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Internationaler Druck wird stärkerIsrael will Gaza-Blockade lockern

Die israelische Regierung will den Import von Waren in den Gazastreifen ermöglichen. Für die dortige Bevölkerung würde das wenig verändern.

Würden überflüssig werden: palästinensische Tunnelschmuggler. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Die Regierung in Jerusalem will das Embargo lockern und den Import von mehr Waren in den Gazastreifen ermöglichen. Die endgültige Entscheidung steht zwar noch aus. Doch es zeichnet sich ab, dass der Import künftig anhand von Warenlisten geregelt wird, deren Lieferungen Israel verbietet.

Bislang gab es umgekehrt Listen mit den Produkten, die im Gazastreifen erlaubt sind. Der Import von Zement soll auch in Zukunft nicht dazugehören. Ebenso wird die Seeblockade bestehen bleiben, denn man wolle keinen "iranischen Hafen" vor Israel, so Regierungschef Benjamin Netanjahu, der den Schmuggel von Waffen für die Hamas fürchtet.

Israel reagiert mit den Importerleichterungen auf den internationalen Druck nach dem Angriff der Marine auf einen Konvoi mit Hilfsgütern und dem Tod von neun Aktivisten Ende Mai. Ägypten öffnete bereits die Grenze in Rafah für den eingeschränkten Personenverkehr. Noch dürfen nur Palästinenser mit gültigem Visum für ein Drittland ausreisen und solche, die eine medizinische Behandlung brauchen.

Wie die liberale Tageszeitung Haaretz berichtet, wird der erneute Einsatz von EU-Grenzpolizisten und Beamten der Palästinensischen Autonomiebehörde am Übergang in Rafah erwogen. Der Nahost-Sonderbeauftragte der EU, Tony Blair, rechnet damit, dass die israelischen Blockadelockerungen schon in den kommenden Tagen umgesetzt werden. Die UNO drängt weiter auf den Import von Baumaterial, um die von ihr geförderten Aufbauprojekte umzusetzen.

Das Embargo besteht in seiner jetzigen Form seit Juni 2007, als die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen erkämpfte. Damals reduzierte Israel die Liste der genehmigten Produkte von 4.000 auf ganze 150 Nahrungsmittel und Medikamente. Parallel dazu sank der Umfang der gelieferten Waren auf unter ein Viertel. Die am Mittwoch vom Kabinett diskutierten Pläne orientieren sich vermutlich an der bis Juni 2007 gültigen Regelung für den Import.

Rund 95 Prozent der Fabriken, der kleinen und mittelständischen Produktionsbetriebe mussten in den letzten drei Jahren schließen, weil zum einen das Rohmaterial für die Herstellung fehlte, zum anderen der Absatzmarkt verschlossen blieb. Über Jahre verließ nicht ein einziger Lastwagen mit Exportgütern den Gazastreifen. Erst in den vergangenen Wochen durften sporadisch Erdbeeren und Blumen ausgeführt werden.

Die künftigen Importbedingungen verändern für die Bevölkerung wenig. Durch die Tunnel im südlichen Grenzbereich werden auf Bestellung Waren aus Ägypten eingeschmuggelt. Die Supermärkte in der Stadt sind schon heute gut bestückt. Problematisch ist allerdings der hohe Aufpreis. Die Schmuggler verlangen eine "Tunnel-Steuer" und verkaufen die Ware für rund 30 Prozent teurer, als die von Israel gelieferten Produkte.

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13 Kommentare

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  • M
    Moritz

    Die Mehrheit der heutigen Israelis hat keine Holocaust-Geschichte. Israel hat die stärkste Wirtschaft im Nahen Osten, die modernste Armee im Nahen Osten, zwei Supermächte als Verbündete (USA, EU)und die niedrigste Analphabetenrate. Trotzdem verhält sich Israel wie ein jähzorniges Kind. Wenn hier jemand angst um sein Überleben haben muss, dann die Palästinenser.

  • M
    Mein_Name

    "mit den selbstgebastelten Blechraketen vergleicht, die meistens nur im Acker landen."

     

    Also nur weil die Waffen nicht so enffektiv sind darf man damit die Zivilbevölkerung des Nachbarn terrorisieren?? Steine sind auch harmloser als Knarren. Lt deiner Logik ist es also kein Problem die auf die Polizei zu werfen. Meist laden die ehe daneben. Frag mich echt warum die Bullen hier zu Lande so ein Aufstand machen...is doch alles kein Problem... ;)

     

     

    "Auf einen toten Israeli kommen etwa 10 tote Palästinenser, da fragt man sich doch, wer der größere Agressor ist."

     

    Ohhha anhand der Verlustzahlen kannst du sehen wer der Agressor ist!? Wie machst du das denn?

    Nehmen wir an ich werde in der Staßenbahn von 3 Leuten überfallen. Ich schaffe es jedoch mit den 3 Angreifern fertig zu werden und ihnen ein blaues Auge zu verpassen. Laut deiner Logik bin ich jetzt der Agressor, weil die Gegenseite ja mehr Opfer hat. Haha der is gut den merk ich mir...

  • M
    Mal

    @Vantast: Gratulation, ihr Name ist zu recht gewählt.

    Mit der Realität hat ihr hanebüchenes Gefasel jedenfalls nichts zu tun.

  • M
    Mein_Name

    "Wenn Sie meinen die antisemitismus Karte ziehen zu können um Ihren Standpunkt zu verdeutlichen und zu untermauern kann ich nur sagen das sie dies bei den Tätern geltend machen und vorwerfen können - den Deutschen - und nicht uns Türken, denn wir sind Ihnen weder Rechenschaft schuldig noch haben wir uns eine Erbschuld aufgetragen oder sonst was!"

     

    Der größte Schwachsinn überhaupt! Respekt du überbietetst sogar "which.occupation?"...

    Also wer keinen Holocaust begangen hat kann kein Antisemit sein? Also gab es Antisemitismus vor und nach dem Holocaust auch nicht und Antisemitismus ist gleich Holocaust?

    Gott/ Allah/ what ever lass Hirn regnen.

     

     

    "Daher berührt mich/uns der Antisemitismus Vorwurf überhaupt nicht!"

     

    Die meisten von "euch" machen aus ihrer antisemitischen Einstellung ja auch keinen Hehl. *zwinker*

  • V
    vantast

    Wahrscheinlich ist nun auch Vollmilchschokolade erlaubt. Dieser künstliche autistische Militärstaat verhält sich ähnlich albern wie früher die DDR-Machthaber, sie lebten lieber eingemauert und schwerbewaffnet, als sich als ein Teil der Weltgemeinschaft zu fühlen.

    Ist schon absurd, wenn man den gewaltigen israelischen Import modernster Waffen mit den selbstgebastelten Blechraketen vergleicht, die meistens nur im Acker landen. Auf einen toten Israeli kommen etwa 10 tote Palästinenser, da fragt man sich doch, wer der größere Agressor ist.

  • M
    Mal

    Wie jetzt? Die gelockerten Importbedingingungen verändern wenig? Ich denke, das ist so eine absolut grauenhaft unmenschliche Blockade, das die Menschen in Gaza dahinsiechen und ihre verdorrten Kadaver durch den Staub ziehen, die toten Kinder im Arm?

     

    Aber ist ja auch ein "Apartheidsregime", in dem der stellvertretende Sprecher der Knesset Araber ist. Und seinen Doktortitel an der hebräischen Universität gemacht hat. Was für eine grauenhafte Blockade, was für eine gräßliche Apartheid!

     

    Die Kurden würden was drum geben, würde die Türkei sie so grauenhaft "unterdrücken", wie die Israelis die Araber und Palästinenser.

  • A
    andrete

    Mir als Betrachter von außen erschließt sich der Sinn

    dieser Blockade nicht so richtig. Sinn im Sinne von

    Verbesserung der Situation.

    Die überwiegend einfache Bevölkerung hat dadurch nur Probleme und besseres zu tun, als gegen die Hamas

    zu protestieren. Diese wurde demokratisch gewählt.

     

    Die Hamas holt sich das, was sie benötigt, über den Schmuggel und verdient daran gut. Will sie Bunker bauen, benutzt sie u.a. geschmuggelten Zement.

    Die Bevölkerung muss überwiegend auf receyceltes Baumaterial von den etwa 20 000 von Israel zerstörten

    Gebäuden zurückgreifen.

    Auch nutzt der Hamas der Hass der von den Israelis drangsalierten Bevölkerung.

     

    Sie haben keine wirtschaftliche Perspektive, die israelische Mauer wird auf ihrem enteigneten Land

    gebaut, über das wenige ihnen zugestandene Wasser

    bestimmt allein Israel.

    Führ ein paar Kilometer Fahrweg/Fußweg müssen stundenlange Wartezeiten und Umwege in Kauf genommen

    werden.

    Und so weiter und so fort.

     

    Wehren sich die Palästinenser mit fliegenden

    Böllerrohren, Israelis sehen das naturgemäß anders,

    gibt es alle paar Jahre Krieg oder ähnliches.

