Institut für Wehrwissenschaft: Apokalypse-Forschung in der Heide
In Munster forscht die Bundeswehr zum Umgang mit Massenvernichtungswaffen. Das hilft auch beim Umsetzen der Chemiewaffenkonvention.
1958, also drei Jahre nach der Bundeswehr selbst, wurde das heutige Institut als Erprobungsstelle der Bundeswehr für den ABC-Schutz gegründet. In den Folgejahren befasste es sich zunehmend mit Forschung und Entwicklung, bis es 1995 umfirmiert wurde. Im Jahr 2016 hatte das Institut 200 Vollzeitstellen, 39 davon für Wissenschaftler – Jahresetat: knapp 26 Millionen Euro. In eigenen Worten ist das WJS „das einzige größere deutsche Institut, das sich mit dem Schutz vor der Wirkung von biologischen, chemischen und nuklearen Massenvernichtungswaffen beschäftigt“.
Zu den spektakuläreren Einrichtungen in Munster gehört ein Prüfstand, auf dem sich der elektromagnetische Impuls simulieren lässt, der mit einer Atombombenexplosion einhergeht. Im Science-Fiction-Film „Matrix“ ist das Auslösen solch eines „EMP“ die letzte Rettung für Morpheus’ Schiff: Damit lassen sich die Maschinen lahmlegen, oder genauer: die Mikroelektronik. Damit nicht auch ihre Hightech-Panzer, Hubschrauber oder Aufklärungssysteme auf diese Weise ausgeschaltet werden, sucht die Bundeswehr sie entsprechend zu schützen. Ob das funktioniert, wird am WJS mittels einer Antennenanlage getestet – 24 Meter hoch, ausgedehnt annähernd wie ein Fußballfeld: Sie kann einen Hochspannungsblitz mit 1,2 Millionen Volt erzeugen.
Zu den Aufgaben des WIS gehört es auch, Methoden und Instrumente zum Aufspüren und Analysieren biologischer und chemischer Kampfstoffe zu entwickeln: Solche Anlagen müssen mobil und leicht zu bedienen sein. Zugleich bietet das WIS feinste Analytik etwa bei der Umsetzung der Internationalen Chemiewaffenübereinkommens von 1993, dessen Ziel die Abschaffung aller Chemiewaffen ist. Munster ist heute ein anerkanntes Labor für die Untersuchung verdächtiger Proben aus Abrüstungsinspektionen.
Etwas banaler klingt demgegenüber die Befassung mit dem Brandschutz, der aber so trivial auch nicht ist, wenn man etwa an ein brennendes Tanklager denkt: Hier hat das Institut zuletzt einen Hochleistungsschaum getestet, der auf brennendem Treibstoff liegen bleibt und so die Flammen erstickt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens