Indien im Kaufrausch: Bling-Bling Bombay
Luxus ist immer steigerungsfähig. Das zeigt ein neuer Fotoband von Amin Jaffer, in dem er von Gütern der Maharadschas und von der Zukunft des Konsums in Indien erzählt.
Nun, da Indien aufstrebt, die reichen wie auch erst neuerdings reichen Inder sich in ihrer S-Klasse durch die Stadt kutschieren lassen, ihre Kinder auf europäische und amerikanische Internate und Universitäten schicken, verfällt das Land in einen Kaufrausch.
Wer nicht weiß, wohin mit dem frischen Geld, erhält durch die seit Oktober auch in Indien erscheinende Vogue Orientierungshilfe. Ein Babytragesack von Gucci für über sechshundert Euro - oder doch die klassische Birkin Bag von Hermès? Auf den Societyseiten lächeln die Repräsentanten der Goldklasse, das Champagnerglas in der Hand, in die Linse. Das Barpersonal mischt unbekümmert Heidsieck mit Moët. Der Luxus westlicher Spielart erlebt in diesem Land, das so stark vom Elend geprägt ist, eine Wiedergeburt.
Vor dieser Entwicklung erscheint "Made for Maharajas" von Amin Jaffer aus dem Christian Verlag interessant und lehrreich. Der Band erzählt nicht nur vom Luxus, mit dem sich Maharadschas in der britischen Kolonialzeit umgaben, sondern zugleich auch die Geschichte des Konsums in Indien mit Ausblick auf das, was die Zukunft bringen mag.
Jaffer, ehemals Kurator der Asienabteilung des Victoria and Albert Museum, nun Internationaler Direktor für Asiatische Kunst bei Christies in London, ordnet die eindrucksvollen und in Fleißarbeit zusammengetragenen Bilder nach Themen. Porträts, Juwelen, Mode, Paläste und anderer Schnickschnack, den man als Herrscher eben so anhäuft, wenn man sein Geld nicht mehr für lästige Armeen ausgeben muss, werden dem Auge schmeichelnd präsentiert. Wären die Erläuterungen des Autors nicht so detailliert und historisch eingeordnet, erschienen die Maharadschas im kolonialisierten Indien als willen- und zügellose Käufer. Statt als extravagante Verschwender stellt Jaffer die verschiedenen Maharadschas und Maharanis jedoch als stilistische Vorreiter ihrer Gesellschaft und Zeit dar. So wird Maharadscha Yeshwant Rao Holkar II. immer wieder als Beispiel für die gelungene Fusion des europäischen und indischen Geschmacks herangezogen. Auf dem Buchtitel ist er in einem traditionellen Gewand abgebildet, im schwarzen Frack zeigt ihn eine andere Zeichnung, als sei er aus einer französischen Jazzband der Zwanzigerjahre gepickt. Edelsteine, Gold und ein nettes Zuhause sorgten auch während der Kolonialzeit für das nötige Gefühl für Unterschiede. In Indien herrschte immer schon eine Kultur des Vorzeigens, nicht des Versteckens.
Nun sind es wieder die großen französischen Marken wie Louis Vuitton, die Zeichen der gehobenen sozialen Stellung sein sollen. Anders als heute aber, wo Luxus oft einfach mit Bling-Bling verwechselt wird, wirken die in dem Bildband präsentierten Produkte zwar oft überladen, aber nur selten vulgär.
Interessant, dass sowohl Jaffer als auch die Vogue ihre Stil-Ikone in Gayatri Devi gefunden haben. In "Made for Maharajas" wird immer wieder ihre Schönheit und Stilsicherheit gepriesen. Die Vogue vom November widmet der ehemaligen Maharani eine ganze Fotostrecke.
So erscheint der indische Luxus zwar neu, steht aber im Gegensatz zu seiner neureichen chinesischen Variante in langer Tradition. Das erklärt auch das Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit, mit denen die Üppigkeit der Warenwelt in Indien wieder umarmt wird.
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