Integrationspolitik der Union: Oh, wie schön ist Kanada
Mit dem Ruf nach einem Einwanderungsgesetz wollen junge CDU-Politiker wieder in die Offensive gelangen. Vor allem Jens Spahn prescht vor.
BERLIN taz | Alle lieben Kanada. Noch vor Ostern will CDU-Generalsekretär Peter Tauber nach Ottawa reisen, um sich über die kanadischen Einwanderungsgesetze zu informieren, kündigte er am Montag an. Er folgt damit SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der sich bereits im Februar in Kanada das dortige Punktesystem für Einwanderer erklären ließ. Nach seiner Reise will Tauber im CDU-Präsidium und anderen Parteigremien über ein Einwanderungsgesetz für Deutschland beraten lassen.
Anfang Januar hatte sich der CDU-General mit dieser Idee noch eine Abfuhr von seinen Parteigranden geholt. Rückenwind erhält Tauber aber nun von rund 60 jüngeren Unionspolitikern aus Bund und Ländern, die sich in der Initiative „CDU 2017“ zusammen geschlossen und am Sonntag in Berlin getroffen haben. In einem Zehn-Thesen-Papier fordern sie jetzt unter anderem ein „klares, transparentes und leicht verständliches Einwanderungsgesetz“, um bestehende Regelungen zu bündeln und „ein Signal der Offenheit“ auszusenden. Denn „Deutschland ist seit jeher ein Einwanderungsland“, heißt es in dem Thesenpapier.
Die Autoren fordern stärkere Bemühungen um qualifizierte Arbeitskräfte und Studenten aus dem Ausland. Weniger offen zeigen sie sich gegenüber abgelehnten Asylbewerbern, die „konsequent und schnell abgeschoben werden“ müssten. Zu den Unterzeichnern des Manifests „CDU 2017“ gehören der hessische Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte seiner Fraktion, Jens Spahn, der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder, und die türkischstämmige Landtags-Abgeordnete Serap Güler aus Nordrhein-Westfalen.
Vor allem Jens Spahn macht kräftig Dampf. Nach der herben Wahlniederlage der CDU in Hamburg Mitte Februar empfahl er seiner Partei, sich bei den Themen Zuwanderung, Asyl, Integration und Islam klarer zu positionieren. „All das beschäftigt die Menschen vor Ort enorm“, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied damals. Seitdem äußert sich Jens Spahn fast stündlich zu diesen Themen.
„Geh und such dir ein anderes Land“
In einem Spiegel-Interview warnte der 34-jährige vor „importiertem Antisemitismus“ und Homophobie unter Muslimen und gab sich markig: „Wer unsere offene Gesellschaft für verdorben und verweichlicht hält oder wer in einem Gottesstaat leben will, dem kann ich einfach nur sagen: Geh und such dir ein anderes Land.“ Und nachdem in Österreich kürzlich strengere Regeln für die muslimischen Gemeinden des Landes erlassen wurde, pries Spahn diese als Vorbild für Deutschland.
Auch hierzulande müsse „eine Finanzierung von Moscheen und Imamen aus dem Ausland“ gesetzlich unterbunden werden, forderte er. Imame, die aus der Türkei nach Deutschland geschickt und bezahlt würden, seien ein Hindernis für die Integration. Auch dem Aufruf von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), Imame in deutschen Moscheen sollten auf Deutsch predigen, schloss sich Spahn an.
Am Dienstag will die SPD ihre Pläne für ein Einwanderungsgesetz vorstellen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schwebt ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild vor. Es soll sich nach Kriterien wie Alter, Ausbildung, Sprachkenntnisse sowie dem Fachkräfte-Bedarf in Deutschland richten, um die Zuwanderung von Arbeitnehmern aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) zu steuern.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber gab sich dazu am Montag zugeknöpft: „Ich bin nicht sicher, dass das, was die SPD vorlegen wird, unsere Zustimmung findet.“ Man werde sich vom Koalitionspartner nicht unter Druck setzen lassen. „Wir haben keine Eile“, so Tauber.
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