Individuelle Gesundheitsleistungen: Ärzte schröpfen Patienten
Krankenkassen üben scharfe Kritik an Zusatzleistungen. Ärzte nutzten das Vertrauensverhältnis „schamlos“ aus. Ein teurer Spaß.
Sein Verband stellt in Berlin einen „IGeL -Monitor“ vor. Besonders geschäftstüchtig seien laut der repräsentativen Erhebung Frauen- und Augenärzte, gefolgt von Orthopäden und Dermatologen.
Die Ergebnisse zeichnen ein erschreckendes Bild. Viele Patienten beschweren sich über aggressive und teilweise irreführende Werbung für die Zusatzleistungen bereits im Anmelde- und Wartebereich. Schwangere Frauen würden teilweise massiv unter Druck gesetzt, zusätzliche Ultraschalluntersuchungen zu buchen – obwohl diese keinerlei erkennbaren Nutzen hätten, heißt es in dem Bericht.
In einigen Fällen wurde die Behandlung von der Buchung von IGeL-Leistungen abhängig gemacht, auch erfolgte in vielen Fällen keine umfassende Information über den Nutzen sowie mögliche Risiken. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient werde mitunter „schamlos ausgenutzt“, sagte Pick.
Die therapeutische Sinnhaftigkeit der für die Ärzte sehr lukrativen Leistungen ist laut IGeL-Monitor in den meisten Fällen zweifelhaft. Der MDS hat bislang 41 der 300 bis 400 Untersuchungen und Zusatztherapien genauer untersucht. Lediglich in drei Fällen, unter anderem Lichttherapie bei saisonal bedingter depressiver Störung, ist nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung von einer „tendenziell positiven“ Wirkung auszugehen. Vieles kann derzeit noch nicht beurteilt werden oder gilt als vollkommen wirkungslos.
17 Angebote werden sogar als „tendenziell negativ“ oder eindeutig negativ eingestuft. Für den MDS ist die Sachlage eindeutig. IGeL seien für eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung unnötig und dienten in erster Linie der „Abzocke der Patienten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles