Innere Sicherheit: Köhler rüffelt Schäuble
Ungewöhnlich deutlich kritisiert der Bundespräsident die Art und Weise, wie der Bundesinnenminister immer neue Terrorabwehr-Pläne ausheckt
BERLIN taz/dpa Bundespräsident Horst Köhler hat im Streit über die Terrorabwehr-Pläne der Koalition Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu Sensibilität und Augenmaß ermahnt. Zwar habe Schäuble als zuständiger Ressortchef die Aufgabe, "sich den Kopf zu zerbrechen" über den Schutz der Bürger, sagte Köhler im ZDF. Man könne aber "darüber nachdenken, ob die Art, wie die Vorschläge kommen, vor allem in einer Art Stakkato, ob das so optimal ist". Der Bundespräsident fügte in dem Interview hinzu: "Wie sollen das die Leute verkraften?" Schäuble versuchte am Sonntag, die Aufregung über seine Äußerungen zu dämpfen und sprach von Missverständnissen.
Köhler ging im ZDF auf einen Denkanstoß ein, den Schäuble in einem "Spiegel"-Gespräch geäußert hatte: "Persönliche Zweifel" habe er daran, dass etwa "die Tötung eines vermeintlichen Terroristen ohne Gerichtsurteil so von der leichten Hand" gemacht werden könne. Er erwarte "eine Lösung, die unseren rechtsstaatlichen Prinzipien Genüge tut".
Schäuble hatte vor einer Woche gesagt, die rechtlichen Probleme beim Anti-Terror-Kampf reichten bis zu Extremfällen wie der gezielten Tötung, etwa im Fall einer Entdeckung von Terroristenführer Osama bin Laden. Er wünsche sich eine "möglichst präzise" verfassungsrechtliche Klärung und Rechtsgrundlagen, "die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten".
Am Sonntagabend ließ der Minister zunächst einen Sprecher klarstellen, es sei bei seinen Gedanken über eine gezielte Tötung von Terroristen "ausschließlich um den hypothetischen Fall der Auffindung Osama bin Ladens in Afghanistan" gegangen. Im ZDF sagte Schäuble später, es sei "das Missverständnis entstanden, als wollte ich eine gesetzliche Regelung, um Terrorismusverdächtige töten zu können, im Polizeirecht. Das habe ich nie gesagt, das ist auch gar nicht meine Absicht."
Zugleich warnte er davor, die Debatte über Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus zu tabuisieren: "Die terroristische Bedrohung ist ernst. Die Sicherheitsbehörden brauchen die notwendigen gesetzlichen Instrumente." Mit Blick auf seine Forderung, so genannten Gefährdern unter Umständen die Benutzung von Internet oder Handys zu verbieten, sagte Schäuble, er habe nur auf vorhandene gesetzliche Möglichkeiten hingewiesen
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