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Interview mit Mossad-Chef Zvi Samir„Golda, keiner von ihnen lebt“

Vor vierzig Jahren flog Mossad-Chef Zvi Samir nach München: Israelische Sportler waren während der Olympischen Spiele entführt worden.

Misslungen: ein ausgebrannter Helikopter des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck, alle Geiseln tot Bild: dapd

München 1972: Die palästinensische Terrororganisation „Schwarzer September“ hatte während der Olympischen Sommerspiele elf Athleten der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen – zwei von ihnen wurden bereits bei der Geiselnahme ermordet.

Zvir Samir, seinerzeit Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad wurde daraufhin von seiner Ministerpräsidentin Golda Meir einbestellt: „Ich war der Einzige, der die Anlage des Olympiadorfs in München kannte. Sie war wie ein Bienenstock, schwierig für eine Befreiungsoperation. Und es war überhaupt nicht klar, ob die Deutschen uns zum Einsatz kommen lassen würden. Aus Deutschland kam die Nachricht, dass man dort alles versuchen würde, die Sportler zu befreien“, eklärt Zvi Samir im sonntaz-Gespräch.

Er flog nach Deutschland – und konnte doch nichts für seine Landsleute tun. Beim Befreiungsversuch durch deutsche Behörden auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck starben alle verbleibenden neun Geiseln.

Zvi Samir erinnert sich: „Keiner hat sie verhaftet. Keiner hat geschossen. An der Stelle gab es keine Scheinwerfer. Das war unfassbar. Warum hatten sie für die Scharfschützen keine Scheinwerfer aufgebaut, damit sie sehen können, wohin sie schießen!? Man konnte nichts sehen! Es war nichts vorbereitet. Wir saßen dort und durften uns nicht einmischen. Das war mir so fremd. Ich verstehe die deutsche Verfassung. Aber hier reden wir über Menschenleben. Ist das nicht wichtiger?“

Bild: taz

Das ganze Gespräch mit Zvi Samir und viele andere spannende Texte lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 4./5. August 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Erst bei bei nachfolgenden israelischen Vergeltungsaktionen in den Jahren nach 1972 wurden mehrere direkt und indirekt an dem Anschlag Beteiligte getötet. Im sonntaz-Gespräch erklärt der seinerzeit verantwortliche Mossad-Chef Zvi Samir die näheren Umstände dieser Vergeltungsmaßnahmen: „Golda Meir war nicht glücklich darüber, dass wir zu Dingen gezwungen wurden, die Kulturstaaten nicht tun. Ihr gefiel das überhaupt nicht. Ich habe sie nicht mehr einbezogen. Mir war klar, dass sich die Terroristen frei in Europa bewegen und dass keine Regierung etwas dagegen unternimmt. Die europäischen Behörden wollten bei diesem Krieg zwischen Israel und den Arabern nicht mitmachen. Ich wusste, was ich zu tun hatte.“

Im ganzen sonntaz-Gespräch spricht Zvi Samir außerdem über sein schwieriges Verhältnis zu Deutschland und die Bedeutung von Menschenleben. Zu lesen ist es in der aktuellen Wochenendausgabe der taz vom 4./5. August – an jedem gutsortierten Kiosk, im eKiosk oder per Wochenendabo direkt in Ihrem Briefkasten.

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7 Kommentare

 / 
  • KK
    Karl K

    @08.08.2012 13:26 UHR

    von best of:

     

    @von bull:

    Und was sollen die tausenden getöteten Palästinenser sagen?

     

    Wie ich damals das Attentat über die Erschütterung hinaus eingeschâtzt habe?

    Keine Ahnung. Wer hatte nicht die - im nachhinein - Propagandaromane der 1948er gelesen. Und - an der Wiege zu Israel stand Hitler ( Carlo Schmitt).

    Ja - und die Juden in Tel Aviv hatten nicht die Bohne Lust, sich mit ihren arabischen Nachbarn, Freunden, Geschäftsfreunden etc anzulegen, gar gegen sie mit Waffen zu kämpfen.

     

    Die erst später so genannten Holokaust-Juden galten nichts.

    Die in allen Armeen der Welt perfekt ausgebildeten, kampferprobten jüdischen/israelischen Soldaten waren wider alle Propaganda ihren Nachbarn durchweg überlegen. Bewaffnung und kurze Wege kamen vorteilhaft hinzu.

     

    Darf/soll man solchenfalls als 3000jahre Abwesender/Neuling auf die militärische Karte setzen? Daß ohnehin Streit vorprogrammiert ist zwischen Nomaden und Bauern ist allen beteiligten Völkern - so auch im Alten Testament - mehr als geläufig.

     

    Ein UNO -beabsichtigtes Miteinander der Völker wurde und wird bisher von den beiden

    maßgeblichen Parteien Israels systematisch hintertrieben.

    Die Beispiele sind Legion.

    Was nicht enthebt, wahrzunehmen, daß die arabischen Nachbarn der Palästinenser sich für diese kein Bein ausreißen.

     

    Das Artentat. - Mit der RAF hatte ich nie was am Hut.

    Will aber nicht verhehlen, daß mir Kommandounternehmen immer einen gewissen Respekt abnötigen.

    Beklagenswert sind Täter wie Opfer, weil sie in einem scheinbar unlösbaren Konflikt agieren und/oder vernichtet werden.

     

    Die Münchner Tat war für mich mit Heinemann wegen der Opfer, des Ortes, der Umstände dennoch " ruchlos".

    Das entwertet den Tod der angezogenen tausenden Palästinenser in keiner Weise.

     

    Wie beispielsweise bei den algerischen Freiheitskämpfern, die es ironischerweise ja ausgerechnet mit den Profis der Résistance zu tun bekamen, so auch die Attentäter von München: sie handeln - bei allem ideologischen Rückbezug - auf eigene Rechnung, eigenes Risiko.

     

    An niemandem ist das deutlicher geworden als an Georg Elser.

    Jutta Limbach hat dazu zwar erhellendes geschrieben.

    Tatsache bleibt aber, daß ein erfolgreicher Georg Elser als Mörder verurteilt worden wäre.

    Einmal 'Anmerkungen zu Hitler' von Sebastian Haffner lesen und klar ist auch in der Sache - warum.

    Und unsere Justiz? hätte sie anders gehandelt? ich glaube nicht.

    Das ' Glück' eines Menachim Begin - in der UN zu recht als Terrorist geoutet zu werden - als israelischer Ministerpräsident hatte Georg Elser nicht. Alekos Panagoulis auch nicht.

     

    Da bleibt dem einzelnen nur Henry Thourau:

    Es gibt Zeiten, da ist ehrenvoller im Gefängnis zu sitzen.

  • BO
    best of

    @ bullshit:

     

    Na was sollen sie schon sagen wenn sie tot sind? Welch unterirdische Logik in Ihrer Fragestellung.

     

    Aber es heißt in deren Propaganda ja immer, sie lieben den Tod mehr als das Leben, wo ist also das Problem?

     

    Außerdem haben sie nun endlich die heißersehnten 27 Weintrauben... mehr geht ja wohl nicht, oder?

  • B
    bull

    Und was sollen die tausenden getöteten Palästinenser sagen?

  • KK
    Karl K

    Sorry. 2.0

     

    Danke für dieses beeindruckende Interview!

    Susanne Knaul: Schock und Faszination.

    Nunja - elf Jahre; das ist ok..

     

    Aber unvergessen - als der Regierungssprecher (Steffen Seibert mal zuhören)

    Conny Ahlers, ehemaliger Spiegelmann und Fallschirmjäger ( wie Gieseler vom DSB),

    vor der Kamera Contenance zu bewahren suchte und von einer einwandfrei durchgeführten militärischen Aktion sprach, um dann fortzufahren:

    alle Geiseln sind tot.

     

    Und - der greifbare Schauder als Gustav Heinemann - der Präsident dieser Republik - sein " eine ruchlose Tat " in das Olympiarund sprach - und der tonlose Nachhall.

  • KK
    Karl K

    Danke für dieses beeindruckende Interview!

    Susanne Kaul: Schock und Faszination.

    Nunja - elf Jahre; das ist ok..

     

    Aber unvergessen - als der Regierungssprecher (Steffen Seibert mal zuhören)

    Conny Ahlers, ehemaliger Spiegelmann und Falschirmspringer( wie Gieseler vom DSB),

    vor der Kamera Contenance zu bewahren suchte und von einer einwandfrei durchgeführten militärischen Aktion sprach, um dann fortzufahren:

    alle Geiseln sind tot.

     

    Und - der greifbare Schauder als Gustav Heinemann - der Präsident dieser Republik - sein " eine ruchlose Tat " in das Olympiarund sprach - und der tonlose Nachhall.

  • BO
    best of

    Was muß man in Deutschland tun, um als schwer-krimineller Terrorist für Straftaten wie

    Entführung, Geiselnahme, Mord völlig unbehelligt und straffrei davonzukommen?:

     

    Man muß einfach nur die Bundesregierung erpressen!

    Und hoffen, daß die Deppen sich erpressen lassen:

     

    >>Die drei überlebenden Geiselnehmer wurden nie vor Gericht gestellt.

    Sie wurden wenige Wochen später gegen Passagiere und Besatzung der entführten Lufthansa-Maschine „Kiel“ ausgetauscht. In anderen Schriften äußert sich Voltaire positiv über das Judentum... Wie in diesem Punkt sind Voltaires Aussagen zum Judentum auch insgesamt von Paradoxien geprägt.

  • KM
    Kiriakos Madjaroglou

    haben sie ihn auch nach dem mord an ahmed bouchiki gefragt?