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Innenminister verbietet salafistische GruppeStaat macht Bin-Laden-Fanclub dicht

Der Innenminister verbietet erstmals eine salafistische Gruppe, zwei weitere Verbote könnten folgen. Die Polizei durchsucht Wohnungen in sieben Bundesländern.

Razzia in der Solinger Millatu-Ibrahim-Moschee. Die Polizei durchsuchte am Donnerstag 82 Wohnungen, Büros und Gebetsräume von Salafisten. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat am Donnerstag erstmals in Deutschland eine salafistische Gruppe verboten – rund sechs Wochen nachdem Anhänger dieser radikalen islamistischen Strömung in Solingen und Bonn randaliert hatten.

Nach dem Verbot von „Millatu Ibrahim“ könnte noch für zwei weitere Vereine das Aus kommen: Im Visier der Behörden stehen auch die Gruppen „Die Wahre Religion“ und „Dawa FFM“. „Dieser Staat wehrt sich gegen Angriffe auf die Freiheit“, sagte Friedrich in Berlin.

In sieben Bundesländern durchsuchten mehr als 800 Polizisten Wohnungen und Räume von Mitgliedern der drei Gruppierungen sowie mehrere salafistische Moscheen. Schwerpunkte waren Frankfurt, der Raum Köln/Bonn sowie das nordrhein-westfälische Solingen.

Der nun verbotene Verein „Millatu Ibrahim“ bestand erst seit dem vergangenen Herbst. Er hatte sich rasch zur radikalsten Gruppe in der insgesamt rund 4.000 Anhänger zählenden salafistischen Szene in Deutschland entwickelt. Als Anlaufstelle diente eine Hinterhofmoschee in Solingen.

Kommunikation über Chaträume, Facebook und Youtube

Ihre Botschaften verbreitete die Gruppe vor allem per Internet: über eigene Webseiten, Blogs, Chaträume und Profile bei Facebook und YouTube. Unmittelbar nach dem Start der Seite der Gruppe im November 2011 hatte der Berliner Verfassungsschutz ihr eine „ideologische Nähe zu al-Qaida“ attestiert. Als Logo diente eine schwarze Dschihad-Fahne, die zuerst vom irakischen Al-Qaida-Ableger verwendet wurde.

An der Spitze von „Millatu Ibrahim“ stand der Österreicher Mohamed M. alias Abu Usama Al-Gharib, der für seine „Predigten“ gerne im militärischen Flecktarn-Look auftritt. Er war nach einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Terrorpropaganda nach Deutschland gezogen. Ende April wollte ihn das Land Hessen ausweisen. Bevor es so weit kam, setzte er sich nach Ägypten ab, von wo aus er nun weiter agitiert.

Das Innenministerium begründet sein Verbot damit, dass die Gruppe „zum aktiven Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ aufgerufen habe und in ihren Botschaften Gewalt und den Märtyrertod befürworte. Ihr Kopf Mohamed M. wird in der Verbotsverfügung mit dem Satz wiedergegeben: „Ya Allah, zerfetze unsere Körper […] lass die Mudschaheddin […] überall siegen.“

Denis C. dichtete islamistische Kampfhymnen

Eine weitere wichtige Figur dieser Gruppe war der Berliner Denis C., der sich einst als Gangsta-Rapper „Deso Dogg“ nannte. Als Salafist dichtete Denis C. wiederholt islamistische Kampfhymnen, in denen er unverhohlen junge Männer zum bewaffneten Dschihad aufforderte oder Osama bin Läden als „schönsten Märtyrer unserer Zeit“ verehrte.

Bei den gewaltsamen Ausschreitungen in Nordrhein-Westfalen Anfang Mai seien Mitglieder von „Millatu Ibrahim“ als „aufhetzende Wortführer“ aufgetreten, heißt es in der Verbotsverfügung weiter. Der Ex-Rapper Denis C. wird mit einem Lied zitiert, das nach den Krawallen der Salafisten in Bonn veröffentlicht wurde: „Wir geben unseren Schweiß und unser Blut, darum sterben wir“, heißt es dort. „Demokratie, die größte Lüge der Kuffar (Ungläubige, d. Red.), bekämpfen wir.“

Mitte Mai fanden Polizisten bei Denis C. auch noch die „Vorkonzipierung“ einer Sprengstoffweste, was das Innenministerium offenbar darin bestärkte, die Gruppe zu verbieten. Über Pfingsten seien die notwendigen Beweise zusammengetragen worden, hieß es.

Die Sicherheitsbehörden hoffen, die Aktivitäten der Salafisten durch die bundesweite Razzia – wenigstens zeitweise – einzudämmen. Es sei aber mit Protesten der Szene zu rechnen, die man genau beobachten werde, hieß es. Tatsächlich reagierten die betroffenen Islamisten am Donnerstag wütend: „Wir werden weitermachen und ihr werdet verlieren“, wetterte der Kopf von „Millatu Ibrahim“ im Internet. „Egal, was ihr tut oder plant, wir werden weiterhin sagen: Demokratie ist Dreck.“

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11 Kommentare

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  • A
    Atheist

    von Carsten: "Warum sind diese Typen in Deutschland? Wer hat sie hereingelassen? Wer hat dafür gesorgt, dass sie alimentiert werden? Wer hat zugelassen, dass sie sich hier ausbreiten?"

     

    Grübel, grübel ..., wirklich eine schwer zu beantwortende Frage, Carsten! Besonders, wenn man sich vor Augen hält, dass die meisten dieser Typen deutsche Staatsbürger sind (nicht nur die *volksverhetzend agierende Witzfigur Pierre Vogel) ...

     

    Also, da ist dann nix mehr mit abschieben oder so, denn Deutsche kann man nicht aus Deutschland abschieben, gell? Und auch die Frage "wo kommen die her?" ist eher zweitrangig, im Zweifelsfall kommen sie aus den Bäuchen ihrer deutschen Mütter, oder?

     

    (*wer Frauen- Schwulen-Rechte - also Menschenrechte - für "Dreck" hält und unverschleierten Frauen und homosexuellen Menschen mit ewiger Verdammnis und Hölle droht, agiert volksverhetzend StGB § 130 und sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen)

  • NS
    Nur Show

    Alles nur Show. Abgeschoben wird keiner. Darüber wacht die eiserne Faust der Multikultifraktion in politik und Medien. Stattdessen werden täglich weitere Typen wie diese ins Land gelassen, alimentiert und mit Pässen ausgestattet.

  • A
    Atheist

    Relativierungen (die immer Verharmlosungsversuche sind), so nach dem Motto: "... lasst uns doch lieber über "die Anderen" sprechen, bevor wir über diese hier reden", erwarte ich eher von Neo-Nazis und weniger von LeserInnen der 'taz' ...

  • RM
    Reinhard Moysich

    In Deutschland darf es keine religiöse Vereinigung mit Absolutheitsanspruch geben!

     

    Ich finde es richtig, dass endlich angefangen wird, eine religiöse Vereinigung zu verbieten. Aber fairerweise sollten auch sämtliche anderen religiösen Vereinigungen überprüft werden. Denn noch immer haben die drei monotheistischen Religionen Islam, Christen- und Judentum ihren mittelalterlichen kriegerischen Absolutheitsanspruch offiziell nicht abgelegt, der bisher schon zu sehr vielen Millionen von grausamsten Ermordungen geführt hat!

     

    Falls Deutschland wirklich ein Rechtsstaat ist, der dem Frieden verpflichtet ist, sollte hier allen(!) islamischen, christlichen und jüdischen Vereinigungen eine Frist bis Jahresende gesetzt werden, offiziell auf jeglichen Absolutheitsanspruch zu verzichten und die Menschenrechte anzuerkennen – andernfalls sollte die betreffende Vereinigung verboten werden!

  • A
    Antifunt

    Mensch, Robert, du hast voll recht!

    Von Leuten, die sich 300 Mann hoch zusammenrotten und mit den Worten "Tod den Ungläubigen" andere abstechen u.a. geht nun wirklich keine Gefahr aus.

     

    Einfach ma den Baxter fragen.

     

    Gruß an den Zensor!

  • C
    Carsten

    Warum sind diese Typen in Deutschland? Wer hat sie hereingelassen? Wer hat dafür gesorgt, dass sie alimentiert werden? Wer hat zugelassen, dass sie sich hier ausbreiten?

