Innenausschuss zum Bamf-Skandal: Seehofer kündigt Reform an
Es ist kein Geheimnis, dass das Bamf in den vergangenen Jahren überlastet war. Der Skandal in Bremen wird vom Innenminister Seehofer aber als Einzelfall behandelt.
Der Innenausschuss der Bundestages hörte am Freitag die früheren Behördenleiter Manfred Schmidt und Frank-Jürgen Weise sowie erneut Bamf-Präsidentin Jutta Cordt. Weise, der im Herbst 2015 die Bamf-Leitung übernahm, sagte nach der Sitzung: „Jetzt liegt es in der Hand der Politiker, das zu bewerten.“ Zu den verbreiteten Vorwürfen, der Zeitdruck bei den Asylverfahren habe zu Fehlern geführt, meinte er: „Qualität und Schnelligkeit widersprechen sich nicht.“
Hintergrund der Bamf-Affäre ist ein Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bamf. Unter ihrer Leitung sollen zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen Asyl bekomemn haben, ohne dass es eine rechtliche Grundlage dafür gab. Die Vorfälle haben die Aufmerksamkeit auch auf andere Außenstellen der Behörde gelenkt.
Weise sagte dazu, Bremen sei ein krimineller Einzelfall. Auch der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster betonte, Bremen dürfe nicht verallgemeinert und nicht instrumentalisiert werden. Zu Weises Rolle meinte Schuster, er habe von der Politik „Beinfreiheit“ verlangt. „Die hat er bekommen.“ Auch die aktuelle Bamf-Chefin Cordt wies die Einschätzung zurück, Bremen sei „überall“. Die interne Revision werde aber bis 2014 zurück „jeden Stein umdrehen“ und soll im August abgeschlossen sein.
Bundesregierung unter Druck
Um weitere Fehler und Unregelmäßigkeiten beim Bamf zu verhindern, fordert die SPD einen Bundesbeauftragten für Asylfragen. Das sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. Dieser Beauftragte solle Hinweisen auf Missstände nachgehen und Ansprechpartner für Mitarbeiter des Bamf, aber auch für Kommunalpolitiker und Anwälte sein.
Die Unregelmäßigkeiten beim Bamf bringen auch die Bundesregierung weiter unter Druck. „Es ist schwer vorstellbar, dass Kanzleramt und Innenministerium davon nichts gewusst haben“, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Luise Amtsberg am Rande der zweiten Sondersitzung des Innenausschusses in Berlin. Auch die Verantwortung des früheren Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) müsse untersucht werden.
Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), schloss einen Untersuchungsausschuss zum Thema Bamf nicht aus, wenn am Ende der Anhörungen noch Fragen offen blieben. Auch sie sprach sich aber dafür aus, die strafrechtlich relevanten Vorfälle in Bremen und strukturelle Mängel des Bamf insgesamt zu unterscheiden.
Bisher fordern nur FDP und AfD einen Untersuchungsausschuss, ihre Stimmen allein reichen dafür aber nicht aus. FDP-Innenexperte Stephan Thomae verwies auf eine aktuelle Umfrage, wonach die Mehrheit der Wähler für ein solches Gremium ist. Dem ZDF-Politbarometer zufolge unterstützen 64 Prozent der Befragten die Forderung nach einem U-Ausschuss. 28 Prozent sind der Meinung, die Aufarbeitung der Vorgänge solle ausschließlich im Innenausschuss erfolgen.
Um die Asylaffäre in Bremen zu durchleuchten, stellt die Bremer Polizei derzeit eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Zentralen Antikorruptionsstelle des Innenressorts und des Landeskriminalamts mit Unterstützung der Bundespolizei zusammen. „Die Suche nach Personal und Räumen läuft auf Hochtouren“, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Laut „Spiegel“ soll die Gruppe mit dem Namen „Antrag“ etwa 50 Beamte umfassen. Demnach sollen die Ermittler gegen die frühere Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle, mehrere Anwälte, einen Dolmetscher und auch gegen Flüchtlinge ermitteln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht