Indianer war Codewort für bin Laden: Häuptling, nicht Terrorführer
Der Name des widerständischen Indianerhäuptlings Geronimo war Codewort für Osama bin Laden. Geronimo ist Symbolfigur für Widerstand und Aussöhnung.
BERLIN taz | "Was zum Teufel haben die sich eigentlich dabei gedacht?" So wütend beginnt der Kommentar des Shawnee/Lenape-Indianers, Buchautors und Institutsgründers Steven Newcomb. Es macht ihn fassungslos, dass ausgerechnet der erste schwarze Präsident der USA es zulassen konnte, dass der Name des bekanntesten widerständischen Indianerhäuptlings, des Chiricahua-Apachen Geronimo, am vergangenen Wochenende zum Codewort für Al-Qaida-Chef Osama bin Laden wurde.
Damit steht Newcomb nicht allein. Vertreter nahezu aller Stämme haben sich inzwischen empört ans Weiße Haus gewandt und verlangen eine Entschuldigung. Kein Wunder, gilt doch Geronimo, der 1909 verstorbene Häuptling, sowohl als Symbolfigur des Widerstands gegen den Völkermord an der US-amerikanischen Ureinwohnerschaft als auch als Symbol der Aussöhnung. Jetzt ausgerechnet bin Laden nach ihm zu benennen werten die Verbände als Zeichen, dass IndianerInnen immer noch als Feinde angesehen werden, nicht als US-BürgerInnen.
In der Debatte bemüht sich der eine oder andere Historiker, Geronimo mit bin Laden zumindest als Kämpfer gegen die US-Regierung zu vergleichen. Das hinkt gewaltig. Geronimo erlebte 1837 mit acht Jahren, wie seine Eltern zusammen mit 400 anderen Apachen von weißen Skalpjägern umgebracht wurden. Als er 29 war, wurden seine Frau, seine drei Kinder und seine Adoptivmutter von mexikanischen Truppen getötet. Erst dann nahm er den bewaffneten Kampf auf - offen, hart und gegen eine Übermacht von Gegnern.
Unzählige Heldensagen ranken um diese Zeit, als Geronimo von bis zu 5.000 US-Soldaten verfolgt wurde und entkam. Mit verbliebenen 36 Mitstreitern stellte er sich 1886 den US-Truppen. 1909, inzwischen zum Christentum konvertiert, starb er. Präsident Roosevelt hatte ihn 1905 eingeladen, bei der Parade zu seiner Amtseinführung mitzureiten.
Geronimo - und damit auch eine Anerkennung der Legitimität des indianischen Widerstands - schien fest in den Kanon US-amerikanischer Geschichtsschreibung zu gehören. Bis zum letzten Wochenende, als ein gedankenloser Militär eine dumme Idee hatte.
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