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Innenministerium verschiebt KampagnePlakataktion gestoppt

Die von muslimischen Verbänden kritisierte Plakataktion des Innenministeriums wird verschoben. Derzeit sei sie zu gefährlich, meint das Bundeskriminalamt.

Umstrittene Plakataktion: Erstmal wird nicht geklebt. Bild: dapd

BERLIN dpa/afp | Das Bundesinnenministerium hat den Start einer umstrittenen Plakataktion gegen eine islamistische Radikalisierung Jugendlicher kurzfristig gestoppt. Der für diesen Freitag geplante Beginn der Kampagne unter dem Motto „Vermisst“ werde wegen einer aktuellen Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamtes verschoben, teilte das Ministerium von Hans-Peter Friedrich (CSU) am Donnerstag mit.

Die Öffentlichkeitskampagne werde ansonsten planmäßig fortgesetzt. Details der Gefährdungsbewertung oder ein neuer Starttermin wurden zunächst nicht genannt.

Vier muslimische Verbände hatten wegen der Aktion die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium in der sogenannten Sicherheitspartnerschaft aufgekündigt. Sie warfen Friedrich vor, die Plakate stellten Muslime unter Generalverdacht. Die Plakate ähneln Vermisstenanzeigen. Der Text lautet zum Beispiel: „Das ist unser Sohn. Wir vermissen ihn, denn wir erkennen ihn nicht wieder. Wir haben Angst, ihn ganz zu verlieren an religiöse Fanatiker und Terrorgruppen.“

Aus Protest gegen eine Plakataktion des Bundesinnenministeriums hatte sich die Türkische Gemeinde in Deutschland an die UNO und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gewandt. Die beiden Organisationen müssten eingreifen, um die als diskriminierend empfundene Plakatkampagne gegen die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher in Deutschland zu stoppen, erklärte die Türkische Gemeinde.

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7 Kommentare

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  • F
    Fragezeichen

    Welch trauriges Abbild einer wehrhaften Demokratie. Wenn die Gesellschaft vor denjenigen einknickt, die am lautesten "jammern" können, dann braucht man sich nicht wundern, wenn die sogenannte Rechte Zulauf bekommt.

  • H
    H.P.Barkam

    Ich warte jetzt schon auf Minister Friedrichs Buch, nach den Wahlen 2013, mit denen er die satan... ähm deutschen Worte des Herrn Sarazin toppen wird.

  • J
    jupp

    Bereits einige Tag VOR der Veröffenlichung des Mohammedvideos und der Proteste haben die Oberbürgermeister von Bonn und Berlin gegen die Plakataktion protestiert! Aus gutem Grund: erinnert die Gestaltung doch allzusehr an einen Steckbrief!

  • B
    Bachsau

    Zu gefährlich, soso. Jetzt müssen also unsere staatlichen Stellen schon Angst haben, was sie öffentlich sagen. Tolles Land.

  • H
    Harald

    Ich vermisse Theo van Gogh.

     

    Aus muslimischer Sicht ist die Plakataktion in der Tat diskriminierend. Robuste Folkloristen aller Art sind schließlich in diesem Milieu Volkshelden, die in dessen Medien verehrt werden, wo deren Andenken hochgehalten wird.

     

    Es ist deshalb zu wünschen, UNO und OSZE mögen hart gegen Deutschland durchgreifen, denn hier steht muslimisches Menschenrecht auf dem Spiel.

  • P
    pinetop

    Und die die Abbildung eines Neonazis stellt dann alle Deutschen unter Generalverdacht? Selten blöd.

  • C
    Celsus

    Da fragt sich wirklich, ob sich der Innenminister und seine beamten ernsthafte Gedanken gemacht haben, was sich nach der Plakataktion im Optimkalfall ereignen soll. Da stelle ich mir mal als Normalfall vor, ein Jugendlicher ist abgehauen, weil er seine Eltern nicht mehr ertrug. Soll ja selbst bei bayerischen Jugendlichen nicht so selten vorkommen. Die Eltern aber ertragen ihn auch nicht mehr und lassen lieber als Terroristen nach ihm suchen.

     

    Jetzt wird der junge Mann mit filmreifen Einsatz von schwer bewaffneter Polizei an einem Platz mit viel Trubel verhaftet und nach einem Verhör, ob er nicht Terrorist sei, zu seinen Eltern zurückgebracht? Na klasse.

     

    War da nicht noch eine Kleinigkeit? Ach ja: Wie wäre es mit den üblichen und normalen Hilfestellungen des Jugendamtes?