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In eigener SacheWeltweiter AKW-Report auf Deutsch

Der „Welt-Statusreport“, der Faktencheck zur Atomindustrie 2012, erscheint bei der taz – während die Wahl in Japan für die Atombranche glimpflich ausgeht.

Journalisten in Fukushima: Die übrigen 50 Reaktoren im Land bleiben „betriebsbereit“. Bild: dpa

BERLIN taz | Es gibt viele Zahlen zu Atomkraft, aber nur wenige davon sind glaubhaft. Der atomkritische, aber propagandaferne „Welt-Statusreport Atomindustrie“ prüft seit Jahren die Angaben der diversen Industriepublikationen und vieler anderer Medien auf ihre Realität. Nun ist die Ausgabe 2012 auf Deutsch erschienen, exklusiv bei der taz.

Alle Länder mit Atomkraft werden dargestellt, mit Diagrammen die Verläufe über die Jahrzehnte erklärt. So stellt man etwa mit Erstaunen fest, dass der Atomstromanteil in China fällt, obwohl das Land die meisten Reaktorneubauten verzeichnet. Mit 1,8 Prozent liegt der Anteil an AKW-Strom in dem Land bereits unter dem von Windstrom.

Der Report ist auf Englisch unter www.worldnuclearreport.org zu lesen. Einen aktuellen Bezug hat er durch die vorgezogenen Wahlen in einem der Musteratomländer gewonnen: Die Parlamentswahlen in Japan vom Sonntag galten als eine Wahl mit weltweiten Auswirkungen. Die regierende Demokratische Partei hatte einen Atomausstieg angestrebt.

Und es kandidierten AKW-Gegner. Japan ist laut dem Statusreport mit 54 Reaktoren eine der größten Nuklearnationen der Welt. Offiziell gelten nur vier der Fukushima-Daiichi-Reaktoren als „endgültig abgeschaltet“, die übrigen 50 Reaktoren bleiben „betriebsbereit“, und in den internationalen Listen erscheinen auch noch zwei Reaktoren als „im Bau“.

Tepco-Aktien gestiegen

Atomkraft war also Thema im Land. Allerdings kam die Wahl überraschend schnell, was es neuen Kräften schwer machte. Es gewann denn auch die traditionelle Regierungspartei LDP zusammen mit einem Koalitionspartner mehr als zwei Drittel der Stimmen im Unterhaus. Die neue Tomorrow Party of Japan mit dem atomkritischen Gouverneur Yukiko Kada an der Spitze erreichte nur neun Sitze.

Mit einer Entscheidung, wieviele Atomkraftwerke nun künftig betrieben werden, will sich die kommende LDP-Regierung Zeit lassen. Aber die Investoren an der Tokioter Börse hatten am Montag eine eindeutige Einschätzung: Die Aktien der Betreibergesellschaft des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima, Tepco, schossen mit einem Aufschlag von fast 33 Prozent regelrecht durch die Decke. In Japan sind derzeit fast alle 50 Atomreaktoren abgeschaltet – nur zwei sind am Netz.

Den Atomreport gibt es im taz-Shop als elektronische Version (E-Paper) für 9,90 Euro, auf Wunsch auch als Buch (Print on demand) für 20 Euro unter taz.de/ekiosk.

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8 Kommentare

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  • J
    @Jens

    Tolles Wortspiel, tolle Belege, tolle Argumente zu meinem "Kram".

    Herzlichen Glückwunsch!

    Und viel Spass als Aufräumarbeiter beim nächsten AKW-Unfall in Europa, den da meldest DU dich freiwillig, gelle?

  • J
    Jens

    @Abwägen: genau....DEINE Welt ist ziemlich einfach....sorry, dass ich nicht auf den ganzen Kram eingehen kann den Du da geschrieben hast....würde mich zuviel Zeit kosten

  • A
    Abwägen

    Grenzwerte für Nahrung werden so angepasst, wie es die Industrie fordert, seit 1986 für die aus dem Ostblock, seit 2010 für die aus Japan. Krebsraten, Missbildungen und Totgeburten werden absichtlich nicht statistisch erfasst. Hunderttausende Menschen wurden bereits verseucht oder getötet. Es werden mit Sicherheit Hunderte Millionen.

    Folgen können auch nach 1000den Jahren auftreten, die Radionukleide haben teilweise extrem langsame Zerfallszeiten. Hunderte Millionen ist also sehr optimistisch gesehen.

     

    Warum wird es getan, wenn es sich doch offensichtlich (siehe auch Beispiel Kostenexplosion AKW-Neubau in Finnland) nicht rechnet? Ganz einfach:

     

    1 militärische Notwendigkeit für AKWs zur Plutoniumgewinnung- klar

     

    2 betriebswirtschaftliche Gewinne für "Eliten", Konzerne, denn die Folgen werden immer auf die Bevölkerung abgewälzt

    Dazu ist eine Technologie, die solche Konzentration erfordert, besonders geeignet

     

    3 Fachidiotie von vermeintlichen Wissenschaftlern, die vergessen, dass Wissenschaft dem Menschen dienen muß und nicht umgekehrt

     

    4 von o.g. 3 Gruppen verblödete und manipulierte oder bezahlte Multiplikatoren

     

     

    Es IST SO EINFACH!

  • A
    Abwägen

    Die Nutzung der Atomenergie und ihre Befürwortung und Förderung ist ein Verbrechen!

    Kein Aufsichtsratsvorsitzender von EON baut sein Haus beben ein AKW, keiner schickt seine Kinder als Liquidatoren nach Japan, das müssen Menschen machen, die als Leiharbeiter von der Mafia dazu erpresst werden.

     

    Die Zahlen sind eindeutig:

    Maximal 6% der Primärenergie weltweit genutzt durch etwa 450 AKWs. Unter voller Berücksichtigung der eingesetzeten fossilen Energie für Transport, Abbau, Lagerung, Aufbereitung, Anreicherung eher 1% oder darunter.

     

    Hunderttausende Quadratkilometer sind verseucht:

    Beispiel:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Karatschai-See

     

    Bei Interesse:

    Hanford,USA; Majak,Russland; Sellafield, ehemals Windscale,England; Dunreay,Schottland; Polygon,Kasachstan;Fukushima,Japan;Bikini-Atoll, Südpazifik;Barentssee;Irische See;Tschernobyl,Ukraine;La Hague, Frankreich; Liste bei Weitem unvollständig, ohne Uranabbaugebiete mit entsprechenden staubenden Halden in Afrika, Australien, Südamerika.

     

    Das steht in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Menschen.

     

    Die fortschreitende Verseuchung ist weltweit flächendeckend, es gibt keinen Ort auf der Erdoberfläche mehr, der nicht betroffen ist.

     

    Die Freisetzung an Radionukleiden durch Fukushima übertrifft bisher schon alle bisherigen (Inkl. Tschernobyl und sämtlicher Atomwaffentests), ohne eingestürztes Abklingbecken. Weitere, viel schwerere Unfälle sind unvermeidlich in den nächsten 20 Jahren.

  • J
    Jens

    @Physikus66:"Und wie man weiß werden AKW mit dem Alter keineswegs sicherer." Wie kommst Du darauf? Bremst eine Bremse eines 10 Jahre alten Autos schlechter als die eines 3 jährigen Autos, wenn die Bremse immer ordentlich gewartet wurde? Also was soll ständig diese Propaganda, dass ein älteres Kraftwerk immer unsicherer ist als ein neueres? In der BRD wurde Kraftwerke endgültig stillgelegt, obwohl sie im EU-Stresstest sehr gute Noten bekommen haben......so sieht die Logik ala Angela Merkel aus!!!

  • P
    Physikus66

    Es stimmt natürlich das die japanischen AKW - im Gegensatz zu den deutschen - durch Erdbeben und Tsunamis gefährdet sind.

     

    Allerdings sind die deutschen AKW viel zu dicht dran an den Ballungszentren. Fukushima ist 400 KM von Tokio entfernt, aber z.B. Krümmel ist nur ganze 25Km Luftline von der Hamburger Innenstadt entfernt. Und wie man weiß werden AKW mit dem Alter keineswegs sicherer.

     

    Der Ausstieg mußte also sein, denn Vorsicht ist nun mal die Mutter der Porzellankiste. Der ganze Ärger und die Kosten der Energiewende stehen in keinem Verhältnis zu den Kosten eines möglichen GAUs.

     

    Ich bezweifle natürlich auch das wir mit Windrädern+Co unseren Energiebedarf decken können, aber dann sollten wir besser Gas/Kohle-Kraftwerke bauen anstatt der Atomkraft nachzuweinen.

  • C
    Consequens

    Aus Ihrem Bericht

    "Mit 1,8 Prozent liegt der Anteil an AKW-Strom in dem Land bereits unter dem von Windstrom."

     

    Geht man hier von der installierten Leistung an MW oder der tatsächlich prodozierten Leistung von MW/Std. aus. In Deutschland sind 22.000 WKA mit einer Gesamtleistung von ca. 30.000 MW installiert, heutige Tagesleistung nach gemeldeten Daten an der Strombörse EEX Leipzig um 13:00 - 500 MW bundes-

    weit(erbärmlich und unzuverlässig, dito Solar). Wir verbrauchen aber um 13:00 - 65.000 MW, bundesweit. Mittlerweile plant man bei Engpässen in BW den Strom der Haushaltskunden im Wechsel täglich um 1,5 Std. auszusetzen. Leben wir in den Nachkriegsjahren? Eine tolle Energie(w)ende!

  • V
    vic

    Ausgerechnet Japan, das Atomkraft sowohl militärisch als auch "friedlich" zu spüren bekam, entscheidet sich für eine atomfreundliche Regierung.

    Die dümmsten Kälber...

    Immerhin kann niemand sagen, er hätte "es" nicht gewusst.