Inflation in Deutschland legt wieder zu: Ein statistischer Effekt wirkt
Die Teuerungsrate zieht erstmals seit drei Monaten wieder an. ÖkonomInnen entwarnen: Es liegt vor allem an 9-Euro-Ticket und Spritrabatt von 2022.

„Die im Vorjahresvergleich gemessene Inflation wäre im Juni deutlich gefallen und nicht gestiegen, wenn vor einem Jahr nicht Tankrabatt und 9-Euro-Ticket eingeführt worden wären“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Die Juni-Zahlen unterbrechen nur den Abwärtstrend der Inflation, markieren aber noch nicht sein Ende.“ Das sieht auch Ökonom Salomon Fiedler von der Berenberg Bank so. Die Inflation sei zwar „weiterhin viel zu hoch ist, aber dieser Anstieg sollte nicht überbewertet werden“, sagte er.
Die Bundesregierung hatte von Juni bis August 2022 wegen der infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine gestiegenen Energiepreise einen Tankrabatt für Benzin und Diesel eingeführt. Zugleich wurde für 90 Tage im ÖPNV ein Ticket für neun Euro pro Monat eingeführt.
Energie kostete im Juni durchschnittlich 3,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Mai: +2,6 Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich zwar mit 13,7 Prozent erneut deutlich, allerdings nicht mehr so stark wie im Mai mit 14,9 Prozent. Dienstleistungen kosteten im Schnitt 5,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Mai: +4,5 Prozent).
In der zweiten Jahreshälfte Entspannung
Für die zweite Jahreshälfte rechnen die meisten Analysten mit einer Entspannung bei den Preisen. „Wir werden jetzt noch zwei Monate lang ähnlich hohe Inflationsraten von um die sechs Prozent sehen“, sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. „Erst ab September ist die Inflationsrate wieder weniger stark verzerrt und voraussichtlich noch einmal etwas niedriger als aktuell.“
In anderen Teilen der Eurozone hat sich die Inflation bereits deutlich abgeschwächt: In Spanien lagen die Verbraucherpreise (HVPI) im Juni nur 1,6 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum, teilte das Statistikamt INE am Donnerstag mit. Im Mai hatte die Rate noch 2,9 Prozent betragen. Im Juli 2022 hatte sie bei über 10 Prozent gelegen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier