Impeachmentverfahren gegen Trump: Virtuelle Trolls, reale Gefahr

Die Saat der Gewalt aus dem Netz: Neue Bilder vom Sturm aufs Kapitol belegen die lebensgefährliche Situation für Po­li­ti­ke­r:in­nen am 6. Januar.

Überwachungsvideos des Sturms auf das Kapitol zeigt demonstrierende die gewaltsam in das Kapitol eindringen

Brenzlige Szenen: Überwachungsvideo zeigen den Sturm aufs Kapitol Foto: Senate Television/ap

Dieses Bild ging nach der gewalttätigen Demonstration in Wa­shington vom 6. Januar 2021 um die Welt: Direkt vor einem Treppenaufgang zum Kapitol stand ein Jeep, mit dem die Protestierenden durch Absperrgitter und Polizeiketten gekommen waren. Auf dessen Windschutzscheibe stand die Parole „Pelosi is ­satan“.

Politische Opponenten als Teufel zu bezeichnen ist eine Hassbotschaft, die schon vor Donald Trumps Wahlsieg 2016 auf Internetseiten wie Breitbart News oder dem Imageboard 4Chan zu lesen war. Der Teufel steckt auch im Detail: Der Jeep ist ein Symbol der libertären Rechten, die längst offroad vom Medienmainstream unterwegs sind und sich in Internetblasen ihr Weltbild bestätigen lassen.

„Alle Medien massieren uns gründlich durch“, sagte der kanadische Theo­re­ti­ker Marshall McLuhan über die Wirkung von Medien, deren Inhalte niemand unberührt lassen. Sein Diktum gilt erst recht fürs Internetzeitalter: Die Meme- und Hoax-Bild-Text-Welt von Alt-Right-Seiten, ihre Falschmeldungs- und Herabsetzungsstrategien verhalfen Trump überhaupt erst zum Wahlsieg. Und durch Trump wurde diese Nischenkultur selbst zum Mainstream. An der Spitze der Supermacht USA gebärdete sich Donald Trump wie ein Troll in den Kommentarspalten.

In seiner vierjährigen Amtszeit nahm er immer wieder auf Bilder und Parolen der extremen Rechten Bezug. Die Klabautermänner, die am 6. Januar nach seiner Einpeitscherrede die Grundfesten der US-Demokratie zumindest für kurze Zeit überwinden konnten, sahen teils aus wie Internet-Ikons. Ihre verquere Ideologie ist schon lange kein virtuelles Hirngespinst mehr.

Beim abermaligen Impeachmentverfahren gegen Donald Trump wurden am Mittwoch neue Bilder von jenem 6. Januar präsentiert. Diesmal stammten sie aus den Überwachungskameras im Kapitol. Und sie verdeutlichen, wie lebensgefährlich die Situation etwa für Nancy Pelosi und andere Po­li­ti­ke­r:In­nen war: in der Wirklichkeit, nicht in einer virtuellen Inszenierung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Julian Weber, geboren 1967 in Schweinfurt/Bayern, hat Amerikanische Kulturgeschichte, Amerikanische Literaturwissenschaft und Soziologie in München studiert und arbeitet nach Stationen in Zürich und Hamburg seit 2009 als Musikredakteur im Kulturressort der taz

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.