  • R
    Robert

    Es ist schon sehr merkwürdig:

    bis vor kurzem waren die "Salafisten" überhaupt kein Thema, nirgends tauchte überhaupt dieser Begriff auf.

    Dann waren die so dumm und haben mit ihrer Koran-Verteilaktion die Medien auf sich aufmerksam gemacht und seitdem sind sie nun unsere tagtägliche Bedrohung. Nun sind - anstelle von Al Khaida und Taliban - die Salafisten die furchtbar böse Terrorgruppe, die uns alle vernichten will.

     

    Da hierzulande niemand wirklich Angst haben brauchte vor den Taliban und Al Khaida, musste wohl unbedingt ein neuer Name her, der allen wieder richtig Angst macht, und da ist nun mit den "Salafisten" ein ideales Instrument gefunden worden.

     

    Hier handelt es sich doch offensichtlich um eine gezielte Kampagne, denn nach wie vor ist das Schüren von Angst vor einer angeblichen Bedrohung das effektivste Herrschaftsinstument, um von den wirklichen Gefahren abzulenken.

    (Welche da sind Raubtierkapitalismus und wildgewordene Finanzwelt, die bedrohen uns viel mehr als eine Handvoll Salafisten!)

    Mich wundert sehr, dass die taz das nicht durchschaut und sogar mitmacht.

  • A
    Atheist

    Dieses Zitat ist herrlich entlarvend und zeigt, dass die Bekämpfung solch fanatisierter "Religions-Junkies", zum Schutz und Überleben unseren offenen Gesellschaft, mit ihren mühsam errungenen Rechten für Frauen, religiöse, ethnische und sexuelle Minderheiten, erforderlich ist.

     

    Zitat:

    „Wir werden weitermachen und ihr werdet verlieren“, wetterte der Kopf von „Millatu Ibrahim“ im Internet. „Egal, was ihr tut oder plant, wir werden weiterhin sagen: Demokratie ist Dreck"

     

    Herr Ibrahim.

    wir brauchen in Deutschland weder einen christlichen, noch einen islamischen Gottesstaat und daher werden Sie ihn auch nicht errichten!

     

    Das Mittelalter ist lange vorbei und abergläubische Schwachköpfe, die ein uraltes Märchenbuch zitieren, sind eher etwas für die geschlossene Abteilung der Psychiatrie ("Dr. Marbuse in der Klappsmühle" :-), sehr frei nach Fritz Lang, dem aus Nazi-Deutschland vertriebenen deutsch-jüdischen Filmregisseur).

     

    Gefährliche Irre mißbrauchen die Toleranz, die eine offene Gesellschaft auch auszeichnet und missverstehen sie als "Schwäche" - eine völlig Fehleinschätzung, denn schon bald werden Sie merken: Wer anderen intolerant begegnet, wie etwa die Salafisten, die jedem die "Hölle" :-) prophezeihen, der ihren Schwachsinn nicht unterstützt, werden schon bald feststellen, es setzt sich die Erkenntnis durch KEINE TOLERANZ GEGENÜBER INTOLERANTEN.

    Toleranz ist eben keine Einbahnstraße, sondern funktioniert wechselseitig.

  • V
    vic

    Während immer mehr Mitglieder der NSU-Fördergruppe frei herumlaufen, verbietet Friedrich religiöse Spinner- die anderen natürlich.

  • B
    bolle

    ick träum ick wach morjen uff und de npd is ooch ma eben fabotn...

  • AB
    Auch Bunt

    "Staat macht Bin-Laden-Fanclub dicht" ist eine verunglimpfende Schlagzeile, wie ich sie eher in anderen Blättern erwartet hätte. Wir wollen doch auch nicht, dass die Bundesregierung als "George W. Bush-Fanclub" betitelt wird, oder?

     

    Dass der Staat nach Staatsfeinden sucht und Elemente zu bekämpfen versucht, die den Rechtsstaat untergraben wollen, finde ich überaus angebracht. Wieso das aber im Rechtsradikalen Milieu nicht funktioniert, ist peinlich. Gerade dort wird vom Verfassungsschutz viel Geld investiert, was schon fast nach einem Staatsfeind-Sponsoring ausschaut...