Impfpflicht in Italien: Keine Macht den Masern
Seit Mitte 2017 herrscht in Italien Impfpflicht. Der Widerstand der Gegner war groß, jetzt wird eine erste Bilanz gezogen.
In Deutschland wird auf Plakaten immer wieder ein kleines gelbes Heftchen gesucht: der Impfpass. Die Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung muss auf Freiwilligkeit setzten, denn Impfungen sind in Deutschland keine Pflicht. Das sieht in Italien anders aus: Seit Mitte 2017 sind zehn Immunisierungen obligatorisch, der Gesetzesänderung ging eine Maser-Epidemie am Anfang des Jahres voraus.
Im Fachblatt „Eurosurveillance“ haben Epidemiologen nun eine erste Bilanz gezogen. Demnach scheint die gesetzliche Impfpflicht zu wirken. Ende 2017 war die Rate für fast alle Impfungen höher als in 2016. Gegen Masern, Mumps und Röteln sind sogar 4,4 Prozent mehr geschützt als im Vorjahr. Die gesetzliche Impfpflicht wurde in Italien von einer umfangreichen Informationskampagne begleitet, außerdem wurden Strafen für Verstöße festgelegt. Wer der Impfpflicht nicht nachkommt, muss bis zu 500 Euro zahlen. Auch können unter Sechsjährige bei fehlenden Impfungen von Krippen, Kindergärten und Vorschulen ausgeschlossen werden.
Trotz der strengen Vorgaben versuchen Impfgegner die Vorschriften immer noch zu umgehen: Eltern drohen mit Klagen oder versuchen die Impfung aufzuschieben. Der Widerstand, der gerade gegen den Schutz vor Masern stark ist, sorgt dafür, dass nur 92 Prozent der unter Dreijährigen einen entsprechenden Schutz erhalten. Insgesamt sind 87 Prozent der Italiener gegen Masern geimpft, die angestrebte Impfquote liegt jedoch bei 95 Prozent – nur dann können Ausbrüche wirksam verhindert werden.
Viele Gegner befürchten Nebenwirkungen durch die Immunisierungen, obwohl diese wissenschaftlich nicht belegt sind. Unter Kritikern existiert sogar die abwegige Theorie, dass die Impfung gegen Masern Autismus zur Folge haben könnte. Tatsächlich hat jedoch die Angst vor vermeitlichen Schäden die wahren Auswirkungen: In den ersten vier Monaten des Jahres sind über 1200 Italiener an Masern erkrankt – Vier Menschen sind gestorben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau