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Institut für WehrwissenschaftApokalypse-Forschung in der Heide

In Munster forscht die Bundeswehr zum Umgang mit Massenvernichtungswaffen. Das hilft auch beim Umsetzen der Chemiewaffenkonvention.

Wesentlich beim Umgang mit Chemiewaffen: Dekontamination Foto: Christophe Gateau/dpa

Hamburg taz | Ein Institut zur Lösung von Problemen, die das deutsche Militär einst selbst geschaffen hat: Die Gründung geht auf die Herstellung und Erprobung von Giftgas in der Lüneburger Heide zurück. Heute erforscht das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien (WIS) der Bundeswehr in Munster, wie sich Soldaten gegen chemische, biologische und atomare Waffen schützen können.

1958, also drei Jahre nach der Bundeswehr selbst, wurde das heutige Institut als Erprobungsstelle der Bundeswehr für den ABC-Schutz gegründet. In den Folgejahren befasste es sich zunehmend mit Forschung und Entwicklung, bis es 1995 umfirmiert wurde. Im Jahr 2016 hatte das Institut 200 Vollzeitstellen, 39 davon für Wissenschaftler – Jahresetat: knapp 26 Millionen Euro. In eigenen Worten ist das WJS „das einzige größere deutsche Institut, das sich mit dem Schutz vor der Wirkung von biologischen, chemischen und nuklearen Massenvernichtungswaffen beschäftigt“.

Zu den spektakuläreren Einrichtungen in Munster gehört ein Prüfstand, auf dem sich der elektromagnetische Impuls simulieren lässt, der mit einer Atombombenexplosion einhergeht. Im Science-Fiction-Film „Matrix“ ist das Auslösen solch eines „EMP“ die letzte Rettung für Morpheus’ Schiff: Damit lassen sich die Maschinen lahmlegen, oder genauer: die Mikroelektronik. Damit nicht auch ihre Hightech-Panzer, Hubschrauber oder Aufklärungssysteme auf diese Weise ausgeschaltet werden, sucht die Bundeswehr sie entsprechend zu schützen. Ob das funktioniert, wird am WJS mittels einer Antennenanlage getestet – 24 Meter hoch, ausgedehnt annähernd wie ein Fußballfeld: Sie kann einen Hochspannungsblitz mit 1,2 Millionen Volt erzeugen.

Zu den Aufgaben des WIS gehört es auch, Methoden und Instrumente zum Aufspüren und Analysieren biologischer und chemischer Kampfstoffe zu entwickeln: Solche Anlagen müssen mobil und leicht zu bedienen sein. Zugleich bietet das WIS feinste Analytik etwa bei der Umsetzung der Internationalen Chemiewaffenübereinkommens von 1993, dessen Ziel die Abschaffung aller Chemiewaffen ist. Munster ist heute ein anerkanntes Labor für die Untersuchung verdächtiger Proben aus Abrüstungsinspektionen.

Etwas banaler klingt demgegenüber die Befassung mit dem Brandschutz, der aber so trivial auch nicht ist, wenn man etwa an ein brennendes Tanklager denkt: Hier hat das Institut zuletzt einen Hochleistungsschaum getestet, der auf brennendem Treibstoff liegen bleibt und so die Flammen erstickt.

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1 Kommentar

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  • Das Bild oben hat mich an meine NVA-Zeit erinnert.



    Chemischer Zug . Gruselig keiner wollte dahin.



    Ich dachte schau doch mal nach und sofort fündig geworden.



    Klar etwas her aber trotzdem.



    ....In der offiziell immer bestrittenen C-Waffen-Forschung gehört die DDR gar zur Weltspitze. Selbst bei der Wehrwissenschaftlichen Dienststelle der Bundeswehr im niedersächsischen Munster, zuständig für ABC-Schutz, wird nach einem 1100seitigen »Lehrbuch der Militärchemie« aus Ost-Berlin gearbeitet.....



    www.spiegel.de/pol...-0000-000013495305



    Ein höherer Offizier präsentierte auf einem Übungsplatz unter höchster Geheimhaltung ein neues taktisches Gemisch. Die Kampfstoffchemikalie Trichlortriethylamin war laut Bergemann zusätzlich in einem Kernreaktor bestrahlt worden.



    Die Wirkungen sind verheerend. Denn die äußeren Symptome einer Strahlenvergiftung sind denen von Kampfstoffen vergleichbar und für potentielle Opfer zunächst nicht erkennbar......



    Ich wage mir gar nicht vorzustellen was da heute alles existiert.



    www.spiegel.de/pol...-0000-000013500399