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Infrastrukturvorstand der Bahn gehtPofalla verlässt Deutsche Bahn

Der frühere CDU-Kanzleramtschef Ronald Pofalla kehrt dem Staatskonzern den Rücken. Sein Abgang dürfte mit der geplanten Bahnreform zusammenhängen.

Gibt seinen Job bei der Deutschen Bahn auf: Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Berlin taz | Vorstandsmitglied Ronald Pofalla verlässt die Deutsche Bahn. Wie der Konzern am Dienstag mitteilte, wird der für die Infrastruktur zuständige ehemalige CDU-Politiker das Unternehmen Ende April auf eigenen Wunsch verlassen.

Pofalla gab persönliche Gründe für seinen Abgang an. „Nach mehr als sieben Jahren im Unternehmen ist es an der Zeit, zu meinem nächsten Lebensabschnitt aufzubrechen“, sagte der 62-Jährige. Erst im vergangenen Jahr war sein Vertrag unter dem damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bis 2025 verlängert worden. Eine geplante Gehaltserhöhung von zehn Prozent war allerdings gescheitert.

Pofalla verdient im Jahr 650.000 Euro. Sein Rückzug dürfte damit zusammenhängen, dass der neue Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) angekündigt hat, die Deutsche Bahn neu aufzustellen. Das ist ohne eine personelle Erneuerung kaum möglich. Deshalb wird es wohl auch für Bahnchef Richard Lutz eng.

Pofalla war vor seiner Tätigkeit CDU-Generalsekretär und anschließend Kanzleramtschef unter Angela Merkel. Sein Wechsel 2015 zu dem Konzern, der zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist, war deshalb umstritten. Seit 2017 war Pofalla für die Infrastruktur der Deutschen Bahn verantwortlich. Die ist in weiten Teilen in einem desolaten Zustand. Viele Bahnhöfe sind marode, die Modernisierung des Schienennetzes wurde lange verschleppt.

Als Infrastrukturvorstand ist Pofalla auch für das umstrittene Großprojekt Stuttgart21 verantwortlich, dessen Kosten völlig aus dem Ruder laufen. Erst vor Kurzem ist bekannt geworden, dass die veranschlagten Ausgaben erneut um eine Milliarde Euro gestiegen sind und voraussichtlich bei mehr als 9 Milliarden Euro liegen werden. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn will bei einer Sondersitzung am 18. März darüber beraten.

Die Deutsche Bahn hat in den vergangenen Jahren immense Verluste eingefahren, nicht nur wegen der Coronakrise. FDP und Grüne würden den Konzern gerne zerschlagen, konnten sich damit in den Koalitionsverhandlungen aber nicht gegen die SPD durchsetzen. Die Regierungsparteien haben sich aber auf eine große interne Strukturreform verständigt.

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5 Kommentare

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  • Schön das er endlich geht. Zur Rechenschaft wird er nicht gezogen, für die Verluste wegen S21 und den Verfall der Infrastruktur. Wie das häufig so ist, bei staatlichen Einkommen in der Höhe von 650.000 Euro /anno. Schließlich hat er ja einen großen Anteil davon als Steuer abgedrückt. Solche Leute, wie auch Hr. Scheuer ruinieren unseren Staat ohne Rechenschaft ablegen oder Schadensersatzzahlungen übernehmen zu müssen.

    • 6G
      68514 (Profil gelöscht)
      @Sonnenhaus:

      Solche Leute werden aber immer wieder gewählt. Und die Wählerinnen sind ja bekanntermaßen Bürgerinnen von Deutschland. Bleibt die Frage, warum diese Leute nun gewählt werden. Die Antwort kann sich gerne jede selbst überlegen. Vielleicht liegt es ja auch mit daran, dass eine Pendlerpauschale immer noch als wichtiger eingeschätzt wird als gut funktionierende öffentliche Verkehrsmittel. Aber das wäre nur ein kleines Bausteinchen im Gesamtgeschehen.

  • Merkel hat ihrem Spezi Pofalla den Posten verschafft.

    Ein Tiefschlag für die deutsche Bahn.

    Merkel, die Stuttgart21 so toll fand und der die Bahn sonst herzlich egal war.

    Vor allem Kanzlerin Angela Merkel überhöhte die Umsetzung von Stuttgart 21 zur Überlebensfrage für die Demokratie und für Europa:

    Stuttgart 21 ist der Maßstab für die "Zukunftsfähigkeit Deutschlands".



    Stuttgart 21 müsse kommen, sonst sei "Deutschland unregierbar" und "Europa sei in Gefahr", und wenn dieses Großprojekt nicht komme, dann könne man keines mehr bauen.



    "Das ist ein richtiges, wichtiges Verkehrsprojekt für Europa."



    "Sonst werden wir den Anschluss an die Zukunft verlieren."



    "Das ist kluge Zukunftspolitik, wie wir sie brauchen."

    Hat Pofalla geglaubt, was seine Ex-Chefin da so erzählt hat? Egal, er hat es trotzdem gemacht.

    • @shantivanille:

      Die neue, irrwitzig teure unterirdische Haltestelle (als Bahnhof nicht zugelassen) wurde ja nur gebaut, um die Grundstücke des bestehenden HBF frei zu bekommen.



      Für Immobilienspekulanten.



      Ist Kernkompetenz der CDU.



      Nur die Schnellfahrstecke nach Ulm ist wichtig. Und diese Strecke müßte es ja schon seit mindestens 20 Jahre geben.



      Und die jetzt bekannt gewordenen 9,2MRD sind noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.



      Der Bundesrechnungshof geht bereits von 15MRD aus.



      Experten und die auch lautstarken Kritiker hatten das Debakel schon vor 15 Jahren vorrausgesehen.



      Nochmal: bei der neuen Haltestelle geht es nur um Grundstücke.



      Mit der Begrifflichkeit "Bahnprojekt" oder auch "Neuordnung des Bahnknotens" sollen nur die Wähler an der "Nase herumgeführt" werden.



      Einfach mal Herrn Mappus fragen.

  • Da hat die Bahn ja 4,5 Mio zum Fenster rausgeschmissen, die Unfähigkeit von Pufalla war ja schon immer bekannt, nun hat er die Infrastruktur ruiniert, tja, wer hat ihn gleich dort eingesetzt? A. Merkel, ruinös...