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Internationale Klimapolitik"Ein Affront gegen den Klimaschutz"

Bei der UN präsentierten sich Merkel und Sarkozy als Klimaretter. Nun legt Bush mit einem eigenen Gipfel nach. So will er den internationalen Prozess torpedieren, meint Daniel Mittler von Greenpeace.

Lieblingsgegner der internationalen Klimaschützer: US-Präsident Bush. Bild: ap

taz: Herr Mittler, auf dem UN-Klimagipfel haben sich Angela Merkel und Nicolas Sarkozy als Klimaretter präsentiert. Wer gab das bessere Bild ab?

Bild: privat

DANIEL MITTLER, 34, ist Klimaexperte von Greenpeace International. Er beobachtete die Klimakonferenz der UN in New York, bei der Anfang der Woche die UN-Klimakonferenz auf Bali im Dezember vorbereitet wurde. Dort geht es um eine Nachfolgeregelung für das Kioto-Protokoll. Ab heute verfolgt Mittler den Gegengipfel in Washington, zu dem George W. Bush Vertreter die 15 Staaten eingeladen hat, die das meiste CO2 ausstoßen.

Daniel Mittler: Der französische Präsident schlug der Welt vor, das Klimaproblem durch den Ausbau der Atomenergie zu lösen. Das ist ein Affront gegen den Klimaschutz: Jeder Euro, der in die gefährliche Atomenergie fließt, finanziert nicht Energieeffizienz und erneuerbare Energien, die den Klimawandel wirklich aufhalten können. Atomenergie ist das Problem, nicht die Lösung.

Angela Merkel hat also gepunktet?

Deutschland hat klar eine Führungsposition in der internationalen Klimapolitik inne. Das war schon unter Kohl und Schröder so, aber Merkel hat diese Rolle in den letzten Monaten verstärkt. Allerdings hörte man in New York die deutlichsten Worte - etwa gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke - von Al Gore, nicht von Frau Merkel. Solange Frau Merkel in Deutschland neue Kohlekraftwerke unterstützt und vor der Autolobby bei Effizienzstandards einknickt, ist sie als Klimaschützerin nicht glaubhaft.

George Bush hat an der UN-Klimakonferenz vom Montag nicht teilgenommen und in der UN-Generalversammlung am Dienstag das Thema nur gestreift. Wie stehen die Chancen, die USA noch für ein Weltklimaabkommen zu gewinnen?

Wir müssen das Nachfolgeabkommen zu Kioto so aufbauen, dass die USA 2009 unter einem neuen Präsidenten wieder einsteigen können. Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass die Bush-Regierung die Arbeit an diesem Folgeabkommen torpediert. Klar scheint nämlich, dass Bush keinen Zentimeter von seiner Anti-Kioto-Haltung abrücken wird.

Alternativ zum Montags-Klimagipfel hat Bush heute 15 Staaten nach Washington zu einem eigenen Klimagipfel geladen. Worum geht es?

Das ist ein Ablenkungsmanöver. Bush kann den Klimawandel nicht mehr leugnen - also möchte er besorgt erscheinen, bis er nächstes Jahr endlich das Weiße Haus verlässt. Die Ideen und Inhalte beider Klimagipfel könnten verschiedener nicht sein: Die USA wollen keine Reduktionsverpflichtung, wie im Kioto-Protokoll festgeschrieben, sondern hoffen darauf, dass technischer Fortschritt uns retten wird. Kioto setzt auf verbindliche Reduktionsziele und klare Obergrenzen für den CO2-Ausstoß. Es ist sicherlich ein diplomatischer Erfolg, dass George W. Bush heute sagen muss, dass er die UN unterstützt. Aber solange die USA keine verbindlichen Reduktionsziele akzeptieren, ist ihre Klimapolitik unglaubwürdig.

Die Bundeskanzlerin hatte vorgeschlagen, jedem Weltbürger denselben CO2-Ausstoß pro Kopf zuzugestehen. Demnach dürften Entwicklungsländer so lange mehr CO2 pro Kopf produzieren, bis sie das sinkende Niveau der Industriestaaten erreicht haben. Wie ist der Vorschlag bei den Entwicklungsländern angekommen?

Bei dem Vorschlag stimmt die Richtung. Indien etwa hat dieses Thema am Montag bei der UN-Konferenz wieder aufgegriffen. Es ist in der Tat eine ungerechte Welt, in der ein Inder im Durchschnitt etwa 1 Tonne CO2 ausstößt und ein Amerikaner 20. Der Vorschlag kam daher bei den Entwicklungsländern gut an. Es ist aber auch klar, dass die Bundesregierung sich selbst ein Bein beim Klimaschutz stellt, die Patentrechte deutscher Konzerne ernster nimmt als die globale Verbreitung umweltfreundlicher Technologien. Wenn wir Entwicklungsländer nicht in die Lage versetzen, selbst Wind- oder Sonnenkraftwerke zu bauen, wird es nicht die Art der Ausbreitung von erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern geben, die wir brauchen.

Ähnlich wie Unternehmen wollen Entwicklungsländer erst einmal wachsen. Was kann man ihnen anbieten, damit sie sich an Klimaschutzziele halten?

Wachstum und Klimaschutz sind nicht unbedingt Gegensätze - zumindest nicht in den Entwicklungsländern. Greenpeace hat ein Energieszenario für China vorgelegt, in dem gezeigt wird, dass China weiter wachsen und sogar Armutsbekämpfung durch die Verbreitung erneuerbarer Energien aktiver betreiben kann und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.

Wie ist Ihr Resümee der Konferenz?

Nie war seit dem Nachhaltigkeitsgipfel von Rio 1992 die Aufmerksamkeit für Klimaschutz so groß wie heute. Der UN-Klimagipfel von New York hat gezeigt: Selbst die Regierungschefs erwarten jetzt Fortschritte in der Klimapolitik. Das bedeutet für jene Diplomaten, die im Dezember auf der Weltklimakonferenz in Bali verhandeln, dass sie enorm unter Druck stehen, Resultate liefern müssen. Wenn Herr Gabriel in Washington die Störmanöver der Amerikaner abwehrt, dann war es eine gute Woche für den Klimaschutz.

INTERVIEW: NICOLE BASEL

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