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Interview mit Peter Wahl"Steuer muss nicht global sein"

Eine globale Vereinbarung für eine internationale Transaktionssteuer hält Attac-Mitbegründer Peter Wahl derzeit für unrealistisch. Die EU sollte allein Regeln erlassen.

Peter Wahl war lange Jahre im attac-Koordinierungskreis. Bild: dpa
Felix Lee
Interview von Felix Lee

taz: Herr Wahl, SPD-Finanzminister Peer Steinbrück befürwortet eine Steuer auf alle finanziellen Transaktionen - das Gründungsanliegen von Attac. Kann sich Attac nun auflösen?

Peter Wahl: Schön wärs. Aber bisher haben wir nur Ankündigungen, und zwar unter Bedingungen des Wahlkampfes.

Also ist alles bloß Wahlkampfgeplänkel?

Nicht alles. Steinbrücks Vorstoß fügt sich durchaus ein in die Entwicklung, die wir seit einem Jahr beobachten. Alle Politiker reden jetzt von sozialer Gerechtigkeit und Bankenregulierung. Die diskursive Hegemonie des Neoliberalismus ist gebrochen. Und trotzdem ist das nur die halbe Miete. Was zählt, sind Taten.

Und da macht Steinbrück zugleich deutlich, wie schwierig es ist, eine internationale Steuer global durchzusetzen.

Ich rate ihm, sich die Studien über die Frage anzusehen, ob diese Steuer tatsächlich nur geht, wenn die ganze Welt zustimmt. Dann würde er feststellen, dass es durchaus Möglichkeiten unterhalb globaler Vereinbarungen gibt. Ein großer Währungsraum wie die Eurozone würde genügen, um eine solche Steuer wasserdicht zu implementieren.

Dann ist es vergebliche Mühe, wenn Steinbrück das Thema auf den anstehenden G-20-Verhandlungen in Pittsburgh auf den Tisch bringt?

Natürlich ist es sinnvoll, das Thema bei den G 20 zu verhandeln. Zugleich sollte er aber darauf hinweisen, dass auch unilaterale Instrumente vorhanden sind, wenn es zu keiner internationalen Vereinbarung kommt. Wenn Deutschland und Frankreich sich einig sind, würde der gesamte Euroraum mitziehen. Und da der Euro neben Dollar und Yen die bedeutendste Währung ist, wäre das ein Durchbruch.

Und halten Sie eine Einigung auf europäischer Ebene für realistisch?

Die früheren Präsidenten Mitterrand und Chirac waren bereits Befürworter einer Tobin-Steuer. Und deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass Frankreich mitmacht. Ich befürchte nur, dass der Hinweis, diese Steuer zeige nur Wirkung, wenn sie international gilt, von vornherein von Steinbrück als Ausrede genutzt wird.

Hätte er denn die notwendige Unterstützung auch von der Kanzlerin?

Einen Tag nachdem Steinbrück diesen Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, hat sich Angela Merkel ihm angeschlossen. Auch das ist natürlich schön. Aber auch da vermute ich Wahlkampfgerede. Hinter ihrer Äußerung steckt ja kein durchdachtes Konzept, sondern bloß eine spontane Reaktion. Klar ist: Unter Schwarz-Gelb wird dieser Vorschlag nicht weiter verfolgt.

Und unter Schwarz-Rot?

Unter einer großen Koalition kann ich mir schon vorstellen, dass dies international weiter betrieben wird.

Sie müssen zugeben: Seit Steinbrücks Vorschlag vergangene Woche kursiert, ist Attac dennoch nicht in aller Munde. Verschläft Attac eine Chance?

Ich finde in der Tat, dass Attac viel stärker vorpreschen müsste und sich nicht bloß mit einer Pressemitteilung begnügen darf. Attac muss seine Expertise bündeln und sollte zudem all jene stärken, die diese Steuer wollen. Wenn sie schon mal unsere Positionen teilen, spricht doch überhaupt nichts dagegen, auch mal Frau Merkel oder Herrn Steinbrück öffentlichkeitswirksam die Mitgliedschaft anzubieten - wenigstens zum Spaß.

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