alltag ganz normaler Leute funkt."

     

    Diese Themen interessieren doch heute keinen Menschen mehr! Wieviele leidende Arbeiter findet man noch am Fließband - bei VW etwa? Und lesen die etwa den Freitag?

     

    Augstein hat eine Nase für Trends. Seine Modernisierung des Freitag überzeugt - nur eben nicht seine alten Leser. Dafür hat die Zeitung neue gewonnen. Ich halte die Kritik für Generationen Problem und meiner Ansicht nach ist der reformierte "Augstein-Freitag" bunter und interessanter als der alte!

  • BL
    Bürger Lars ist kein Journalist

    Der freitag steht noch für "etwas" und dieses "etwas" ist sicher nicht die Beliebigkeit. Der Anspruch einen Teil der SPIEGEL und der DIE ZEIT Leserschaft einzunehmen oder abzuholen ist sicher das richtige Ziel. Wenn Herausgeber einer Zeitung aber nur noch ein Amt innehaben, keine Impulse mehr für ihr Blatt geben und sich nur noch in ellenlangen emails mit dem Verleger austauschen und dadurch "eingespart" werden können, dann werden diese Stellen zu Recht ersatzlos gestrichen.

     

    Dass es ohne Herausgeber geht, beweist ja die taz täglich und seit vielen Jahren. Die FAZ, DER SPIEGEL und DIE ZEIT setzen auf das Modell Herausgeber. Herausgeber kann auch eine Absahnebene werden.

     

    Ja für mich ein Grund mein DIE ZEIT Abo nun endlich zu kündigen und endlich den freitag zu beziehen.

     

    Bravo Jakob Augstein.

  • KK
    Klaus Kosiek

    Als Abonnent des FREITAG habe ich nie bemerkt, dass die Herausgeber irgendeine Bedeutung für die Zeitung hatten. Ihre Abwesenheit wird auf den FREITAG und seine Entwicklung keinen Einfluss haben.

  • MN
    Mein Name

    Statt eine eigene Zeitung zu schaffen, hat er eine aufgekauft und zerstört. Die Profiländerung nach der Übernahme war deutlich.

     

    Den FREITAG erhielt ich damals, als die Weltbühne eingestellt wurde und mein Abo in eins vom FREITAG umgewandelt wurde. Damals wars okay. Aber heute gibt es zum Glück noch den Ossietzky - wo Frau Dahn ja auch mitmacht.

     

    Vom FREITAG braucht man nicht mehr zu reden. Dafür ist er viel zu sehr das Print-Blog seines Verlegers.

  • A
    Annette

    @tazmats: Sie haben leider recht mit Ihrer Aussage zur Recherche. Aber nicht deswegen, weil die Journalisten zu faul wären, sondern weil eine gute und intensivere Recherche manchmal auch etwas länger dauert und keines der großen Verlagshäuser oder Sendeanstalten das mehr bezahlen will. Die kleinen Zeitungen können es sich nicht leisten. Und ob der Freitag nun überlebt oder nicht,das ist mir persönlich schnuppe.

  • J
    J...

    Den Freitag hatte ich über viele Jahre abonniert. Auch schon vor dem Augsteinschen Relaunch, als das Layout noch Understatement ausstrahlte und mit dem Inhalt korrespondierte. Dann kamen die ersten ganzseitigen Werbeanzeigen, zuerst für ein Taschenmesser, später für die Springerpresse. Man muss sich ja finanzieren. Allerdings setzte dann ein schleichende Entwicklung von Belanglosigkeit ein, der Kulturteil wurde immer mehr zur ödesten Plattform selbstreferentieller zur Schau gestellter Intellektualität ohne Tiefe und Bedeutung. Die Beiträge von Augstein auf der Titelseite strotzen zwar von demonstrativer Bürgerlichkeit, mit Zitaten großer Denker in jedem zweiten Satz, sie blieben aber flach und ohne Aussage. Das galt mehr und mehr für den Rest der Zeitung. Lichtblicke blieben die gelegentlichen Beiträge von Daniela Dahn, von Friedrich Schorlemmer oder von exzellenten Journalisten wie Tom Strohschneider. Da hätte der Freitag großes Potential, nutzt es aber nicht (mehr). Vor einigen Wochen habe ich das Abo schließlich gekündigt. Es lohnte sich nicht mehr, für das gelangweilte Durchblättern dieser Zeitung Geld zu bezahlen. Nach diesem Interview kann ich meinen subjektiven Eindruck immerhin unterfüttern.

  • Y
    yberg

    det problem licht doch darin,daß ein mitbesitzender schornalist beim spiegel,wie n unternehmer mitlaufen und mitunter auch schreiben muß,um der klientel anzeigenkunden zu gefallen.die hamn alle noch reste in der buchse,als vor kurzem die jahresprämie in die grütze fiel,weil krise war.

     

    nu is bei zeit keener beteiligt,aber auch da wollen die anzeigenkunden mediales wohlwollen erfahren und bestrafen den verleger,wenns keens jibt mit anzeigenentzug.

     

    dies is doch der grund jewesen,daß die ihre blätter mit neoliberalem kram gefüllt haben und auch heute noch dem schotter hinterherschreiben.

     

    nu seh ich ja als leser der taz un des freitags,daß da anzeigenmäßig wüste is ,un denk mir,daß ich dafür zum einen bei denen keine dinge einforder,die ich bei spiegel oder zeit niemals erwarten würde oder ne moralische,weltanschauliche oder sonstwie ne jeisteshaltung vorraussetzen würde,die meiner erwartung entspricht.

     

    ich erwarte anregung und information und bezahl dafür.

     

    bei spiegel und zeit dagegen bin ich verspäteter gelegenheitsleser und internetkucker,weil die mit- absahnende liz mohn mir mit ihrer unsäglich verlogenen geschäfts- und gesellschaftspolitik aufn keks geht.

     

    wenn ich die welt verändern wollte ,hätt ich keene zeit zum zeitunglesen sach ich mir immer...

     

    und wenn der augstein ab und zu im fernsehen hockt, merk ich immer wieder mit freude,daß der sich ne eigene meinung leisten kann und auch ahnung hat,was mir sein blättchen in dem moment gefälliger macht.

  • MA
    Michael Angele

    Liebe Frau Dahn

    ich spreche hier als Ressortleiter Kultur des FREITAG und nicht als Sprachrohr von Herrn Augstein. Als solcher möchte ich ihre Äusserungen doch etwas relativieren und differenzieren (hat G. Gaus nicht auch das gelernt, sich mit wirklich keinem gemein zu machen?) Sie schreiben: "Herausgeber, die meinen, ihren Senf auch noch dazugeben zu müssen, seien ein Störfaktor."

     

    Dazu folgende Anmerkungen:

     

    - Ich habe Herrn Schorlemmer einmal in einem Brief (!) um eine Rezension eines Buches über den tragischen Fall des Pfarrers Brüsewitz angefragt. Freundlichst und untertänigst, weil ich dachte, das könnte ihn interessieren. Ich habe noch nicht einmal eine Antwort bekommen.

     

    - Herr Dalos wurde von mir als erster angefragt, in einer kleinen Intellektuellen-Debatte auf einen streitbaren Text von Hans-Ulrich Gumbrecht die Replik zu schreiben - keine Antwort.

     

    - In Ungarn geht es bekanntlich drunter und drüber. Herr Dalos wurde angefragt, ob er dazu nichts schreiben will. Keine Zeit. Aber große Interviews anderswo geben, das ging dann.

     

    Also bitte. Sie waren die einzige unter den Vieren, die für mich überhaupt ein Engagement erkennen ließen.

    Freundliche Grüße

    Michael Angele

  • IL
    inhaltlich langweiliger FREITAG

    Dass die Gesellschaft offenbar von immer mehr Menschen mit schlichtem Denken und ebensolchem Handeln traktiert wird, findet auch mein aufrichtiges Bedauern.

     

    So lange sich jedoch Redakteur/innen und Freie vom FREITAG zu schade sind, die alt gedienten Herausgeber und die ebensolche Herausgeberin (Daniela Dahn) um Zusammenarbeit zu ersuchen, so lange kann Augsetein den Diktator raushängen lassen und regelmäßig dem inzwischen zum Blättle mutierten) FREITAG seine Schlichtheit aufdrücken.

    Leute, beim jährlichen Treffen der JournalistInnen beim Journalistentag von ver.di kann die Schlichtheit von ver.di-Journalisten-Lobbyisten (die Büorhengste von ver.di) und die in ver.di organisierten JournalistInnen beäugt werden.

    Das Niveau der Referentenbeiträge wurde mit den Jahren ebenfalls, vom Inhalte her, immer schlichter und manchmal fragte ich mich schon, ob aus ver.di die Politik hinaus gedrängt werde.

    Ein Ergebnis unpolitischen Allwetter-Journalismu' ist nun auch das Geschreibe im FREITAG.

  • WS
    Was soll daran falsch sein?

    Der Freitag wurde und wird in der Medienlandschaft nicht gehört und von einem verschwindend kleinen Grüppchen gelesen. Ist das gut? Soll das weiter so bleiben?

     

    Nein, also muss sich daran etwas ändern. Ganz sicher verbessert man die Stellung und die Beachtung des Freitag nicht dadurch, dass man einfach sagt "nichts ändern und weiter so", also irgendwas muss da passieren.

     

    Was bringen denn 20 hochgeistige Text in jeder Ausgabe, die kein Schwein liest? Das kann doch auch für die Autoren nicht befriedigend sein, wenn ihre Texte von 25 Leuten gelesen werden, statt von 25.000!

     

    Also mir ist da ein Freitag lieber, der von vielen Menschen gelesen wird und dann nur noch 5 hochgeistige Texte enthält und eben auch "weniger intellektuelles" wie eine Filmkritik eines aktuellen Blockbusters. Was ist denn bitteschön falsch daran, nicht nur staubige und schwere Kost zu drucken, sondern auch etwas das Spaß macht und viele Menschen interessiert.

     

    Wenn der Freitag auch von "normalen Durschnittsmenschen" gelesen wird und diese in einer Ausgabe auch nur einen einzigen hochwertigen Artikel (praktisch nebenbei) lesen ist für die Mehrheit viel mehr gewonnen, als wenn das Blatt nur aus vergeisterten Artikel über tschechische Schriftstellern labert und von ebenso vergeistigen Lebensfremden Pseudointellektuellen gelesen wird.

  • W
    Wilsnack

    Mit der Veröffentlichung dieses Interviews hat die taz dazu beigetragen, dass der "Freitag" demnächst überflüssig ist.

     

    Und das völlig zu Recht!

     

    Eine Zeitung, die nur noch eine One-Man-Show ist, braucht's aus meiner Sicht ganz bestimmt nicht. Das so etwas ganz deutlich auf Kosten der Meinungspluralität geht, ist nicht wegzuleugnen.

     

    Schade, sehr, sehr schade um dieses ursprünglich sehr vielversprechende Projekt.

  • K
    Kommentator

    Vielen Dank, Frau Dahn,

    für die Erklärung, warum der Freitag schon lange so unlesbar geworden ist.

     

    Viel Unterhaltungs-Tam-Tam über Promis, Musik und anderen Lifestyle-Kram, aber kaum mehr Gegeninformation.

     

    Das Sterben kritischer Zeitungen ist nur ein Indikator für das Verschwinden kritischer Menschen.

  • J
    Jared

    Rudolf Augstein hat ein links-liberales Blatt gegründet und groß gemacht, das bekannt war für gute Recherche und mutiges Aufdecken von Skandalen.

     

    Sein Sohn hat mit dem vom Vater ererbten Anteil ein gutes, mutiges und engagiertes Blatt gekauft und es in ein müdes, unkritisches und langweiliges "Meinungs-Medium" verwandelt.

     

    Lasst uns endlich die 100%-Erbschaftssteuer einführen!

  • T
    tazmats

    Der Freitag ist keine Zeitung, sondern ein ideologisches Sprachrohr von Augstein junior. Und linksliberal ist was anderes. Um linksliberal sein zu können, müsste man erst einmal Ahnung von Wirtschaft und Gesellschaft haben. Beides fehlt Augstein. Und um den Platz von Zeit und Spiegel einzunehmen, müsste man erstmal eigenständige gute Recherche betreiben. Dazu hat heute aber kein Journalist mehr Lust. Heute gibt es doch fast nur noch Internet-Recherche, also copy-and-paste-Journalismus.