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Impeachment gegen Donald TrumpAlte Lügen, neue Rechtsanwälte

Donald Trumps erstes Anwaltsteam hat im Streit über die Verteidigungsstrategie aufgegeben. Jetzt hat der Ex-Präsident neue Vertreter gefunden.

Endlich Geschworene, die seine Lügen glauben: Ex-Präsident Donald Trump Foto: Leah Millis/reuters

Berlin taz | Ex-US-Präsident Donald Trump hat neue Anwälte. Am Wochenende hatten gleich fünf seiner bisherigen Anwälte ihr Mandat niederlegt, Trump beim nächste Woche im US-Senat beginnenden Impeachmentverfahren zu verteidigen.

Medienberichten zufolge ging es dabei um die Verteidigungsstrategie: Während die Anwälte sich darauf konzentrieren wollten, das gesamte Verfahren auf der Grundlage abzulehnen, dass es nicht für frühere, sondern für amtierende Präsidenten gedacht ist, wollte Trump demnach seine seit Monaten vorgebrachten Vorwürfe des Wahlbetrugs in den Mittelpunkt seiner Verteidigung stellen.

Die beiden neuen Anwälte, David Schoen und Bruce L. Castor Jr., scheinen das mitzumachen. Schoen hat langjährige Erfahrung bei der Verteidigung prominenter Angeklagter in von der Öffentlichkeit viel beobachteten Fällen. Zuletzt vertrat er den Trump-Vertrauten Roger Stone, der dann verurteilt und später von Trump begnadigt wurde.

Castor hat sich als Bezirksstaatsanwalt in Montgomery County, einem Vorort von Philadelphia in Pennsylvania einen Namen gemacht – am bekanntesten wurde er allerdings, als er es 2005 ablehnte, die Anklage gegen den Showmaster Bill Cosby wegen Vorwürfen sexueller Belästigung zu führen.

Politischer Prozess um die „gestohlene Wahl“

In dem Verfahren wird es um die vom Repräsentantenhaus vorgebrachte Anklage gehen, Trump habe den Überfall seiner aufgeputschten An­hän­ge­r*in­nen aufs Kapitol in Washington am 6. Januar angestachelt. „Anstiftung zum Aufstand“ lautet die Anklage. Sollten mindestens 67 der 100 Se­na­to­r*in­nen für eine Verurteilung stimmen, könnte anschließend mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, Trump zukünftige Präsidentschaftskandidaturen zu untersagen.

Schon vergangene Woche, als die Anklage im Senat eingebracht wurde, hatten insgesamt 45 republikanische Se­na­to­r*in­nen für einen Einspruch des Senators Rand Paul aus Kentucky gestimmt. Sie lehnten das Verfahren ab, da es beim Impeachment um die mögliche Absetzung eines amtierenden Präsidenten gehe, und Trump sei ja nun gar nicht mehr Präsident.

Für eine Verurteilung müssten 17 Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen mit den De­mo­kra­t*in­nen stimmen – das Verhalten bei dem Antrag war eigentlich eine Steilvorlage für eine erfolgreiche Verteidigung.

Aber offensichtlich geht es Trump nicht darum. Er will das Verfahren zu einem politischen Prozess um die „gestohlene Wahl“ machen – wissend, dass er unter den als Geschworene agierenden Se­na­to­r*in­nen mehr Zuspruch finden dürfte als vor normalen Gerichten aller Bundesstaaten bis zum Obersten Gerichtshof, die seine Klagen nach dem 3. November allesamt als gehaltlos zurückwiesen.

Noch unter dem frischen Eindruck des Sturms aufs Kapitol und Trumps Rolle dabei hatten die De­mo­kra­t*in­nen das Verfahren angestrengt, um ein Exempel zu statuieren. Womöglich bieten sie Trump hingegen genau jene große öffentliche Bühne, die er nach dem Abschalten seines Twitter-Accounts sonst gar nicht mehr hat.

Dass der Prozess politisch ist, ist klar: Zwar haben alle Se­na­to­r*in­nen den Eid geschworen, die vorgebrachten Beweise unparteiisch zu werten – aber kein Eid ist leichter gebrochen als dieser, wie schon das strikt parteiloyale Verhalten im ersten Impeachmentverfahren zeigte.

Insofern wird beim Verfahren nur vordergründig über Trumps Schuld abgestimmt. In Wirklichkeit ist es eine Abstimmung über die Stärke Trumps innerhalb der republikanischen Partei. Und die dürfte, das steht zu befürchten, mehr als ausreichen, um eine Verurteilung des Ex-Präsidenten zu verhindern.

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2 Kommentare

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  • Die Anklage müsste lauten:Versuchter Staatsstreich.Denn nichts anderes hat Trump probiert.

  • Nomen est Omen:



    Castor galt nach der griechischen Mythologie als Retter in höchster Not.

    Darauf hatte in den 80er Jahren schon die Atomindustrie (vergeblich) gesetzt, als sie ihre überschweren Mülltonnen in holperigem Englisch "Cask for Storage and Transport of radioactive Material" CASTOR nannte.