Ingo Arzt über die deutsch-amerikanischen Beratungen: Entspannung erreicht, Klima egal
Willy Brandt wäre stolz auf Wolfgang Schäuble und Angela Merkel. Beide betrieben vergangene Woche eine Art himmelsrichtungsverkehrte Form der Entspannungspolitik. Diese ging nicht, wie in den 70er Jahren unter Brandt, Richtung Osten, sondern Richtung Westen. Adressat waren nicht die Sowjetunion und die DDR, sondern die USA.
Merkel blickte dabei im Weißen Haus so bemüht drein, als säße sie neben Nikita Chruschtschow statt neben Donald Trump. Gleichzeitig versuchte Wolfgang Schäuble, dem amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin in Berlin und Baden-Baden mit großväterlichem Charme die grundsätzliche Sinnhaftigkeit internationaler Beziehungen näher zu bringen.
Die Begegnung mit Mnuchin fand im Rahmen des G-20-Finanzministertreffens statt; jenes Forum, in dem die Chefs der mächtigsten Länder versuchen, der Idee eines global-neoliberalen, ökonomischen Konkurrenzkampfs einige Regeln zu geben. Und das im Widerspruch zu der gleichzeitigen Erkenntnis, dass die Klimakrise gelöst und die Armut bekämpft werden muss. Dieser so wichtige Weltrettungsteil ist auf Druck der Amerikaner aus dem Abschlusskommuniqué komplett gestrichen worden.
Wichtiger schien es, überhaupt eine gemeinsame Position zu formulieren, um im Gespräch zu bleiben. Dafür hat die Bundesregierung gleich im ersten Papier, das die neue US-Regierung mit ausgearbeitet hat, den Klimaschutz geopfert. Momentan ist es Berlin wichtiger, für die deutsche Exportwirtschaft einen Handelskrieg mit dem Amerikanern zu verhindern. Da wäre Klimaschutz nur lästiges Beiwerk. Vorerst.
Der Test folgt im Juli in Hamburg, beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G 20. Fällt auch dort das Thema Klima aus dem Abschlussdokument, wäre das eine blinde Kapitulation vor dem Irrsinn Trumps. Steht es dann wieder drin, wäre es ein Triumph der neuen deutschen Entspannungspolitik.
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