Innenminister beenden Abschiebestopp: Syrien ist ein Folterstaat

Die Innenminister der Union lassen rechtsstaatliche Standards fallen. In ein Land, wo Folter und Willkür drohen, darf nicht abgeschoben werden.

Plakate mit Protest gegn Assad

Davon wollen die Innenminister der CDU nichts wissen: Protest gegen den Diktator Assad Foto: dpa

Syrien ist ein Folterstaat. Und dennoch haben die Innenminister den Stopp der Abschiebungen dorthin bei ihrer Konferenz am Donnerstag nicht verlängert. Er wird also Ende des Monats auslaufen. Danach kann wieder im Einzelfall geprüft werden, ob eine Abschiebung möglich ist. In ein Land, in dem selbst nach Angaben des Auswärtigen Amtes „weitreichende systematische Willkür bis hin zu vollständiger Rechtlosigkeit“ herrscht und in dem es in allen Regionen weiterhin zu „massiven Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene Akteure“ kommt.

Die Innenminister der Union, die die Verlängerung des Abschiebestopps verhindert haben, lassen damit rechtsstaatliche Standards fallen. In ein Land, wo Folter und Gefahr für Leib und Leben drohen, darf nicht abgeschoben werden. Das gilt für alle Menschen, auch für islamistische Gefährder oder Straftäter.

Deshalb ist es auch höchst unwahrscheinlich, dass es derzeit wirklich zu Abschiebungen nach Syrien kommt. Gerichte würden solche Versuche wohl kassieren. Auch sind Abschiebungen ganz praktisch unrealistisch, weil Deutschland in Syrien aus gutem Grund keine diplomatische Vertretung hat, es weder einen offiziellen Austausch mit dem Assad-Regime noch Direktflüge gibt. Was die Union da treibt, ist daher vor allem eins: Populismus. Kurz vor Beginn eines Superwahljahres blinkt sie nach rechts. Das lässt für 2021 nichts Gutes erwarten.

Trotz aller Abschiebe-Hindernisse sendet die Entscheidung das fatale Signal, dass man im Zweifelsfall auch bereit wäre, mit dem Assad-Regime gemeinsame Sache zu machen. Denn ohne Zusammenarbeit mit der Regierung vor Ort sind Abschiebungen nun einmal nicht möglich.

Die Innenminister von CSU und CDU sollten einmal den Al-Khatib-Prozess vor dem Koblenzer Oberlandesgericht besuchen, wo sich zwei Mitarbeiter des Assad-Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten müssen. Dort berichten Folterüberlebende, wie sie im Gefängnis geschlagen, getreten und vergewaltigt wurden, wie sie, an den Händen aufgehängt, von der Decke hingen, mit Elektroschocks malträtiert wurden. Fotos von in Haft Verstorbenen zeigen Menschen, die man verhungern ließ. Und ein Totengräber beschrieb, wie die Leichen – staatlich organisiert – in riesigen Massengräbern verscharrt wurden.

An fast jedem Prozesstag werden Belege dafür eingebracht, dass das Assad-Regime nicht nur im Einzelfall foltern lässt, sondern dass die Misshandlungen systematisch angewendet wird. Assad ist weiter im Amt, seine Methoden haben sich nicht verändert. In ein solches Land darf Deutschland nicht abschieben, mit einem solchen Regime darf es keine Zusammenarbeit geben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.