Insekten-Versuch in Brasilien: Gentech-Mücken breiten sich aus
Ein Unternehmen hat vor einigen Jahren gentechnisch veränderte Gelbfiebermücken in Brasilien freigelassen. Nun breiten sich die Insekten aus.
Das britische Unternehmen Oxitec hatte von 2013 bis 2015 wöchentlich rund 450.000 männliche Gelbfiebermücken mit verändertem Erbgut in Jacobina freigelassen. Die Gene der Insekten waren so verändert worden, dass ihre Nachkommen nicht überlebensfähig sein sollten – einige der Nachkommen scheinen allerdings nicht nur überlebt zu haben, sondern auch noch reproduktionsfähig zu sein.
Das Ziel der Freisetzungsexperimente war eine Eindämmung der Mückenpopulation, die unter anderem Gelbfieber, Dengue-Fieber und das Zika-Virus übertragen können. Zwar konnte die Anzahl der Mücken mit dieser Methode verschiedenen Studien zufolge tatsächlich um 80 bis 95 Prozent reduziert werden, allerdings überlebten entgegen der Planung einige von ihnen und tragen nun ein verändertes Erbgut in sich.
Welche Folgen die Übertragung des gentechnisch veränderten Erbguts auf künftige Generationen von Gelbfiebermücken habe, sei noch unklar, schreibt das Team um Jeffrey Powell von der Yale University in New Haven (USA).
Das Problem war den Forscher:innen bekannt
Das Münchner Institut Testbiotech wirft Oxitec vor, den Feldversuch ohne ausreichende Studien gestartet zu haben. „Die Versuche der Firma Oxitec haben zu einer weitgehend unkontrollierbaren Situation geführt“, sagt Geschäftsführer Christoph Then in einer Mitteilung des gentechnikkritisch eingestellten Instituts.
„Es war schon zuvor bekannt, dass einzelne Mücken überleben können“, sagt Then der taz. „Wenn man sich nicht zu hundert Prozent sicher ist, dann sollte man genmanipulierte Moskitos nicht freilassen.“ Den gentechnisch veränderten Mais, der in Schweden angebaut werde, könne man vom Acker nehmen. Die Mücken blieben in der Population. Auch mit Gift lasse sich die Population nicht eindämmen: „Wenn das so einfach ginge, dann hätte man das Problem ja von Anfang an nicht“, sagt Then.
Möglicherweise seien die gentechnisch veränderten Mücken robuster oder auch resistent gegen Insektizide, schreibt das Wissenschaftlerteam um Jeffrey Powell. „Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig ein Überwachungsprogramm bei der Aussetzung gentechnisch veränderter Organismen ist, um nicht erwartete Folgen festzustellen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite