Internationale Geheimdienstkooperation: Die CIA in Neuss
Der US-Geheimdienst soll jahrelang im Rheinland operiert haben – aus einer Sparkassenfiliale. Spezial-Agenten kümmerten sich um die Sauerlandgruppe.
KÖLN taz | Dass es in Neuss etwas merkwürdig zugeht, darüber gibt es schon lange Gerüchte. Aber zu erkennen war bisher dank der Nebelschwaden nicht viel, die Bürgermeister Herbert Napp, Deutschlands zweitbekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt, seit Jahren über die Stadt am linken Niederrhein wehen lässt. Seit in der vergangenen Woche die grün-geführte Düsseldorfer Bezirksregierung dem „Vesuv von Neuss" das Qualmen in seinem Amtszimmer verbieten lassen will, lichten sich die Schleier.
Jetzt ist herausgekommen, dass es auf der gegenüberliegenden Rheinseite von Düsseldorf nicht nur die meisten Schützen in der Republik gibt. Neben den Neusser Grenadierkorps, der St. Hubertus-Schützen-Gesellschaft und einem guten Dutzend weiterer Schützenvereine soll die Stadt 2006 Spezialagenten des US-amerikanischen Auslandsgeheimdienstes CIA beheimatet haben. Das berichtet jedenfalls der Focus unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Die „Top-Secret-Mission“ soll im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die so genannten Sauerlandgruppe stehen, die im September 2007 in einem Ferienhaus in Oberschledorn verhaftet wurde. Bisher war nur bekannt, dass die entscheidenden Hinweise auf die islamistische Terrorzelle von der National Security Agency (NSA) stammten, von wo sie über die CIA und den deutschen BND zum Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) nach Berlin wanderten.
Doch das war womöglich noch nicht alles: Mehrere Dutzend CIA-Topagenten, darunter „kampferprobte Männer, ausgebildet bei Spezialeinheiten wie Navy Seals und Delta Force“, sollen ihre Kommandozentrale in einem „schmucklosen Gebäude der Sparkasse Neuss“ errichtet haben. Laut Focus sei es um einen „unverdächtigen Unterschlupf“ gegangen, der „höchsten konspirativen Ansprüchen genügte“.
Wenn's stimmt, hat's funktioniert. Bürgermeister Napp, auch Vorsitzender des Sparkasse-Verwaltungsrats, will jedenfalls nichts mitbekommen haben. „Nicht den Hauch einer Ahnung" habe er von einer solchen Aktion, sagte er zwischen zwei Zigaretten. Als sicher gilt aber, dass die CIA-Leute inzwischen wieder weg sind und deshalb nicht am großen Neusser Bürger-Schützenfest am letzten Wochenende im August teilnehmen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wohnungslosigkeit im Winter
Krankenhaus schiebt Obdachlosen in die Kälte