Indiens Anti-Korruptionspartei: Gib Korruption keine Chance
Ihr geht es nicht um Wahlsiege: Die neu gegründete „Partei des einfachen Mannes" von Arvind Kejriwal will korrupte Politiker in Indien entlarven.
DEHLI taz | Sie sind die Saubermänner der indischen Politik, deren Partei 80 Prozent der Inder wählen wollen, so eine Umfrage der indischen Tageszeitung Hindustan Times. Bei ihrer Parteigründung gaben sie sich jetzt einen Namen: Aam Aadmi Partei (AAP) – Partei des einfaches Mannes.
Ihre erste Parteiveranstaltung hielten sie an diesem Sonntag im Rajgath-Park in Delhi neben der Gedächtnisstätte für Mahatma Gandhi ab. „In unserer Partei wird es keine Familiendynastien geben“, rief der frisch gewählte AAP-Führer Arvind Kejriwal in eine alte Lautsprecheranlage. Er stand vor jubelnden jugendlichen Männern, die Gandhi-Mützen mit der Aufschrift „Ich bin ein einfacher Mann“ trugen und indische Fahnen schwenkten.
Kejriwal, ein ehemaliger Steuerbeamter, dominiert seit Wochen die Schlagzeilen der indischen Medien. Mit einem Team von Anwälten stellte der bisherige NGO-Aktivist mehrere Spitzenpolitiker aus Regierung und Opposition wegen Korruption bloß. Sein auffälligster Fang war der Schwiegersohn der Kongress-Parteichefin Sonia Gandhi.
Seine Bekanntheit verdankt Kejriwal einer langjährigen Allianz mit dem populären Antikorruptionskämpfer Anna Hazare, für dessen Hungerstreik 2011 Hunderttausende Inder landesweit demonstrierten. Seither haben sich Hazare und Kejriwal in zwei Lager gespalten: Hazare will weiter die Straße mobilisieren, Kejriwal mit der AAP die politische Landschaft aufmischen.
„Wir werden die Kongresspartei lehren, was es heißt, für den einfachen Mann einzutreten“, versprach er im Rajgath-Park. Sein ehemaliger Mentor Hazare lobte das Unterfangen der Parteigründung, setzte aber hinzu, dass er jeden künftigen AAP-Kandidaten einzeln überprüfen lassen werde, bevor er zu seiner Wahl aufrufe. Die Kongresspartei reagierte gelassen: „Wahlen werden zeigen, welchen Einfluss die AAP wirklich hat“, sagte ihr Generalsekretär Digvijay Singh.
Das erste Mal will die AAP bei den bis Ende 2013 fälligen Stadtwahlen von Delhi antreten. Sie verspricht sich vor allem von den neuen urbanen Mittelschichten Unterstützung. Doch genau hier liegt auch die Schwäche der neuen Partei. Wahlen in Indien werden bisher mit teuren Mobilisierungskampagnen der armen Leute auf dem Land gewonnen. Dabei werden großzügig Wahlgeschenke verteilt und Stimmen nicht selten gekauft. Die AAP tritt genau gegen diese Praktiken an.
Wahlsiege seien nicht das Ziel der Partei, man wolle vielmehr die herkömmliche Politik entlarven, hieß es denn auch beim ersten Treffen einer 300-köpfigen Delegiertenversammlung der AAP. Eine neue Parteiverfassung sieht vor, dass alle Spender öffentlich benannt werden und Amtsträger der Partei keine weiteren Familienmitglieder in Parteipositionen haben dürfen.
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