    Die menschlichen und materiellen Verluste auf beiden

    Seiten entsprechen dabei dem militärischen

    Kräfteverhältnis.

     

    Egal wie man das sieht, das dieser kleine Flecken

    Erde nur den Pass-Israelis gehört, halte ich für

    völlig ausgeschlossen.

    Unabhängig von der Bevölkerungsentwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ....

  • M
    Mein_Name

    "andererseits sind es gerade die Islam-Faschist_innen"

     

    Ich glaub das "_innen" kannst du in dem Fall weglassen. Dort dürften ehe nur Männer am Drücker sein.

  • TR
    Türke Raimund

    Antisemiten hier und Antisemiten dort, die ganze Welt ist voll von Antisemiten, nach Ihrer Meinung....

    Gibt es ein Gesetz das besagt das man Semiten - was sind eigentlich Semiten? nur die Juden ? "lieben" muss ?

    Sie sind für mich "Antitürken" und Ihre Meinung ist mir dann genauso viel Wert wie die meine Ihnen egal ob sie ein Grund haben die Türkei zu kritisieren oder nicht !- dieselbe Logik -

     

    P.S.: Den Völkermord an den Juden haben die Deutschen begangen und nicht die Osmanen/Türken, ergo sehe ich es nicht ein warum wir bei Ihnen hyper sensibel sein sollen während Sie regelmäßig alle über einen Kamm scheren und nur an Ihrem Vorteil bedacht sind !

    Wenn Sie meinen die antisemitismus Karte ziehen zu können um Ihren Standpunkt zu verdeutlichen und zu untermauern kann ich nur sagen das sie dies bei den Tätern geltend machen und vorwerfen können - den Deutschen - und nicht uns Türken, denn wir sind Ihnen weder Rechenschaft schuldig noch haben wir uns eine Erbschuld aufgetragen oder sonst was !

    Daher berührt mich/uns der Antisemitismus Vorwurf überhaupt nicht !

    Wenn sie argumentieren wollen um Ihren Standpunkt dar zu legen , dann bitte auf Tatsachen basierend oder eben gar nicht , denn anscheinend ist dies IHR EINZIGER Kritikpunkt , Antisemitismus ....

     

    MfG

  • E
    end.the.occupation

    >> einerseits ist es ihr gelungen, eine weltweite Welle antiisraelischer und antisemitischer Äußerungen zu provozieren

     

    Das Verdienst - nahezu alle antisemitischen Klischees zu realisieren - das kann Israel sich an die eigene Brust heften. Die HAMAS hat damit rein gar nichts zu tun.

     

    Ich beglückwünsche jedenfalls Frau Knaul, dass in einem ihrer Berichte - zu meiner Überraschung - Fakten auftauchen!

     

    Ich sehe darin ein Krisenzeichen in ihrer Tätigkeit als PR-Agentin.

     

    Gott sei Dank.

  • CC
    Claus Carstensen

    Eine gute Nachricht.

     

    Natürlich überfällig.

     

    So hat die Hamas den Ball und kann zeigen, ob sie es mit dem Frieden ersnt meint - und die Bevölkerung im Gaza-Streifen kann nun auch nachdanken, ob sie mit einer Regierung ihres Gebites so gut bedient ist, die den Nachbarstaat vernichten will, und, vergessen wir das nicht jüngst die Wahlen willkürlich ausgesetzt hat, die anstanden.

     

    Ich hoffe, es geht nun wieder vorwärts auf dem Weg zur Koexistenz

  • S
    Schulz

    Das Foto sieht so schrecklich aus.

  • R
    Raimund

    Mir stellt sich die Frage, ob dies jetzt eine gute oder eine schlechte Nachticht für die Hamas ist:

    -einerseits ist es ihr gelungen, eine weltweite Welle antiisraelischer und antisemitischer Äußerungen zu provozieren, die ein solches Ausmaß hat, das die israelische Regierung ebenjener Welle nachgibt, andererseits sind es gerade die Islam-Faschist_innen, die von der beschränkten Wareneinfuhr bisher am meisten profitieren: Dadurch, dass sie den Schmuggel kontrollieren, ist ihr finanzieller Gewinn ungemein. Zugleich war die Blockade bisher aber auch nicht ausreichend wirksam: So werden selbst Neuwagen in den Gaza-Streifen geschmuggelt. Die Utensilien für die mörderischen Geschosse, Ausdruck ihres blanken Antisemitismus', sind da wohl auch kein Problem.