Internationale Geberkonferenz für Haiti: Milliarden für Wiederaufbau gesucht

Die UNO versucht, 11,5 Milliarden Dollar für Haiti zu sammeln. Bislang flossen 200 Millionen. Priorität der Regierung: Der Wiederaufbau des Regierungsviertels.

Arbeiten in Port-au-Prince. Milliarden werden noch benötigt. Bild: reuters

SANTO DOMINGO taz | Das Programm ist ehrgeizig. Für den Wiederaufbau Haitis will die Regierung in den nächsten 18 Monaten etwa 3,8 Milliarden US-Dollar investieren. Insgesamt sollen in den nächsten zehn Jahren 11,5 Milliarden US-Dollar an ausländischer Hilfe für den "Aktionsplan für den nationalen Wiederaufbau" fließen.

Dieses Programm stellte Edmund Mulet, Interimschef der UN-Mission in Haiti (Minustah), am Vorabend der heute beginnenden internationalen Geberkonferenz für Haiti in New York vor. Es gehe darum, "Krankenhäuser, Schulen, Straßen und Häfen wieder aufzubauen", aber auch, Haiti "auf den Weg des Wachstums und der Modernisierung zu bringen". Frédéric Haupert, Direktor des Hilfswerks Care, forderte für Haiti als Rahmenbedingung einen vollständigen Schuldenerlass.

Bereits vor zwei Wochen hatte Haitis Regierung unter Ministerpräsident Jean-Max Bellerive auf einer Vorkonferenz in der benachbarten Dominikanischen Republik ihre Prioritäten vorgestellt: Mit dem Geld aus dem Ausland sollen Schulen und Krankenhäuser wieder aufgebaut werden und auch das zusammengestürzte Regierungsviertel. Staatschef René Préval und die Minister tagen derzeit noch immer in einer Polizeikaserne in der Nähe des Flughafens. Etwa 1.300 Schulen und 50 Krankenhäuser wurden völlig zerstört.

Nach Regierungsangaben kamen bei dem schweren Erdbeben von der Stärke 7,0 am 12. Januar fast 223.000 Menschen ums Leben und wurden rund 311.000 verletzt. Die wirkliche Zahl dürfte höher sein, da sich noch immer unzählige Leichen unter den Trümmern befinden. Der wirtschaftliche Schaden, so haben Statistiker errechnet, liege bei 7,9 Milliarden US-Dollar, mehr als Haitis Bruttosozialprodukt.

200 Millionen US-Dollar hat die internationale Gemeinschaft Haiti bereits überwiesen, damit der Staat seine Bediensteten bezahlen und Soforthilfe finanzieren kann. Weitere 150 Millionen werden dringend benötigt, um den Staat handlungsfähig halten zu können, heißt es aus Regierungskreisen. Nach Ostern soll es zum ersten Mal wieder landesweit Schulunterricht geben.

Dass die haitianische Regierung so viel Wert darauf legt, das Regierungsviertel genau dort wieder aufzubauen, wo die größte Zerstörung erfolgte, wird in Haiti selbst kritisiert. Architekten und Erdbebenspezialisten fordern eine Verlegung der kompletten Hauptstadt. Préval fehle es an einer klaren Strategie, klagt zudem Kesner Pharel, Wirtschaftswissenschafter und Rundfunkkommentar von Radio Metropole: "Es gibt kein öffentliches Signal, dass die Regierung das Zepter in die Hand genommen hat."

Ähnlich lautet auch die Kritik der früheren Ministerpräsidentin Michèle Pierre-Louis. Ihr entzog der Senat im November 2009 das Vertrauen, nachdem sie Korruption kritisiert und sich gegen Vetternwirtschaft gewehrt hatte. Die Handlungsunfähigkeit der derzeitigen Regierung sei Ausdruck langen Missmanagements, sagte die 62 Jahre alte Ökonomin und ehemalige Weggefährtin Prévals. "Niemand spricht mit der Bevölkerung, und auch jetzt werden Pläne über die Köpfe der Menschen hinweg gemacht."

Nach wie vor sind nach UN-Angaben rund 40 Prozent der rund 1,3 Millionen Obdachlosen nicht mit ausreichendem Regenschutz in Form von Zelten oder Planen ausgerüstet. Im Süden Haitis sind bei ersten schweren Regenfällen im Februar bereits 15 Menschen ertrunken. Die Aussaatzeit steht bevor, aber vielen Bauern fehlt Geld für den Ankauf von Saatgut. HANS-ULRICH DILLMANN

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