Impfzentren in Baden-Württemberg: Impfen ohne Lohn

Einige Mitarbeitende der Impfzentren in Baden-Württemberg warten auf ihre Bezahlung. Teils sollen es bis zu 6.000 Euro sein, die fehlen.

Eine Impfspritze in einem Oberarm

Eine Spritze nach der anderen und dann ohne Lohn dastehen Foto: Marijan Murat/dpa

KARLSRUHE taz | Es wurde viel geklatscht für Pfle­ge­r:in­nen in Kliniken. Und auch die in aller Eile aufgebauten Impfzentren könnten ohne medizinische Fachkräfte wieder dichtmachen. Umso unverständlicher, dass Mitarbeitende in Impfzentren in Baden-Württemberg zum Teil seit Monaten auf ihren Lohn warten, wie Recherchen der Badischen Neuesten Nachrichten ergaben.

Das Blatt zitiert unter geänderten Namen Mitarbeitende im Kreisimpfzentrum Rhein­stet­ten bei Karlsruhe, bei denen der Lohn in Höhe von 6.000 Euro für über 160 Arbeitsstunden aussteht. Für die meisten ist die Arbeit im Impfzentrum ein Zusatzverdienst, auf den sie aber wegen oft geringer Löhne an ihrer eigentlichen Arbeitsstelle angewiesen sind.

Das Sozialministerium von Manne Lucha (Grüne) erklärt den Lohnrückstand, der etwa 180 Mitarbeitende betrifft, mit Unstimmigkeiten zwischen Land und Kommunen. Das Land habe zunächst gehofft, dass die Mit­ar­bei­te­r:in­nen in den Impfzentren über die Städte angestellt werden könnten. Einige Kreise wie Karlsruhe lehnten dies jedoch ab.

Und so wurden seit Dezember Zeitarbeitsfirmen mit der Einstellung der Hilfskräfte beauftragt, die jedoch nicht für den seit Dezember ausstehenden Lohn aufkommen. So sei der Lohnrückstand entstanden. Man sei im Kontakt mit den Betroffenen, heißt es im Ministerium.

Raues Klima bei den Zeitarbeitsfirmen

„Es gibt kein Hoffen, wenn man Verwaltung organisiert“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Jung. Für ihn ist das Agieren des Ministeriums „fahrlässig“ und „absolut beschämend“. Schließlich setzten sich die Mitarbeitenden in den Zentren ja auch einem Risiko aus. Jung, der gerade aus dem Bundestag in den Landtag gewechselt ist, hätte dem Land empfohlen, die Mitarbeitenden in den Impfzentren über das Landesamt für Besoldung und Versorgung anzustellen.

So einfach sei die Sache nicht, heißt es aus dem Sozialministerium. Die Hilfskräfte seien in der Regel über die Landratsämter angestellt, manche aber auch über Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz. Nur vereinzelt seien die Landratsämter nicht bereit gewesen, die Mitarbeiter anzustellen. Da habe es dann Probleme mit der Bezahlung gegeben. Bis Ende Mai sollen laut Ministerium nun alle Lohnrückstände beglichen sein.

Durch das Zwischenschalten der Zeitarbeitsfirma ergibt sich ein weiterer Nachteil. Während direkt Angestellte 50 Euro brutto die Stunde erhalten, müssen sich die über Personalfirmen Beschäftigten mit 36 Euro brutto zufriedengeben. Impfärzte in den Zentren erhalten dagegen einen Stundenlohn von 130 Euro, plus Anfahrtspauschale, den sie über die Kassenärztliche Vereinigung auch zuverlässig überwiesen bekommen.

Das Klima scheint für die medizinischen Fachkräfte bei den Zeitarbeitsfirmen rau zu sein. In einem Brief an das Sozialministerium zitiert Jung eine Mitarbeiterin in einem Karlsruher Impfzentrum: „Ich kenne Kolleginnen, die verzweifelt sind und Angst haben, etwas zu sagen. Wenn man den kleinsten Verdacht erregt, nicht loyal zu sein, wird man nicht mehr in die Schichten eingeteilt.“ Selbst FDP-Mann Jung hält den Einsatz von Personaldienstleistern in diesem Fall für überflüssig: „Wenn man eine Zeitarbeitsfirma vermeiden kann, dann macht man es. Gerade bei staatlichen Aufgaben.“

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