Interview mit Barbara Ostmeier (CDU): „Unser Asylrecht ist human“
Am Dienstag konstituiert sich der Kieler Landtag. Barbara Ostmeier erklärt, warum der Frauenanteil ihrer Fraktion so niedrig ist wie zuletzt vor 30 Jahren.
taz: Frau Ostmeier, fühlen Sie sich als Quotenfrau der CDU?
Barbara Ostmeier: Nein, überhaupt nicht. Ich will wegen meiner Leistung anerkannt werden – und nicht deshalb, weil ich vier Kinder habe und blond bin. Aber ich weiß natürlich, dass die geringe Frauenquote in der Politik mit Blick auf die Nord-CDU regelmäßig thematisiert wird.
Der Frauenanteil im Parlament liegt bei nur 30 Prozent. Ihre Fraktion besteht aus drei Frauen und 22 Männern. Woran liegt das?
Das ist nicht bewusst gesteuert. Manche Kolleginnen hatten Pech und sind in ihren Wahlkreisen knapp an der Direktwahl gescheitert. Und gute Listenplätze hatten leider keine Auswirkung, weil wir so viele Direktmandate geholt haben. So ist eben Demokratie. Trotzdem müssen wir uns natürlich der Frage stellen, wie wir inhaltlich für Frauen attraktiver werden und ob sich ein Einstieg in die Politik mit der Familie vereinbaren lässt.
Wie wollen Sie das machen?
Jedenfalls nicht so, wie es die SPD macht, die Frauen auf vermeintlich klassische Frauenfelder beordert: Familienpolitik, Bildung, Soziales. Manuela Schwesig, die Familienministerin, ist so ein typisches Beispiel.
Im schleswig-holsteinischen Landtag sitzen bei der SPD zehn Frauen und elf Männer.
Aber welche Positionen besetzten die denn? Frau Midyatli ist eben auch nur stellvertretende Vorsitzende von Herrn Stegner. An der Spitze bestimmen bei der SPD die Männer. Mehr am Thema vorbei geht nicht.
56, ist direkt gewählte Abgeordnete der CDU für den Wahlkreis Pinneberg-Elbmarschen im Landtag von Schleswig-Holstein.
Also doch quotieren?
Nein, die Eignung ist wichtig. Wir haben im Bund mit der Kanzlerin oder Ursula von der Leyen echte Führungspersönlichkeiten. So muss es gehen.
Wenig Frauen, dafür AfD. SPD-Landeschef Ralf Stegner will „mit denen“ keinen Kaffee trinken – wie halten Sie es?
Das ist Herr Stegners Weg, damit umzugehen. Ich habe diese Vorurteile und Beschränkungen nicht. Die AfD muss man respektieren und ihr professionell begegnen. Sie wird uns herausfordern, muss im Landtag aber Stellung beziehen, sich erklären. Ich bin gespannt, wie sie in der parlamentarischen Auseinandersetzung abschneidet.
AfD-Spitzenkandidat Jörg Nobis zählt zum Petry-Flügel. Er befürwortet eine Annäherung an CDU und FDP. Könnten Sie sich 2022 eine Zusammenarbeit vorstellen?
Ein Bündnis mit der AfD? Nein! Wir stehen vor Jamaika, alle anderen Fragen stellen sich für uns nicht.
Werden Sie „jamaikanische“ Justizministerin?
Das möchte ich gar nicht kommentieren. Ich gehöre in den Verhandlungen dem Kompetenzteam Justiz und Sport an, mehr nicht. Posten werden am Ende der Gespräche verteilt.
Den Job trauen Sie sich aber schon zu?
Mit dem größten Respekt, ja. Einen gravierenden Richtungsumschwung würde es mit mir aber nicht geben. Die Probleme der Justiz sind ja bekannt: Wir haben ein Defizit von etwa 20 Staatsanwälten. Die Belastungen – etwa wegen der zunehmenden Zahl von Asylverfahren – haben zugenommen. Die Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr ist auch eine große Herausforderung.
Der Polizei sind 500 neue Stellen bis 2023 versprochen worden. Welche Zahl schwebt Ihnen vor, um die Gerichte zu entlasten?
Dazu kann und will ich nichts sagen; ich halte mich an die gemeinsamen Regeln der Koalitionsverhandlungsgruppe. Die ist vom Wunsch nach einem Konsens beseelt, der im justizpolitischen Bereich auch gut möglich scheint.
In Nürnberg hat die Polizei unter großem Protest einen Schüler aus dem Unterricht geholt, um ihn nach Afghanistan abzuschieben. Sieht so rechtsstaatliches Handeln aus, wie es die CDU fordert?
Einzelfälle kommentiere und werte ich nicht. Emotional finde ich solche Entscheidungen auch sehr schwierig. Aber ein Richter darf Bauchgefühle nicht zum alleinigen Maßstab machen. Unser Asylrecht ist human, basiert auf dem Grundgesetz und dazu gehört immer auch die Beachtung der Menschenwürde.
Die Grünen, künftig wohl Ihr Koalitionspartner, rufen zu einer Demo am 10. Juni, 12 Uhr vorm Hauptbahnhof Kiel auf: „Bleiberecht für alle Afghaninnen und Afghanen! Für eine offene Gesellschaft!“ Laufen Sie mit?
Die Grünen und alle, die sich dafür einsetzen wollen, dürfen das gerne tun. Das ist ihr gutes Recht. Aber wir alle haben uns auch an geltendes Recht zu halten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl