Inflation in Spanien: Sondersteuer für Umverteilung
Firmen, die von den Kriegsfolgen profitieren, sollen in Spanien eine Übergewinnsteuer zahlen. Das Geld braucht Madrid zur sozialen Krisenabfederung.
Seine „fortschrittliche Regierung“ werde „alles tun, um die Mittelklasse und die Arbeiter in Schutz zu nehmen“, erklärte der Sozialist, dessen PSOE in Koalition mit den Linksalternativen von Unidas Podemos regiert, angesichts der steigenden Inflation. Diese lag im vergangenen Monat bei 10,2 Prozent und damit so hoch wie seit den 1980ern nicht mehr.
Durch die Übergewinnsteuer sollen 3,5 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskasse fließen. 1,5 Milliarden Euro werden die Banken zahlen, 2 Milliarden die Energiekonzerne. Die Energiekonzerne – allen voran die Erdöl- und Erdgasunternehmen – fahren dank der Preissteigerung in Folge des Ukrainekrieges Rekordgewinne ein. So sind die Gewinne beim spanischen Tankstellenbetreiber Repsol 15-mal so hoch wie vor einem Jahr. Auch die Strompreise sind in den letzten Monaten gestiegen wie nie zuvor. Und die Banken stehen vor einer Zeit steigender Zinsen und damit höherer Einnahmen, dank der bevorstehenden Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank. Kaum hatte Sánchez seine Steuerpläne verkündet, sanken die Börsenkurse der Banken um bis zu 10 Prozent.
Wohin mit den neuen Steuereinnahmen? Auch dazu legte Sánchez Pläne vor. Rund 1 Million Schüler und Studenten, die ein staatliches Stipendium zwischen jährlich 2.200 und 2.900 Euro erhalten, werden bis Jahresende monatlich 100 Euro mehr beziehen. Ob sie auch im kommenden Haushalt extra bedacht werden, steht noch nicht fest. Außerdem werden nach der Sommerpause bis zum Jahresende alle Mehrfachfahrscheine und Monatskarten für Nahverkehrszüge und Regionalzüge kostenlos sein.
Spanischer Mietendeckel
Hinzu kommt ein bereits vor der Debatte zur Lage der Nation beschlossenes Paket zur Entlastung der Haushalte. Dort wurde eine Obergrenze für Mietsteigerungen festgelegt, die Mehrwertsteuer für Stromversorgung von den üblichen 10 auf 5 Prozent gesenkt, die Niedrigrenten um 15 Prozent angehoben. Auch der Mindestlohn stieg in den drei Jahren der Linksregierung gleich zweimal auf mittlerweile 1.050 Euro pro Monat und 14 Zahlungen im Jahr.
Die Opposition wurde von Sánchez’ Plänen völlig überrascht. So hielt die Fraktionssprecherin der konservativen Partido Popular (PP), Cuca Gamarra, ihre Rede, als wäre nichts geschehen. Sie warf Sánchez „Untätigkeit“ angesichts der Inflationskrise vor. „Die Rede ist eine Beleidigung, die Vorschläge der Regierung sind null“, sagte sie. Ihre Idee: breitangelegte Steuersenkungen.
Sánchez rechnete der Rechten vor, was ohne Steuereinnahmen an Sozialprogrammen alles nicht möglich gewesen wäre. Dazu verglich er die Eurokrise unter einer PP-Regierung mit der Coronakrise unter seiner Ägide. „2012 ging das Brutto-Inlandsprodukt um 3 Prozent zurück und 3 Prozent der Arbeitsplätze wurden vernichtet, 2020 sank das BIP um 10,8 Prozent und nur 1,6 Prozent der Arbeitsplätze gingen verloren“, verteidigte er Staatsausgaben. Sánchez hatte 2020 erstmals in der spanischen Geschichte ein breites Kurzarbeitsprogramm aufgelegt, um die Belegschaften zu retten.
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